Nachfolgedebatte bei Volkswagen:Nichts als Kandidaten

Piech und Winterkorn

Mächtige und starke Manager haben ein Problem damit, zeitig ihre Nachfolger aufzubauen: VW-Chef Winterkorn (vorne) und der Firmenpatriarch Piëch

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Bei Volkswagen ist ein Kampf um die Nachfolge an der Konzernspitze ausgebrochen.
  • Der mächtige Volkswagen-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch steht nach einer Attacke auf Vorstandschef Martin Winterkorn zunehmend isoliert da.
  • Bis heute weiß niemand, wer dem amtierenden VW-Chef Martin Winterkorn folgen wird.
  • Auch eine Frau ist Teil dieses Wolfsburger Auto-Dramas: Piëch könnte seiner Ehefrau Ursula eine tragende Rolle zugedacht haben.

Analyse von Thomas Fromm

Es gibt Konzerne, da werden Nachfolger an der Spitze rechtzeitig aufgebaut. Zwei, drei Kandidaten, die man gegeneinander in Stellung bringt - dann wartet man ab und beobachtet, wie sich die Dinge entwickeln.

Volkswagen funktioniert anders. Bis heute weiß niemand, wer dem amtierenden VW-Chef Martin Winterkorn folgen wird. Der Chef der VW-Tochter Audi, Rupert Stadler, soll es nicht werden, weil der kein Ingenieur ist. Andere wie der neue VW-Lkw-Chef Andreas Renschler oder der Ex-BMW-Vorstand Herbert Diess, der vom Sommer an die Marke VW leiten soll, sind als Kandidaten gesetzt. Ob sie am Ende VW-Chef werden, ist längst nicht ausgemacht.

Für VW sind das existenzielle Fragen. Was zum Beispiel wäre geschehen, wenn sich Winterkorn am Wochenende anders entschieden und hingeworfen hätte? Hätte Piëch dann einen Nachfolger gehabt?

Mächtige und starke Manager haben ein Problem damit, zeitig ihre Nachfolger aufzubauen - man weiß nie, was dann passiert. So lässt man alles im Ungefähren. Am Ende droht ein großes Machtvakuum. Und Chaos, wie jetzt in Wolfsburg.

Wird er seine Frau an allen vorbei als Machtzentrum installieren?

Auch eine Frau ist Teil dieses Wolfsburger Auto-Dramas. Möglich, dass Ferdinand Piëch, der Einzelkämpfer, irgendwann beschlossen hat, seine Ehefrau Ursula und nicht, wie alle glaubten, Winterkorn an die Spitze des VW-Aufsichtsrates zu hieven. Irgendwann, vielleicht Ende 2016, vielleicht auch erst 2018. Vorbei an allen anderen Familienmitgliedern, vorbei an all den Piëchs und Porsches, den milliardenschweren Konzern-Erben, vorbei an einem Clan, der zu groß ist und zu zerstritten, um einfache und für alle akzeptable Nachfolgelösungen zu finden. Und sehr gut möglich auch, dass sich die lieben Verwandten aus der Porsche-Familie dann mit aller Macht dagegen wehren, dass der Alte seine Gattin als neues Machtzentrum installiert. Am Freitag dementierte Piëch. Nein, seine Ehefrau werde ihm nicht nachfolgen. Aber was heißt das schon in einem Konzern, in dem es keine Gewissheiten gibt.

Ursula Piëch, geborene Plasser, genannt Uschi, von Beruf Kindergärtnerin, ist anders als ihr Mann Ferdinand. Sehr anders sogar. Wenn sie mit ihrem Mann über die Automessen zieht, dann ist sie es, die führt, die ihren Mann am Ärmel zieht und die Richtung vorgibt. Sie redet gerne und offen, und wenn sie lacht, dann lacht sie laut und herzlich. Ihr Mann lacht eigentlich nie. Wenn überhaupt, dann verzieht er verschmitzt die Mundwinkel. Viele sagen deshalb, die 20 Jahre jüngere Ehefrau, die in den Achtzigerjahren als Kindermädchen in Piëchs Haushalt kam, sei so etwas wie der Gegenpol zum Patriarchen. Sie, die lebensfrohe Gattin, die mit Mitte 20 einen Kindergarten leitete. Und er, der kalte Machtmensch, der VW zuerst führte und dann als Aufsichtsratschef kontrollierte.

Insofern war es eine Überraschung, als Piëch seine Frau vor ein paar Jahren erst testamentarisch zu seiner Nachfolgerin bestimmte und im Frühjahr 2012 dann in den VW-Aufsichtsrat holte. War dies ein Zeichen dafür, dass Piëch seine Frau zu Höherem bestimmt hatte? Ihr mehr vertraute als all diesen Auto-Männern im Reich?

Am Freitag dann teilte der Patriarch mit: "Ich strebe an, dass an die Spitze des Aufsichtsrats und des Vorstands die Richtigen kommen." Die "Richtigen" - ein klassischer Piëch, denn was richtig ist und was nicht, das entschied bislang immer nur einer: er selbst.

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