Nahaufnahme:Auf der Suche nach dem grünen Geld

Nahaufnahme: "Wenn die Leute nicht selbstbewusst danach fragen, dann werden auch keine nachhaltigen Fonds entwickelt", sagt Jakob Thomä.

"Wenn die Leute nicht selbstbewusst danach fragen, dann werden auch keine nachhaltigen Fonds entwickelt", sagt Jakob Thomä.

(Foto: oh)

Mehr Klimaschutz, weniger Panzer: Nachhaltigkeit wird immer mehr Menschen auch bei der Geldanlage wichtig. Jakob Thomä will den Wandel forcieren - mit einer neuen Plattform.

Von Christoph Koopmann

Nach ein paar Minuten seines Videovortrags kommt Jakob Thomä auf das Verhältnis des menschlichen Selbstbewusstseins zum Hühnerei. Da sei es ja so, sagt Thomä: Im Supermarkt wissen die Leute ganz genau, welche Eier sie wollen, und sie sagen das auch. Gerne Bio, gerne Freilandhaltung, und gerne so gehandelt, dass der Bauer seinen Hof nicht gleich verpfänden muss. Dabei ist die Investition in so ein Ei eine schnelle Bauchentscheiden, das nächste Frühstück nicht weit entfernt. Bei wirklich langfristigen Investitionen, sagt Thomä, sei das mit dem Selbstbewusstsein schon schwieriger, und auch mit dem Wissen.

Dabei wollen immer mehr Menschen nicht nur fair gelegte Eier, sondern auch ihr Geld in Dinge investieren, die den Planeten nicht noch weiter zugrunde richten; in nachhaltige Fonds zum Beispiel. Nur verliert man da eben schnell die Übersicht in Klein- und Kleinstgedrucktem.

Deshalb stellt Jakob Thomä in diesen Tagen die Plattform "Meinfairmögen" ins Internet, die nicht nur Freunden des gepflegten Wortspiels eine Freude bereiten soll, sondern auch nachhaltigkeitsbewussten Anlegern. Da gilt es erst einmal zu definieren, was dieses inflationär gebrauchte Wort "nachhaltig" überhaupt bedeuten soll, und mit "irgendwie gegen Kohlestrom, gegen Diesel und gegen Kampfpanzer" liegt man da schon ganz richtig.

Jakob Thomä, 31, leitet den deutschen Ableger des Thinktanks "2° Investing Initiative", der die Finanzmärkte und die Ziele des Pariser Klimaabkommens zusammenbringen will. Bisher arbeitet die Denkfabrik viel mit Finanzinstituten zusammen. Nun also die Website für Kleinanleger, die vom Bundesumweltministerium gefördert wurde.

Auf der Webseite können sie sich über praktisch alles informieren, was es zu nachhaltigen Geldanlagen so zu wissen gibt. Die 2° Investing Initiative ist ein gemeinnütziger Verein, auf der neuen Plattform verspricht sie ganz oben: "Hier wird nichts verkauft". "Wir wollen Vertrauen schaffen, denn viele sind sehr vorsichtig und wittern irgendwelche Verkaufstricks", sagt Jakob Thomä in seine Webcam.

Deshalb gibt es nicht nur Informationen, sondern auch eine Art Beratungsberatung mit Tipps, worauf im Gespräch bei der Bank zu achten ist, mit kurzen Erklärvideos und Quizfragen zum Selbsttest. "Spielerische Basisarbeit" nennt das Thomäs Mitstreiter, Projektleiter Nicola Koch, 28. Thomä sagt: "Die Verbraucher müssen aufgeklärt ins Gespräch gehen, denn Bankberater wollen am Ende ihre Produkte verkaufen."

Die Denkfabrik hat auch einen Fragebogen entwickelt, in dem man ankreuzen kann, wie wichtig einem etwa Umweltschutz ist und ob man Waffenhersteller in seinem Portfolio haben möchte. Den ausgefüllten Bogen kann man zum Banktermin mitnehmen.

Das Problem nur: Wo Nachhaltigkeit draufsteht, ist nicht immer welche drin, zumindest nicht komplett. Auf der Plattform gibt es eine Datenbank mit 8000 Fonds, die man nach Wunschkriterien filtern kann, zum Beispiel: kompatibel mit den Pariser Klimazielen, für erneuerbare Energien, für Elektromobilität, ohne Kampfpanzer. Doch wer alle vier anwählt, erhält kein einziges Ergebnis. Denn viele Fonds listen zwar umweltfreundliche Unternehmen, aber eben auch Waffenhersteller.

"Obwohl die Nachfrage von Kleinanlegern nach nachhaltigen Fondsprodukten rasant steigt, ist das Angebot an wirklich grünen, sozialen und ethischen Fonds noch recht mau", sagt Thomä. "Aber wenn die Leute nicht selbstbewusst danach fragen, dann werden auch keine nachhaltigen Fonds entwickelt." Das will er mit der Plattform schaffen. Bei Bio-Eiern funktioniert das ja schon.

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