Wirbel um Dreamliner von Boeing:Kleine Partikel mit womöglich böser Wirkung

Der Flugzeughersteller Boeing muss sich mittlerweile über die kleinen Dinge freuen: Eineinhalb Stunden ist das Pannenflugzeugmodell Dreamliner bei einem Testflug in der Luft gewesen - ohne Zwischenfälle. Jetzt haben Forscher einen neuen Verdacht, warum es beim Dreamliner immer wieder zu Problemen kommt.

Auf der Suche nach den Ursachen der Batterieprobleme beim Dreamliner hat Boeing einen weiteren Testflug mit dem Großraumflugzeug durchgeführt. Die Maschine vom Typ 787 war am Montag eine Stunde und 29 Minuten in der Luft, wie der US-Flugzeugbauer mitteilte. Der Testflug von Seattle aus mit elf Menschen an Bord verlief den Angaben zufolge ohne Zwischenfälle.

Bereits am Samstag hatte Boeing einen Dreamliner für mehr als zwei Stunden in der Luft getestet. Boeing hatte sich dafür von der US-Luftfahrtbehörde FAA Testflüge über unbewohntem Gebiet genehmigen lassen.

Laut einem Bericht des Wall Street Journal (WSJ) sind Luftfahrtexperten inzwischen auch auf eine mögliche Ursache für die Pannenserie beim Dreamliner gestoßen. Sie verdächtigen Mikropartikel, so genannte Dendriten. Wie das Blatt schreibt, handelt es sich dabei um "winzige Lithium-Ablagerungen, die sich in den Zellen einer Batterie bilden und Kurzschlüsse und sogar Feuer auslösen können. Sie entstehen laut Experten häufig dann, wenn eine Lithium-Ionen-Batterie zu schnell oder ungleichmäßig aufgeladen wird."

An den derzeit laufenden Ermittlungen sind die US-Verkehrssicherheitsbehörde NTSB, die FAA sowie die japanischen und französischen Behörden beteiligt. Eine Sprecherin der NTSB sagte nach dem zweiten Testflug, dass innerhalb von 30 Tagen ein detaillierter Bericht vorgelegt werden solle. Schon zuvor hatte die Behörde angekündigt, dass es Wochen dauern würde, bis die Ursache der Probleme geklärt ist.

Nach einer Pannenserie im Zusammenhang mit den Lithium-Ionen-Batterien an Bord der Maschinen hatte die FAA Mitte Januar ein weltweites Flugverbot für die insgesamt 50 Dreamliner verhängt.

Dass die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien problematisch sein kann, ist Forschern offenbar schon seit langem bekannt, berichtet das WSJ. Experten beschäftigen sich dem Blatt zufolge ausführlich mit den negativen Folgen von Dendriten, bislang jedoch vor allem beim Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien in Elektroautos: "Es gibt zahlreiche Studien, die auf die möglichen Sicherheitsrisiken eingehen. Darin tauchen auch plötzliche Kurzschlüsse auf, die zu einer unkontrollierten Überhitzung der Batterien führen können." Wirkliche Lösungen für das Problem seien bisher jedoch noch nicht gefunden worden.

Auslieferung gestoppt, Produktion läuft

Anfang Januar war bei einem Flugzeug nach der Landung in Boston im US-Bundesstaat Massachusetts ein Feuer ausgebrochen. Eine Woche später musste eine weitere Boeing 787 wegen eines Brandes in Japan notlanden. Boeing stoppte vorerst die Auslieferung seines Prestigeflugzeugs. Die Produktion der Maschinen läuft jedoch weiter. Die betroffenen Airlines kostet das Flugverbot Millionen.

Der Chef von International Airlines Group (IAG), Willie Walsh, sagte vor einigen Tagen, er halte den Dreamliner trotz der Probleme für "ein phantastisches Flugzeug". IAG gehe davon aus, Ende Mai den ersten der 24 bestellten Dreamliner in Empfang zu nehmen. "Wir stehen hinter den Bestellungen, die wir bei Boeing in Auftrag gegeben haben", sagte er.

Dennoch geht auch er davon aus, dass Boeing noch lange brauchen werde, um die Probleme in den Griff zu bekommen: "Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, denn sie werden das Batterie-System in irgendeiner Form neu gestalten müssen, und ich denke, das wird einige Monate dauern", sagte Walsh. IAG entstand aus der Fusion von British Airways und Iberia.

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