Nahaufnahme:Alles gut, also eigentlich

Nahaufnahme: "Egal was ich sage, es ist falsch", sagt Björn Gulden, Chef des Sportartikelherstellers.

"Egal was ich sage, es ist falsch", sagt Björn Gulden, Chef des Sportartikelherstellers.

(Foto: dpa)

Puma-Chef Björn Gulden hat widersprüchliche Gefühle. Die Geschäfte des Sportartikelherstellers laufen, aber Optimismus traut sich Gulden nicht recht zu.

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

"Egal was ich sage, es ist falsch." Björn Gulden, 55, meint das keineswegs weinerlich oder bockig, er will sich nur nicht exakt festlegen. Dabei sieht momentan doch alles gut aus. Die Geschäfte des Sportartikelherstellers Puma, Nummer zwei in Deutschland und Nummer vier weltweit, haben zuletzt kräftig zugelegt, in allen Regionen und Produktkategorien. Der Auftragsbestand liegt deutlich über Vorjahresniveau, die neuen Mode- und Schuh-Kollektionen kommen gut an. Angeführt vom brasilianischen Fußball-Popstar Neymar gibt es auch immer mehr Testimonials von Prominenten, die Puma tragen, gegen angemessenes Salär, versteht sich. Und dann sind da in diesem Jahr noch die Fußball-EM und die Olympischen Spiele, die die Geschäfte der Ausrüster traditionell beflügeln.

Trotzdem legt sich Gulden Zurückhaltung auf beim Blick auf 2021. Eine Prognose sei angesichts der anhaltenden Corona-Pandemie schwierig, sagt er. Um sich dann doch zumindest dahingehend festzulegen, dass dank der Impfkampagnen vor allem im zweiten Halbjahr "alles besser wird als letztes Jahr." 2020 sei nämlich "das schwierigste Jahr gewesen, das ich je erlebt habe."

Das will etwas heißen für einen früheren Profifußballer, dessen sportliche Karriere verletzungsbedingt viel früher zu Ende ging als unter normalen Umständen. In seinem zweiten Leben als Manager übernahm er nach Stationen bei Helly Hansen, Adidas, Deichmann und Pandora 2013 den kompliziertesten Job, den die Sportartikelbranche zu bieten hatte: Chef von Puma, einer Marke, die vor lauter Mode ihre sportlichen Wurzeln gefährlich vernachlässigt hat. Björn Gulden hat diesen Fehler korrigiert, seitdem wächst das Unternehmen wieder. Er hat Puma zurückgebracht ins dynamische und wachsende Milliardenspiel mit Sportartikeln.

Die Läden sind geschlossen, das Online-Geschäft boomt

Corona hat dieses Spiel allerdings unberechenbar gemacht. Aktuell etwa sind etwa die Hälfte der Shops in Europa geschlossen, die Shirts, Hosen oder Accessoires von Puma verkaufen. Dafür boomt allerdings das margenträchtigere Online-Geschäft. Denn aus der Furcht vor dem Virus achten immer mehr Menschen auf ihre Fitness und Gesundheit, treiben Sport und brauchen dafür passende Ausrüstung. Und weil Mann/Frau sich obendrein im Homeoffice eher sportlich gekleidet vor das Notebook setzt und selten nur in Businessanzug oder -kostüm, profitieren die Hersteller auch davon. Puma erwirtschaftete voriges Jahr 5,23 Milliarden Euro Umsatz. Wäre das zweite Quartal durch den Lockdown nicht so desaströs verlaufen, wäre 2020 ein neues Rekordjahr geworden, mit zweistelligem Zuwächsen. So aber schlagen ein Umsatzrückgang von währungsbereinigt 1,4 Prozent und ein Einbruch beim Konzerngewinn von 264,4 auf 78,9 Millionen Euro zu Buche.

Dass Gulden, ein humorvoller Norweger, der für klare Ansagen bekannt ist, bei alldem ziemlich viel bei Puma richtig macht, bestreitet niemand. Er hat mit attraktiven Ausrüsterverträgen, etwa für Manchester City, die Marke mit dem Raubtierlogo in der wichtigsten Profisportart Fußball wieder sichtbar gemacht und in die global zweitwichtigste Sportart Basketball nach Jahren der Abstinenz wieder zurückgebracht. Und auch die Zahl der in Sachen Fitness und Mode stilbildenden Influencerinnen in Puma-Outfits steigt.

Auf fitnessaffine Frauen werde sich Puma künftig stärker konzentrieren, kündigte Gulden am Mittwoch an, ebenso auf das Thema Nachhaltigkeit. Denn vor allem jüngeren Konsumenten sei es wichtig, dass ein Sportschuh oder Trainingsshirt nicht nur funktionell etwas taugt und gut aussieht, sondern auch unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten hergestellt wurde.

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