Süddeutsche Zeitung

SZ-Summit "Wirtschaft nachhaltig denken":Luisa Neubauer und Joe Kaeser streiten im Livestream

Live aus dem SZ-Hochhaus: Was ist die richtige Klimapolitik?

Von Thomas Fromm und Max Hägler

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat zwar als Jugendlicher seinem Vorbild Franz Josef Strauß gehuldigt und ist nicht auf die Straße gegangen. Doch mit Wendungen und taktischen Volten kennt er sich gut aus: Als junger CSU-Landtagsabgeordneter fing er sich in den 1990er-Jahren einen Rüffel seines Generalsekretärs ein, weil er forderte, seine Partei solle grüner werden, schließlich sei das mit der Ökologie mittlerweile ein Thema der gesellschaftlichen Mitte.

Seitdem war Söder politisch so wandlungsfähig, wie es seine berühmten Verkleidungen auf dem Veitshöchheimer Fasching sind: Vom Generalsekretär zum Umweltminister zum Finanzminister - der Franke bekleidete verschiedene Posten und wechselte dabei schon immer mal wieder die politischen Positionen. Allerdings: Die Ökologie hat ihn begleitet.

Als die Menschen vor zwei Jahren über Bienenschutz abstimmten, da machte er sich mit dem Anliegen gemein, was viele in der CSU überrumpelte. Sein liebster politischer Partner ist der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann - was umgekehrt ebenso gilt. Und mittlerweile sieht er sich und Bayern gar an der Spitze der grünen Bewegung - zumindest, was die Pläne anbelangt: Bayern soll ab dem Jahr 2040 klimaneutral werden. Wie das klappen soll und wie er mit Widerständen umgeht, erklärt Söder von 10 bis 10.30 Uhr im Livestream vom SZ-Summit "Wirtschaft nachhaltig denken".

Direkt im Anschluss streiten im Livestream von 10.30 bis 11.15 Uhr Luisa Neubauer von Fridays for Future und Joe Kaeser, Aufsichtsrat bei Siemens Energy. Dass sich Kaeser und Neubauer überhaupt über den Weg gelaufen sind, war vielleicht gar nicht so selbstverständlich. Denn eigentlich liegen Welten zwischen dem 64-jährigen Kaeser, der 1980 bei Siemens eingestiegen ist und bis Anfang dieses Jahres Konzernchef in München war. Und Luise Neubauer, 25, Klimaschutzaktivistin und enge Weggefährtin der Fridays-for-Future-Initiatorin Greta Thunberg. Kaeser und Neubauer, könnte man durchaus sagen, liegen nicht nur altersmäßig weit auseinander.

Es kam dann doch anders, als der Streit um einen Siemens-Auftrag beim Bau einer gigantischen Kohlemine in Australien hochkochte. Im Grunde nicht einmal ein Big Deal, es ging um Signalanlagen für Züge, die die Kohle von der Mine zum nächsten Hafen transportieren sollen. Aber eben doch wichtig genug, um sagen zu können: Siemens ist mit dabei bei einem Projekt, das Kritiker für alles andere als zeitgemäß halten. Klimaschützer appellierten an die Münchner, die Sache zu stornieren, und Kaeser kündigte an, den Auftrag zu prüfen - am Ende hielt man an dem 18-Millionen-Projekt fest. Und Luisa Neubauer twitterte im Januar 2020: "Herr Kaeser hat sich heute gegen das Paris Abkommen, gegen die Betroffenen aus aller Welt, gegen zukünftige Generationen & nicht zuletzt gegen die Klimaschutz-Reputation von Siemens entschieden. Eine historische Fehlentscheidung. Es wird weitere Proteste geben."

Es gab Proteste, es gab aber auch eine überraschende Wendung: Kaeser bot Neubauer einen Sitz in einem Aufsichtsgremium der Siemens-Energie-Tochter an. "Ich möchte, dass die Jugend sich aktiv beteiligen kann", sagte Kaeser. "Der Konflikt zwischen Jung und Alt muss gelöst werden." Taktische Volte oder ernst gemeinte Offerte? Neubauer jedenfalls reagierte diplomatisch - schlug das Angebot für sich aus, schlug aber vor, den Posten einer Wissenschaftlerin oder einem Wissenschaftler von Scientists for Future zu besetzen.

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