Geldspenden hinterlassen bei vielen Menschen ein gespaltenes Gefühl. Gutes tun, macht zwar tendenziell glücklich. Aber da bleibt auch dieses Unbehagen, nicht exakt zu wissen, was mit dem Geld eigentlich passiert. Das beginnt schon mit dem Almosen für den Obdachlosen am Hauptbahnhof. Man würde ihm damit vielleicht gerne eine warme Mahlzeit spendieren, fürchtet aber eine Investition in Hochprozentiges. Die Sorge wird sicherlich nicht geringer, je mehr Geld man spenden möchte.
Die Finanzbranche in Deutschland steht noch am Anfang einer Verknüpfung von Geldspenden und ihrem Produktportfolio. Philanthropie-Fonds für wohlhabende Kunden finden sich vornehmlich in der Schweiz oder in Liechtenstein. Hierzulande ist das Angebot sehr überschaubar. Die Deutsche Bank stieg erst vor wenigen Wochen in das Segment ein. Mit ihrem "Ocean Resilience Philanthropy Fonds" zum Schutz der Meere und Küsten bietet sie Interessierten die Chance zur Wohltätigkeit.
Der Fonds will in einem ersten Schritt 300 000 Euro für ein Forschungsprojekt auf den Malediven einsammeln. Hierbei sollen die genetischen Daten von speziellen Korallenarten gespeichert werden, die dem Klimawandel womöglich gewachsen sind. Klingt gut und bietet Potenzial für die Deutsche Bank, sich als Geldinstitut zu präsentieren, dem Nachhaltigkeit am Herzen liegt. Doch der Zeitpunkt ist ungünstig.
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Denn die Fondstochter der Bank, die Vermögensverwaltung DWS, sieht sich derzeit mit Greenwashing-Vorwürfen konfrontiert. Die DWS weist die Anschuldigungen, die eine ehemalige Mitarbeiterin erhoben hat, entschieden zurück. Die Aufsichtsbehörden ermitteln. Nun ist die DWS ein eigenständiges Unternehmen. Aber wie es in vielen Familien nun einmal so ist, bleiben Vorwürfe gegen die Töchter immer auch ein bisschen an der Mutter hängen. Schon nach Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens sackte der Aktienkurs der Bank ab.
Es fehlen noch Standards, um die Risiken zu kategorisieren
Dass der "Ocean Resilience Philanthropy Fonds" nur gut zwei Monate später herauskam, hält Henry Schäfer für "eher ungeschickt". Der ehemalige Inhaber des Lehrstuhls für Finanzwirtschaft an der Uni Stuttgart, der mit seinem Beratungsunternehmen Ecco-works nachhaltige Anlagestrategien entwickelt und begleitet, sieht zwar keine Verbindung zwischen den Ereignissen. Dafür seien die Unternehmensbereiche zu unabhängig voneinander. Doch er sieht die Gefahr, dass ein Greenwashing-Verdacht "eher noch auf das neue Produkt übertragen" werden könnte.
Dennoch hat sich die Deutsche Bank zum Launch entschieden. "Ein Testballon", wie Schäfer sagt. Die überschaubare Summe, die anfangs eingesammelt werden soll, könnte langfristig auf fünf Millionen Euro aufgestockt werden, um weitere Projekte zum Meeresschutz zu unterstützen. Grundvoraussetzung für den Erfolg ist jedoch, dass sich genügend Spender finden, die auf Rendite zu verzichten bereit sind. Ab einem Euro geht es los.
Philanthropie- oder Wohltätigkeitsfonds sind keine Geldanlage im üblichen Sinn. Das Spezielle daran ist, dass entweder direkt in bereits bestehende, sogenannte Themen-Fonds Geld gespendet wird oder auf den Namen des Spenders ein eigener Fonds errichtet wird - alles ohne Zinsertrag.
Wenn ein Projekt scheitert, ist das Geld wirkungslos verloren
Bei den Themen-Fonds werden in der Regel Kategorien für die Verwendung gebildet, beispielsweise Gesundheit oder Bildung, für die das Geld von verschiedenen Spendern fortlaufend eingesammelt und für entsprechende Projekte ausgegeben wird. Bei den Namen-Fonds werden ähnlich wie bei einer Stiftung die eingebrachten Finanzmittel in Projekten verwendet. Der Vorteil dabei: Der Spender kann genau bestimmen, in welcher Form die Spende eingesetzt wird.
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Obwohl keine Rendite ausgezahlt wird, gibt es auch bei Philanthropie-Fonds gewisse Risiken. Denn wenn ein Projekt scheitert, ist das Geld wirkungslos verloren. "Die Komplexität der Probleme der Bedürftigen umfassend zu verstehen, übersteigt in aller Regel das Vorstellungsvermögen der Wohlhabenden. Daraus resultiert ein Risiko der Simplifizierung", warnt Georg von Schnurbein, Professor für Stiftungsmanagement an der Universität Basel. Oftmals gut gemeinte Projekte könnten deshalb in eine Schieflage geraten.
Weil zudem der Markt für Philanthropie-Fonds noch sehr jung ist, fehlen noch Standards, die Risiken für die Nachhaltigkeit kategorisieren könnten. Das Problem kennt auch die GLS-Bank, die mit ihren Produkten im Bereich des Impact Investing, dem wirkungsorientierten Investieren, mit Mitbewerbern konkurriert, die nicht so genau hinschauen. Das Impact Investing verspricht im Gegensatz zur Spende einen Zuwachs des eigenen Vermögens.
Als kommerzieller Partner bietet die GLS unter anderem Fonds an, die auch von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als Form der Entwicklungshilfe unterstützt werden. Dabei geht es um Mikrofinanzierung im Nahen sowie Mittleren Osten und in Afrika. Erst in Kürze bekanntgegeben wird ein 20-Millionen-Investment der GLS in den Regional MSME Investment Fund for Sub-Saharan Africa (REGMIFA), heißt es aus Unternehmenskreisen.
"Die GLS ist als eine Art Ankerinvestor bei solchen Projekten gefragt, weil wir einerseits hohe Anforderungen an unsere Investitionsziele stellen und andererseits viel Erfahrung auf dem Gebiet vorweisen können", sagt Unternehmenssprecher Julian Mertens. Denn wer die GLS im Boot hat, verschafft seinem Angebot noch höhere Glaubwürdigkeit.
Die Bank aus Bochum leistet sich einen eigenen Anlageausschuss, der zur Hälfte mit externen Experten von Umwelt- oder Menschenrechtsorganisationen besetzt ist. Der Ausschuss entscheidet nach gründlicher Prüfung, ob eine Anlage als wirkungsorientierte Investition in Frage kommt.