SZ-Wirtschaftsgipfel Salon:"Das Thema Nachhaltigkeit wird bleiben"

SZ-Wirtschaftsgipfel Salon: Beim SZ-Wirtschaftsgespräch in München, von links nach rechts: Martin Eisenhut (Kearney), Moderator Caspar Busse (SZ), Inka Koljonen (MAN), Jan Kupfer (Hypovereinsbank)

Beim SZ-Wirtschaftsgespräch in München, von links nach rechts: Martin Eisenhut (Kearney), Moderator Caspar Busse (SZ), Inka Koljonen (MAN), Jan Kupfer (Hypovereinsbank)

(Foto: Stephan Rumpf/SZ)

Sind Kriegszeiten der richtige Moment, um über Nachhaltigkeit von Unternehmen zu sprechen? Ja. Eindrücke von einem SZ-Wirtschaftsgipfel in besonderen Zeiten.

Von Thomas Fromm, München

Natürlich stellt sich diese Frage. Ist das, worüber wir seit einigen Jahren ständig diskutieren, gerade überhaupt noch ein Thema? Jetzt, wo Russland die Ukraine überfallen hat, wo im Minutentakt Bilder unfassbaren Leids über die Bildschirme laufen, wo vielleicht sogar die Weltwirtschaft am Abgrund steht und die Frage nach der Energieversorgung drängender wird denn je.

Ist das die richtige Zeit, um über Nachhaltigkeit in der Wirtschaft zu diskutieren? Und über die Frage, was die Finanzchefs der Unternehmen in Vorständen oder Geschäftsführungen dazu beitragen können?

SZ-Wirtschaftsgipfel Salon: Der Unternehmensberater Martin Eisenhut sagt: "Das Thema Nachhaltigkeit wird bleiben."

Der Unternehmensberater Martin Eisenhut sagt: "Das Thema Nachhaltigkeit wird bleiben."

(Foto: Stephan Rumpf/SZ)

Ja, sagt Martin Eisenhut, Vorsitzender der Geschäftsführung der Unternehmensberatung Kearney. Ein Donnerstagabend im März, Eisenhut ist einer der Gäste beim Münchner SZ Wirtschaftsgipfel Salon. Mit Bestürzung nehme man wahr, was sich gerade in Europa abspielt. Aber Eisenhut sagt auch: "Das Thema Nachhaltigkeit wird bleiben." Der Druck von allen Seiten sei schließlich da, von der Politik, aus der Wirtschaft, und natürlich auch mitten aus der Gesellschaft heraus. Also zweitens: Nachhaltigkeit sei kein Thema nur für Finanzvorstände oder Vorstände allgemein - das Thema gehe alle im Management an. Und, drittens: Finanzieller Erfolg und Klima stünden "nicht im Konflikt". Im Gegenteil.

Eine, die das so sieht, ist Inka Koljonen, seit dem 1. Februar Finanzchefin beim Münchner Lkw- und Bus-Bauer MAN. Sie wurde in Finnland geboren, hat dort die deutsche Schule besucht, in München studiert, für Siemens in Russland gearbeitet - eine europäische Karriere. Und doch geht es bei der ersten Frage an die Russland-Kennerin: um den Krieg. "Wir sehen die Lage mit Bestürzung". Auch MAN sei indirekt betroffen, "wir beziehen Kabel aus der Ukraine, da kommt es jetzt zu Lieferengpässen".

SZ-Wirtschaftsgipfel Salon: Die MAN-Managerin Inka Koljonen hält Nachhaltigkeit für wichtig - auch, um in Zukunft gute Mitarbeiter zu bekommen.

Die MAN-Managerin Inka Koljonen hält Nachhaltigkeit für wichtig - auch, um in Zukunft gute Mitarbeiter zu bekommen.

(Foto: Stephan Rumpf/SZ)

Nur ein Lieferproblem? Nein. Das Ganze habe sie auch "schon persönlich überrascht". Der Krieg sei "unfassbar". Aber sie sagt auch, dass man unterscheiden müsse. Zwischen dem Regime im Kreml und den vielen Menschen im Land. All das ändere aber "nichts daran, dass wir weiter an der Nachhaltigkeit arbeiten müssen". Der Krieg werde irgendwann vorbei sein.

Für die Finanzchefin eines großen Lkw- und Bus-Herstellers, der zusammen mit seinem schwedischen Partner Scania zum Volkswagen-Konzern gehört, ist Nachhaltigkeit ein großes Thema. Der CO₂-Abdruck von Trucks ist erheblich, in der Produktion, vor allem aber in der Nutzung. Die Lösung: Elektrofahrzeuge. Da sind die CO₂-Auflagen, die immer strenger werden, und die Frage, wie man Massenlogistik mit 40-Tonner-Transporten über Europas Autobahnen nachhaltig hinbekommt. Nicht nur Investoren und die Gesellschaft fragten da nach Nachhaltigkeit. Auch, ganz konkret: die potenziellen Mitarbeiter, sagt Koljonen: "Es ist nicht mehr wie früher, als sich nur die Unternehmen die Mitarbeiter aussuchten. Auch die Mitarbeiter suchen sich jetzt ihre Unternehmen aus."

SZ-Wirtschaftsgipfel Salon: Der HVB-Vorstand Jan Kupfer hat die Erfahrung gemacht, dass auch Investoren immer mehr Nachhaltigkeit einfordern.

Der HVB-Vorstand Jan Kupfer hat die Erfahrung gemacht, dass auch Investoren immer mehr Nachhaltigkeit einfordern.

(Foto: Stephan Rumpf/SZ)

Jan Kupfer, Vorstandsmitglied bei der Hypovereinsbank, verkauft keine Trucks, bei denen es um CO₂-Grenzen und die Frage nach der Zukunft des Diesel geht. Bei ihm geht es um Finanzprodukte - und auch hier geht es um Nachhaltigkeit. "Der Druck kommt immer mehr von den Investoren selbst", sagt Kupfer. Rendite allein reiche nicht, sie sollte auch nachhaltig erwirtschaftet werden. Bestes Beispiel: Der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock, der schon seit einiger Zeit bei seinen Investments verstärkt auf Nachhaltigkeit achtet.

SZ-Wirtschaftsgipfel Salon: Telefónica-Deutschland-Finanzchef Markus Rolle ist über einen Bildschirm zugeschaltet. Heute, sagt er, gehe es auch darum, wie divers das Management ist.

Telefónica-Deutschland-Finanzchef Markus Rolle ist über einen Bildschirm zugeschaltet. Heute, sagt er, gehe es auch darum, wie divers das Management ist.

(Foto: Stephan Rumpf/SZ)

Der Finanzchef von Telefónica Deutschland, Markus Rolle, hat Folgendes beobachtet: "Das Thema ist immer Bestandteil des Gesprächs." Nachhaltigkeit, da müsse man mitgehen, das Thema sei "auf der Agenda absolut nach oben gerückt", und er glaube nicht, dass die aktuelle Kriegssituation etwas daran ändern werde. Denn mehr Nachhaltigkeit, das bedeute auch: mehr Profitabilität. Investoren seien heute ganzheitlich unterwegs: Klima, soziale Aspekte, die Frage, wie divers Vorstände sind.

Und noch etwas wird klar an diesem Abend im März, der eigentlich ja vor allem von schlechten Nachrichten geprägt ist: Wenn europäische Unternehmen weiter ihren Weg gehen, wenn sie Nachhaltigkeit ernst nehmen, dann wird das auch ein Wettbewerbsvorteil sein.

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