SZ-Wirtschaftsgipfel:Warum es einfach nicht vorwärtsgeht mit der Nachhaltigkeit

SZ-Wirtschaftsgipfel: Wenn der Wille da ist, wie kann es dann sein, dass so wenig vorangeht in den deutschen Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit?

Wenn der Wille da ist, wie kann es dann sein, dass so wenig vorangeht in den deutschen Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit?

(Foto: Johannes Simon)

Beim Klimaschutz herrscht in der deutschen Wirtschaft eine "toxische Unsicherheit". Viele Unternehmen sind regelrecht gelähmt. Woran das liegt und wie es sich ändern lässt.

Von Christina Kunkel, Berlin

Manchmal lassen sich große Dinge am besten im Kleinen erklären. "Ich sollte auch ein paar Kilo weniger haben, aber ich esse einfach zu gern", sagt Martin Daum, Chef des Lastwagenbauers Daimler Truck, um die Zwickmühle vieler deutscher Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität zu beschreiben. Nachhaltig wollen sie alle werden, ist er überzeugt, und technisch sei das auch alles machbar, aber so richtig schnell will es eben doch nicht klappen mit der Umsetzung. Für seine Branche, die Autoindustrie, kann Daum die Gründe auch konkret benennen, warum viele Kunden eben doch am klimaungesunden Diesel hängen und nicht auf die saubere Elektromobilität umsteigen.

Es gibt elektrische Lkws, sie werden auch verkauft, aber die Nachfrage ist noch überschaubar, weil sie sehr teuer sind und die Ladeinfrastruktur fehlt. Gerade an Raststätten bräuchte es dringend Hochleistungsladesäulen. "Aber dann ist man schnell bei 20 Megawatt, also im Hochspannungsbereich - und da muss man aktuell mit zehn Jahren Planungszeit rechnen." Außerdem werde vom Staat immer noch zu viel Geld in alte Technologien gepumpt, so wird Dieselkraftstoff immer noch steuerlich subventioniert. Für Daimler Truck ein Grund, lieber dort zu investieren, wo Elektromobilität und deren Ausbau deutlich stärker gefördert wird als in Europa: in den USA. Daum deutet auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel in Berlin an, dass die erste Batteriefabrik des Unternehmens deshalb auch eher in Amerika gebaut werden wird als in Deutschland.

SZ-Wirtschaftsgipfel: Martin Daum, Vorstandschef von Daimler Truck, kritisiert, dass die Ladeinfrastruktur für Lkws nicht schnell ausgebaut wird.

Martin Daum, Vorstandschef von Daimler Truck, kritisiert, dass die Ladeinfrastruktur für Lkws nicht schnell ausgebaut wird.

(Foto: Johannes Simon)

Eine "toxische Unsicherheit" nennt Sabine Nallinger von der Stiftung Klimawirtschaft das, was sie bei vielen Unternehmen in Deutschland wahrnimmt. Die Wirtschaftsvertreter, die sich in der Stiftung im Sinne des Klimaschutzes organisiert haben, beklagen laut Nallinger vor allem eins: "Es ist nicht klar, mit welcher Geschwindigkeit die Politik voranschreiten möchte." Die Unternehmen bräuchten aber verbindliche Ansagen, etwa: Wie viele erneuerbare Energien werden nächstes Jahr oder in fünf Jahren zur Verfügung stehen? Und zu welchen Kosten? Die Strategien für eine nachhaltige Zukunft seien in der Wirtschaft längst festgezurrt, ist Nallinger überzeugt. Und doch seien viele gelähmt, weil ihnen Planungssicherheit fehle.

SZ-Wirtschaftsgipfel: Die Unternehmen bräuchten verbindliche Zusagen, sagt Sabine Nallinger von der Stiftung Klimawirtschaft.

Die Unternehmen bräuchten verbindliche Zusagen, sagt Sabine Nallinger von der Stiftung Klimawirtschaft.

(Foto: Johannes Simon)

Wie das Unternehmen hemmt, kann Vinzenz Pflanz beschreiben, Vorstandsmitglied beim Autovermieter Sixt. Das Geschäft mit den gemeinsam genutzten Autos sei besonders nachhaltig, nicht nur weil es die "Einstiegsdroge zur Elektromobilität" sei. Ein Sharing-Fahrzeug könne auch 20 private Pkws ersetzen, sagt Pflanz. Und doch rentiert sich das reine Carsharing-Geschäft momentan noch nicht. Doch statt es Firmen wie Sixt ein bisschen leichter zu machen, schnell viele geteilte Elektroautos auf die Straße zu bringen, streicht die Regierung vom September 2023 an etwa die Elektro-Prämien für gewerbliche Käufer. Sixt hält seine Mietwagen nur für kurze Zeit, konkurriert dann bei den Preisen auf dem Gebrauchtwagenmarkt aber mit den staatlich geförderten Privatautos. Das bedeutet laut Pflanz: "Wir müssten die Nutzung von E-Autos dann so teuer machen, dass es eigentlich nicht mehr funktioniert."

SZ-Wirtschaftsgipfel: Mit Sharing-Autos lassen sich Menschen für Elektromobilität begeistern, sagt Vinzenz Pflanz, Vorstandsmitglied bei Sixt.

Mit Sharing-Autos lassen sich Menschen für Elektromobilität begeistern, sagt Vinzenz Pflanz, Vorstandsmitglied bei Sixt.

(Foto: Johannes Simon)

Doch damit dieser Innovationsgeist auch im Unternehmen ankommt, müssten die Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen. Bei der GEA Group sind deshalb die Vorstandsgehälter an Nachhaltigkeitsziele geknüpft. Als Dienstwagen gibt es schon seit Jahren nur noch reine Elektroautos. Auch wenn Klebert zugibt: "Es ist nicht so, dass da jeder Manager gleich sagt: hurra."

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