Warren Buffetts Nachfolger bei Berkshire Hathaway:Das Rätsel von Omaha

Kaum ein Unternehmen ist derart von seinem Chef abhängig wie Berkshire Hathaway. Viele Aktionäre können sich den Konzern ohne Investorenlegende Warren Buffet gar nicht vorstellen. Der erklärte nun, er habe einen Nachfolger für sich selbst gefunden - einen Namen möchte er aber nicht verraten.

Nikolaus Piper, New York

Investorenlegende Warren Buffett hat seine Aktionäre mit einer neuen ungewöhnlichen Entscheidung überrascht. In seinem Jahresbrief an die Anteilseigner teilte der 81-Jährige am Samstag mit, er habe einen Nachfolger für sich selbst als Chef seiner Holding Berkshire Hathaway in Omaha (Nebraska) gefunden. Dessen Namen teilte er jedoch nicht mit. Der Verwaltungsrat von Berkshire sei aber "enthusiastisch" über den Mann und schätze dessen "Qualitäten als Mensch und Manager". Es gebe zudem noch zwei "Ersatzkandidaten" für den Notfall. Weder er noch sein 88-jähriger Stellvertreter Charlie Munger hätten allerdings die Absicht, demnächst zurückzutreten, schrieb Buffett weiter. "Wir sind weiterhin bei guter Gesundheit und haben Spaß bei der Arbeit."

Warren Buffett

US-Investor Warren Buffett hat einen Kandidaten für seine Nachfolge bei Berkshire Hathaway gefunden. Wer das ist, möchte er allerdings nicht verraten.

(Foto: AP)

Die ungelöste Frage der Nachfolge für Warren Buffett belastete Berkshire Hathaway in den vergangenen Jahren zunehmend. Das Unternehmen ist wie wenig andere auf seinen charismatischen Chef zugeschnitten. Viele seiner Aktionäre können sich Berkshire ohne Buffett gar nicht vorstellen. Analysten führen auch den zuletzt enttäuschenden Kurs der Berkshire-Aktie auf die Unsicherheit an der Spitze zurück. Die Aktie kostet heute 4,1 Prozent weniger als zu Jahresbeginn.

Unbestritten ist, dass Buffett die Funktionen des CEO (Vorstandschef) und des CIO, der für Investitionsentscheidungen verantwortlich ist, trennen wird. Die Kandidaten für den Posten des CIO sind seit 2011 die früheren Hedgefonds-Manager Todd Combs und Ted Weschler. Beide verantworten bereits heute Investitionssummen von mehrere Milliarden Dollar. Auch für den Posten des CEO hatte Buffett bereits einen Kronprinzen gehabt: den Chef der Berkshire-Tochter MidAmerican Energy, David Sokol. Sokol wurde aber im vorigen März wegen Verdachts auf Insiderhandel entlassen.

Nun rätseln Analysten und Journalisten, wer der große Unbekannte in Omaha sein könnte. Die kurze Beschreibung, die Buffett gab, legt nahe, dass es sich dabei um den Chef einer Berkshire-Tochter handeln könnte. Als heißer Kandidat gilt Ajit Jain, der 60-jährige Chef der Rückversicherung Berkshire Hathaway Reinsurance. Jain wird im jüngsten Aktionärsbrief überschwänglich gelobt: Buffett bescheinigt ihm "Können, Tempo, Entschlossenheit und vor allem Grips", die einzigartig in der Branche seien. Ein möglicher Nachfolger wäre auch Tad Montross, der seit 2008 die Rückversicherung General Re führt. Schließlich werden auch die Chefs der Versicherungsgruppe Geico, Tony Nicely, und der Eisenbahngesellschaft Burlington Northern Santa Fe, Matthew Rose, genannt. Burlington Northern hatte Buffett erst vor zwei Jahren erworben.

Buffett steht seit 42 Jahren an der Spitze von Berkshire Hathaway. In der Zeit verwandelte er das fast bankrotte Textilunternehmen in eine Holding mit einem Bilanzvolumen von 392 Milliarden Dollar, die in unzähligen Branchen engagiert ist. Berkshire-Unternehmen produzieren Fertighäuser, Kekse, Farben, liefern Energie und Transportleistungen. Die Holding hält Minderheitsbeteiligungen an Coca Cola, IBM, American Express, Sanofi, Bank of America, Wells Fargo und an der Munich Re.

Der bei weitem wichtigste Zweig von Berkshire sind jedoch eigene Versicherungen. Ausgerechnet hier lief das Geschäft im vergangenen Jahr nicht so gut. Wegen hoher Schadenszahlungen entstand bei Berkshire Hathaway Reinsurance unter der Verantwortung von Ajit Jain ein Verlust von 714 Millionen Dollar. Der Überschuss der Holding ging um 21 Prozent auf 10,3 Milliarden Dollar zurück. Zu dem Rückgang trugen auch niedrigere Gewinne aus Finanzderivaten und Verluste aus einzelnen Investitionen bei. Trotzdem stieg der Buchwert pro Aktie, Buffetts selbst gewählter Erfolgsmaßstab, um 4,6 Prozent.

Damit gelang es dem Investor, anders als in den beiden Vorjahren, den Index S&P 500 um 2,5 Prozentpunkte zu schlagen. Berkshires Barreserven liegen bei knapp 37,3 Milliarden Dollar, was Buffett die Möglichkeit gibt, auch im laufenden Jahr Großinvestitionen zu tätigen. "Meine Aufgabe ist klar und ich bin auf der Lauer", schrieb Buffett in seinem Brief. Im vergangenen Jahr hatte Berkshire unter anderem den Chemiekonzern Lubrizol für neun Milliarden Dollar erworben. Die Holding investierte fünf Milliarden Dollar in die Bank of America und elf Milliarden Dollar in IBM.

Buffett übernahm in seinem Brief an die Aktionäre Verantwortung für einige krasse Fehlentscheidungen. Am teuersten war der Erwerb von Anleihen eines texanischen Energieunternehmens namens Energy Future, das 2007 von Finanzinvestoren aufgekauft worden war. Die Investoren, einschließlich Buffetts, hatten nicht in Rechnung gestellt, dass der Preis für Erdgas einbrechen und dies zu hohen Verlusten bei dem Versorger führen würde. Jetzt musste Berkshire auf die Investition 1,4 Milliarden Dollar abschreiben. "Das war ein Fehler, ein großer Fehler", schrieb Buffett.

Am 5. Mai kommen die Aktionäre zu ihrem Jahrestreffen nach Omaha. Die Veranstaltung, oft als "Woodstock des Kapitalismus" bezeichnet, gleicht aber weniger einer Hauptversammlung als einem Popereignis.

Linktipp: Buffet hat einen Sohn, der definitiv nicht sein Nachfolger wird. Warum, hat er dem Podcast Freakonomics erzählt.

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