Grüne Geldanlage:Fonds wollen Firmen zwingen, sauberer zu werden

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Unternehmen, die viel CO₂ verursachen, müssen die Emissionen reduzieren, sonst laufen ihnen die Kosten davon. (Foto: Christoph Hardt/imago images)

Immer mehr Investoren stecken ihr Geld in Nachhaltigkeitsfonds, doch die bleiben oft hinter den Erwartungen zurück. Mit einem simplen Kniff könnten diese Fonds wirklich klimaneutral werden, versprechen nun Anlagestrategen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Es gibt einen wirksamen Hebel, um Verbraucher und Unternehmen zu mehr Umweltschutz zu bewegen – und das funktioniert über den Preis. Wenn es teuer ist, Treibhausgase auszustoßen, machen sich die Tüftler daran, Alternativen für Produkte und Produktion zu ersinnen. Der Europäische Emissionshandel soll genau diese Transformation der Wirtschaft anschieben. Das Prinzip: Wer CO₂ ausstoßen möchte, muss dies durch den Kauf von Zertifikaten legitimieren. Die Emissionszertifikate werden seit 2005 von der EU vergeben, die Menge der zur Verfügung stehenden Rechte wird jedes Jahr mehr verknappt, um die Emissionen immer weiter zu begrenzen. Europaweit müssen rund 9000 Firmen der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie mit diesen Zertifikaten ihre Treibhausgasemission legitimieren – betroffen sind beispielsweise Stahlwerke, Raffinerien, Papierhersteller und Zementwerke.

Christian Jasperneite, hauptberuflich Chefinvestmentstratege der Bank Warburg, nutzt den CO₂-Zertifikatehandel, um für seine Kundschaft ein klimaneutrales Portfolio zu stricken. Hintergrund: Immer mehr Menschen möchten ihr Geld nachhaltig anlegen. Daher ist der Markt für nachhaltige Fonds gewachsen. Investmentprofis kaufen aber auch Aktien von Unternehmen, deren Management erst auf dem Weg ist, die Produkte und die Produktion auf Klimaneutralität zu trimmen. Diese Fonds sind daher nie klimaneutral.

Jasperneite und die Kollegen bei der Beratungsfirma CAP2 kamen daher auf eine Idee: Wie wäre es, wenn ein Fonds so viele CO₂-Emissionszertifikate kauft, dass das Portfolio weitgehend klimaneutral ist? CAP2 arbeitet mit der Hamburger Klimastiftung Climate Concept Foundation zusammen, in der diese Zertifikate danach auf ewig gelagert werden, sprich vom Markt verschwinden. Die Verknappung führt zu einer Reduktion von Emissionen, denn diese Rechte stehen nicht mehr zur Verfügung, um Emissionen zu legitimieren.

„Der Emissionshandel ist das zentrale europäische Instrument, um in der Wirtschaft bis 2030 Klimaneutralität zu erreichen. Unsere Maßnahme reduziert Treibhausgasemissionen exakt im Umfang der stillgelegten Emissionsrechte, das ist echter umweltpolitischer Impact“, sagt Jasperneite, der 15 Fonds mit einem Anlagevermögen von drei Milliarden mit dieser Strategie klimaneutral machte.

Emissionsrechte können nicht einfach beliebig „nachgedruckt“ werden, damit sind die zulässigen Emissionen für die nächsten Jahrzehnte in der EU jetzt schon vordefiniert. Der Preis für die Zertifikate ergibt sich durch Angebot und Nachfrage an der EEX-Börse in Leipzig und orientiert sich an volkswirtschaftlichen Vermeidungskosten: Ein Unternehmen, das für 68 Euro eine Tonne CO₂ verhindern kann, wird wohl nicht für 70 Euro ein Verschmutzungsrecht kaufen und dann eine Tonne CO₂ emittieren. Wenn allerdings Rechte ohne damit einhergehende Emissionen gelöscht werden, und das bietet CAP2 an, gibt es einen zusätzlichen Klimaeffekt.

„Ich halte das für eine fantastische Idee“, sagt Ali Masarwah, Chef der Fondsplattform Envestor, und verweist auf ein grundsätzliches Problem beim nachhaltigen Investieren. ESG-Fonds und entsprechende ETFs setzten auf die nachhaltigsten Unternehmen ihrer jeweiligen Sektoren. Allerdings handeln Fonds am Zweitmarkt, also über die Börse. Transaktionen am Sekundärmarkt bekämen die Unternehmen nur dann zu spüren, wenn es auf der Käuferseite keine Nachfrage gäbe und die Kurse ins Uferlose stürzen würden.

Das aber passiere so gut wie nie. Dazu ein Beispiel: Fondsmanager könnten sich entscheiden, Aktien von Rohölkonzernen zu verkaufen, weil diese Konzerne zu hohe Treibhausgasemissionen verantworten. „Doch wenn der Fonds beispielsweise BP-Aktien verkauft, dann werden diese Wertpapiere an der Börse billiger, und ein anderer Investor kauft sie. Dem Unternehmen ist es also egal, wenn Nachhaltigkeitsfonds aus der Aktie aussteigen“, sagt Masarwah. „Durch die Verknappung von CO₂-Emissionszertifikaten erzeugt man viel mehr Druck auf die Konzerne.“

Schmutzige Unternehmen brauchen Kapital für die Umstrukturierung

Natürlich kostet es auch Geld, diese Zertifikate zu kaufen. Jasperneite schätzt, dass dadurch 0,1 bis 0,3 Prozent Rendite verloren gehen. Die Frage ist, ob sich Anleger mehrheitlich damit abfinden würden. „0,3 Prozent Renditeverlust ist insbesondere bei gut diversifizierten Fonds nicht wenig, und bei Fonds mit erheblichen Verschmutzern wie Kohleversorgern, Öltiteln und vor allem unkonventionellen Energieträgern kommt man bei absehbar steigenden CO₂-Preisen bestimmt auch schnell auf ein Prozent Kosten“, sagt Roland Kölsch, Verantwortlicher des FNG-Siegels, das Siegel ist ein etablierter Qualitätsstandard für nachhaltige Geldanlagen. Kölsch hält den Ansatz, Emissionsrechte zu verknappen, dennoch für „die beste Methode, um den CO₂-Ausstoß zu reduzieren, ganz einfach, weil er die Verschmutzung teurer macht und die CO₂-Bepreisung die effizienteste Methode für Klimaschutz ist“.

Beide Experten halten wenig davon, schmutzige Unternehmen, die sich transformieren möchten, durch Kapitalentzug zu bestrafen. „Firmen im Übergang zur Nachhaltigkeit brauchen viel Geld. Wenn Investoren ihnen kein Geld geben, dann werden sie ihre schmutzige Produktion fortsetzen“, sagt Jasperneite. Eine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass nachhaltige Investments, die schmutzigen Firmen Kapital entziehen, um es in grüne Firmen zu lenken, kontraproduktiv sein könnten, da sie schmutzige Firmen schmutziger machten, ohne grüne Firmen viel grüner zu machen.

Viele Firmen mit hohen Treibhausgasemissionen machen Kompensationsgeschäfte, um ihre CO₂-Bilanz aufzubessern, etwa durch Baumpflanzungen oder den Aufbau von Moorgebieten. Sie wollen sich damit grün aufhübschen für die Investoren. „Es gibt leider viele Beispiele dafür, dass bei dieser Art von Kompensationsgeschäften vieles schiefläuft“, sagt Kölsch. „Manchmal wurden die Bäume gar nicht gepflanzt oder zu früh abgeholzt oder sind – wie jüngst in Kalifornien – einfach wieder verbrannt. Und ein Moor braucht ja Jahrzehnte, um wirklich seine Vorzüge zu entfalten“, so der Experte, der diesen Handel kritisch sieht. „Die Konzerne sollen ja eigentlich ihre Produktion möglichst klimaneutral machen, anstatt ihre Verschmutzung einfach zu kompensieren. Das ist wie ein Alkoholiker, der eine Pille nimmt, wenn er säuft – sein Verhalten aber nicht ändert“, sagt Kölsch.

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