Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Der mit den Wölfen heulte

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Durch Verbindungen in die Politik und hohe Risikobereitschaft wurde Petr Kellner zum reichsten Mann Tschechiens. Nun starb er bei einem Hubschrauberabsturz.

Von Viktoria Großmann, München

Wie Petr Kellner zu seinem Geld kam, erklärt der Name seiner Firma. Die Abkürzung PPF steht für erster, tschechischer Privatisierungsfonds. 30 Jahre ist es her, dass der damals 26-jährige Uni-Absolvent Kellner zusammen mit zwei Partnern seine Firma gründete. Der eiserne Vorhang war gefallen, das ehemals sozialistische Staatseigentum wurde mittels Coupon-Wirtschaft privatisiert. Viele profitierten in kleinen Teilen. Kellner aber wurde mit seinem Investitionsfonds zum reichsten Mann Tschechiens, Forbes schätzt sein Vermögen auf 17,5 Milliarden Dollar.

Kellner habe eine höhere Risikobereitschaft und ein besseres Gespür gehabt als die meisten seiner Konkurrenten, beschreibt ihn der Journalist Robert Břešťan in einem Interview mit der slowakischen Tageszeitung Denník N. Zudem habe Kellner keine Angst gehabt, "auch in Märkte zu investieren, die stark mit der Politik verbunden sind, wie Russland und China." In diesen Regionen müsse man mit den Wölfen heulen, das wolle nicht jeder.

Kellner wusste politische Beziehungen gut für sich zu nutzen. Auf ihnen gründet sein erster großer geschäftlicher Erfolg, die Übernahme der "Tschechischen Versicherung" (Česká pojišťovna) Mitte der Neunzigerjahre. Ermöglicht auch durch Václav Klaus, damals Premier. Dafür förderte Kellner den rechtskonservativen Thinktank und Verlag, den Václav Klaus noch während seiner Präsidentschaft gründete.

Es gibt nur wenige Fotos von Kellner, er gab fast nie Interviews, hielt sich von der Öffentlichkeit fern, dennoch kennt jeder in Tschechien seinen Namen. Sein Tod, schreibt die linksliberale Wochenzeitschrift Respekt, werde "Auswirkungen auf die tschechische Politik und Wirtschaft" haben. Schlagzeilen machten zuletzt 2019 seine Unternehmungen in China. Gemeinsam mit Staatspräsident Miloš Zeman hatte er in Peking Staats- und Parteichef Xi Jinping getroffen. Medien berichteten, PPF habe durch ein nur scheinbar unabhängiges Institut in Tschechien gezielten Lobbyismus für China betrieben - für Kellner zahlte es sich einmal mehr aus. Er erhielt in China für seine Kreditanstalt Home-Credit eine Lizenz.

In Deutschland investierte PPF in Braunkohle. Auch Škoda Transportation mit einem Firmensitz in München gehört zu PPF und lässt seine Straßenbahnen und Züge durch Deutschland rollen. Den größten Teil der PPF-Unternehmen aber machen Telekommunikationsgesellschaften und Medien aus: durch Telenor und O2 Tschechien versorgt PPF fast ganz Ost- und Südosteuropa mit Mobilfunk. Wer in diesen Ländern den Fernseher einschaltet, kommt an den Sendern der Central European Media Enterprises kaum vorbei. Zuletzt soll Kellner versucht haben, auch in den USA Fuß zu fassen. Dort verstarb der Ehemann und Vater von vier Kindern am Samstag bei einem Hubschrauber-Absturz in Alaska, er hatte dort schon mehrmals Ausflüge zum Heliskiing unternommen. Petr Kellner wurde 56 Jahre alt.

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