Süddeutsche Zeitung

Umstrittene CDU-Spende:Milliardärsfamilie Quandt

Hunderttausende für die CDU: Die Familie Quandt hat BMW gerettet und spendet gerne an die Konservativen. Der Clan ist milliardenschwer - und hat seine eigene Vergangenheit erst spät aufgearbeitet.

Von Hakan Tanriverdi

Die Quandts sind eine Dynastie, klassische Unternehmer, die zu den vermögendsten Familien in Deutschland gehören. Über ihren Aktienbesitz, 46,7 Prozent, kontrollieren sie unter anderem den Automobilhersteller BMW.

Wenn vom Vermögen der Familie die Rede ist, helfen nur noch Lotto-Vergleiche. Um so reich zu werden wie Susanne Klatten, Tochter von Herbert Quandt und die reichste Frau Deutschlands, müsste man 25 Jahre lang jeden Tag eine Million Euro beim Lottospielen gewinnen. Dann käme man in die Nähe der zehn Milliarden Euro, auf die Klatten vom Manager-Magazin geschätzt wird (ein lesenswertes Porträt über Susanne Klatten finden Sie hier als PDF-Version).

Die Erfolgsgeschichte der Familie Quandt beginnt in der Kaiserzeit. Emil Quandt heiratete in eine Tuchfabrik ein, inmitten einer wirtschaftlichen Depression. Zu dieser Zeit gab es in seiner Geburtsstadt Pritzwalk mehrere Tuchfabriken, nur eine davon überlebte die Krise. Das war sein Unternehmen. Später belieferte es die kaiserliche Marine mit Uniformstoffen und "brachte Arbeitsplätze, Brot und Wohlstand in das überschaubare Städtchen", wie es heute auf der Homepage der Stadt Pritzwalk heißt. Sein Sohn Günther schrieb über ihn, dass Emil Quandt im alten Stil dachte, das heißt in Generationen. Das Erarbeitete sollte von den Kindern weitergeführt werden. Diesen Job übernahm vor allem Günther.

Er modernisierte die Tuchfabrik seines Vaters, erwarb in der Weimarer Republik den Batterie-Hersteller AFA (1962 in Varta umbenannt) und später eine Rüstungsschmiede.

Nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich Günther Quandt wegen seiner Rolle im NS-Staat verantworten. Er sagte aus, dass er von den Nazis verfolgt wurde, die Richter stuften Quandt als Mitläufer ein. Dieses Urteil diente lange Jahre als Begründung, sich nicht mit der NS-Geschichte der Familie auseinandersetzen zu müssen.

Denn die Betriebe, die der Familie Quandt gehörten, beteiligten sich an der Rüstungsproduktion für den Zweiten Weltkrieg. Dort beschäftigte Quandt auch Zwangsarbeiter. In einer 90-minütigen Dokumentation (Titel: Das Schweigen der Quandts) wurde 2007 detailliert ausgeführt, wie sehr die Dynastie in das NS-Regime eingebettet war. Die Familie reagierte daraufhin öffentlich und gab eine Erklärung ab, in der es hieß, dass "wir mit diesem Teil unserer Geschichte offen und verantwortungsvoll umgehen wollen."

Zu diesem Zweck fertigte der Historiker Joachim Scholtyseck im Auftrag der Familie eine Studie an. Das Ergebnis war ein Buch mit knapp 1200 Seiten und der Aussage: keine überzeugten Nationalsozialisten, aber verantwortlich für massenhaft begangenes Unrecht. In einem Interview mit der Zeit sprachen Gabriele und Stefan Quandt 2011 ausführlich über die neue Studie: "Wir haben erkannt, dass es falsch war, nicht ganz genau wissen zu wollen, was damals geschehen ist", sagte Gabriele Quandt. Durch die NDR-Dokumentation und den darin enthaltenen Vorwurf, die Quandts wären öffentlichkeitsscheu, weil sie "Dreck am Stecken" hätten, fühlte sie sich persönlich massiv angegriffen, sagte sie.

Die Quandts gelten als die Familie, die BMW gerettet hat. Sowohl vor dem wirtschaftlichen Ruin als auch vor der Übernahme durch den Rivalen Daimler. Herbert Quandt kaufte sich zum Großaktionär hoch und sicherte sich 1959 die Mehrheit. Das erste Auto, das unter seiner Führung hergestellt wurde, ist der BMW 700. Auf der Seite des Autoherstellers heißt es: "Der BMW 700 hat BMW wieder auf die Beine gebracht." Heute ist der Autobauer ein global agierendes Unternehmen, das seine Mitarbeiterschaft seit dem Tod von Herbert Quandt 1982 verdoppelt hat.

Die Quandt-Anteile an der Firma BMW sind es auch, die aktuell in der Diskussion stehen. Die Beteiligungen werden gehalten von Quandts dritter Frau Johanna und ihren Kindern Susanne Klatten und Stefan Quandt. Vor allem Susanne Klatten nutzt ihren Anteil, um Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens auszuüben. Die drei werden zwar als Einzelaktionäre aufgeführt, Einzelentscheidungen werden einem Klatten-Sprecher zufolge aber trotzdem keine getroffen.

Die BMW-Großaktionäre haben der CDU 690.000 Euro gespendet, kurz nach der Wahl, beinahe gleichzeitig zu einer politischen Entscheidung über strengere Abgasnormen für Autos in Europa.

Doch weder ist das die erste Spende der Quandts, noch dürfte es die letzte sein. Die Familie spendet regelmäßig an zwei Parteien, die CDU und die FDP. Zwischen 2002 und 2013 hat Johanna Quandt 830.000 Euro an die CDU und 70.000 Euro an die FDP gespendet. Susanne Klatten und Stefan Quandt kommen auf je 820.000 Euro (CDU) und 80.000 Euro (FDP).

Auch Quandt-Firmen spenden. Der Chemiekonzern Altana ist zu 100 Prozent im Besitz von Susanne Klatten und spendete im Zeitraum von 2002 bis 2013 insgesamt 920.000 Euro an die CDU. Im selben Zeitraum verteilte auch BMW Spenden an Parteien: mehr als zwei Millionen Euro an CDU/CSU, ungefähr eine Million Euro an die SPD und etwa eine halbe Million Euro an die FDP (Zahlen aus dem Parteispenden-Tool von Spiegel Online).

Die Quandts leben eher zurückgezogen, mediale Auftritte sind selten. Von Stefan Quandt heißt es, er sei ein unscheinbarer Typ, vor allem aber intelligent und weitsichtig. Susanne Klatten wird als öffentlichkeitsscheu beschrieben. Bevor sie ihren Mann heiratete, stellte sie sich mit dem Nachnamen "Kant" vor, um von ihrem gewichtigen Nachnamen frei zu sein, wie sie sagte.

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