Nachrichten auf Facebook:So wird Mark Zuckerberg zum Chefredakteur
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Neben Algorithmen sollen auch Journalisten entscheiden, welche Nachrichten Millionen Menschen auf Facebook sehen. Nun enthüllt ein Bericht, welche Regeln für sie gelten.
Von Jannis Brühl
Es ist der Satz, der Mark Zuckerberg viel Verantwortung abnimmt. "Wir sind ein Technologie-Unternehmen", sagte er vergangenes Jahr im US-Kongress, als ihn Abgeordnete zu Facebooks Datenschutzproblemen befragten. Die Programmierer seien die zentralen Leute in seinem Konzern. Ein Technologie-Unternehmen also, kein Medienunternehmen - denn als letzteres müsste Facebook volle Verantwortung übernehmen für die Inhalte, die in dem Netzwerk verbreitet werden. Auch für Lügen und politische Manipulation. Stattdessen präsentiert Zuckerberg seinen Konzern als Durchlauferhitzer für Inhalte. Ob die problematisch sind, ob die Algorithmen die wüstesten Lügen nach oben spülen, weil die am meisten Klicks sammeln, ist nach dieser Logik nicht so wichtig.
Von Herbst an sollen die Programmierer Kollegen aus einer anderen Berufsgruppe bekommen: Weil Facebook eben doch am Nachrichtengeschäft teilhaben will, wird der Konzern laut eigenen Angaben selbst Redakteure einstellen. In einer neuen News-Rubrik sollen - zunächst in den USA - auch menschliche Mitarbeiter Artikel auswählen. Nun wurde bekannt, nach welchen Kriterien sie die Beiträge auswählen sollen, die dann Millionen Menschen in ihren Timelines sehen werden . The Information, ein investigatives Branchenportal, zitiert ein internes Dokument mit jenen Vorgaben. Es wird demnach eine "weiße Liste" geben, auf der von Facebook als seriös eingestufte Medien stehen werden. Erst wenn zwei von ihnen eine "Breaking-News-Story" bestätigen, soll diese für den News-Bereich akzeptiert werden. Redakteure würden keine Artikel wählen, die "konstruiert wurden, um zu provozieren, zu spalten und zu polarisieren". Als faktisch korrekt eingestufte Artikel, die journalistischen Standards entsprechen, dürften sie dann aber sehr wohl "spalten" und würden redaktionell berücksichtigt. Überschriften mit obszönen Worten seien tabu. Gehe es um den Konzern selbst, soll es laut Bericht keine Zensur geben: Die Redaktion könne "unparteiisch Artikel über Facebook" verbreiten. Derzeit laufen Tests, The Information zufolge mit Artikeln verschiedener Medienangebote wie Wall Street Journal, CBS, National Geographic und BBC. Facebook wollte der SZ zu dem Bericht "nichts Konkretes" sagen. Seit der US-Wahl 2016 steht Facebook wegen seiner Rolle als Nachrichten-Plattform in der Kritik. Liberale und Linke werfen dem Konzern vor, Falschnachrichten im Sinne des Wahlkampfs von Donald Trump gestreut zu haben (etwa die Schlagzeile: "Papst spricht sich für Trump aus"). Konservative beklagen, dass Facebook in der polarisierten US-Medienlandschaft "ihren" Portalen weniger Aufmerksamkeit verschaffe. Die Wirkung der "Desinformation" ist bislang unklar, und auch die Konservativen bleiben Beweise für ihre Theorie schuldig. Facebooks Nachrichtenmacht beschäftigt Medienunternehmen auf der Welt vor allem deshalb, weil das Netzwerk ihnen Leser und Zuschauer abgraben kann. Wie abhängig sich manche Verlage von der Plattform machten, zeigte sich 2017, als Facebook Medieninhalte schwächer gewichtete. Daraufhin brachen die Besucherzahlen einiger Nachrichtenseiten ein.
Weniger als zehn "journalistische Veteranen" sollen einem Bericht der New York Times zufolge für Facebook Artikel auswählen. Dann wäre Zuckerberg nicht nur Technologie-Unternehmer, sondern darüber hinaus auch ein Chefredakteur, der mitbestimmt, was mehr als zwei Milliarden Menschen lesen.