Nach Siltronic-Rückzug:Postbank — der große Hoffnungsträger

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Während der Halbleiterhersteller Siltronic seinen geplanten Börsengang abgesagt hat, wird die Postbank definitiv am 21. Juni an die Börse gehen und dort nach den Worten ihres Chefs Wulf von Schimmelmann bis zu 49,99 Prozent ihres Aktienkapitals anbieten.

Von Gerhard Hennemann und Silvia Liebrich

Das Tochterunternehmen der Deutschen Post hat am Mittwoch bei seiner Bilanzpressekonferenz in Frankfurt bestätigt, dass es nun doch unmittelbar vor der Sommerpause an die Börse gehen will. Ein Datum wurde offiziell nicht genannt.

Postbank-Chef Wulf von Schimmelmann - wenn dieser Börsengang nicht klappt, welcher soll dann funktionieren? (Foto: Foto: AP)

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung steht der Termin 21. Juni jedoch seit längerem fest. Mit Hinweisen auf eine spätere Platzierung im Herbst hätten die Vorstände von Post und Postbank monatelang bewusst abgelenkt, um sich nicht unter Zeitdruck setzen zu lassen, hieß es in informierten Kreisen.

"Wir haben unsere Hausaufgaben schnell erledigt"

Postbank-Chef Wulf von Schimmelmann sagte, die Postbank werde "noch vor der Sommerpause erstmals auf den Kurszetteln der deutschen Börsen stehen", falls "nichts Unvorhergesehenes" passiere. "Wir haben unsere Hausaufgaben schneller erledigt als erwartet und glauben, dass wir von der Marktentwicklung her (im Sommer) größere Chancen haben." Die Absage von Siltronic tangiere den Börsengang der Postbank in keiner Weise, hieß es weiter.

Das Volumen der Anteile, die der Mutterkonzern Deutsche Post abgeben werde, wollte Schimmelmann nicht genau beziffern. Zwischen null und 49,99 Prozent sei "alles denkbar". Details zum Börsengang sollen in den kommenden Wochen mitgeteilt werden.

Keine neue "Volksaktie"

Deutlich abgrenzen will sich die Postbank bei ihrer geplanten Werbekampagne für die neuen Aktien vom Image "Volksaktie", das einst von der Deutschen Telekom propagiert wurde.

"Wir bleiben auch hier unserer Linie treu und setzen nicht auf den schnellen Erfolg, denn der ist eher flüchtig, wie uns die letzten Tage gezeigt haben", sagte Schimmelmann. Die Postbank, die seit einigen Jahren Gewinne schreibt, gilt als Deutschlands größtes Kreditinstitut für Privatkunden.

Siltronic auch seiner Branche gescheitert

Mit dem Halbleiterhersteller Siltronic hat unterdessen am Mittwoch schon das zweite Unternehmen in diesem Jahr seinen Börsengang nur wenige Tage vor der geplanten Erstnotiz storniert. Während die Absage des Chipherstellers X-Fab vor einigen Tagen wegen diverser Pannen keine große Überraschung war, hat der Rückzug von Siltronic einige Marktbeobachter erstaunt.

"Ich hätte nicht unbedingt damit gerechnet", sagte Eberhard Dilger, Aktienstratege bei Commerzbank Securities in London. Die großen Schwachpunkte bei beiden Emissionen waren laut Dilger mangelnde Profitabilität und Börsenreife. "Die Absagen zeigen, dass X-Fab und Siltronic nicht die idealen Türöffner für den Neuemissions-Markt waren." Beide Firmen seien zudem in einem schwierigen Bereich tätig.

Dies habe vergangene Woche der Börsengang des chinesischen Chipherstellers SMIC gezeigt, der in New York und Hongkong erstmals gelistet wurde. Die Aktien seien gleich nach ihrer Erstnotiz deutlich gefallen. "Das hatte sicher auch auf Siltronic Auswirkungen", erklärte Dilger.

Der große Hoffnungsträger

Große Hoffnungen ruhen nun auf der Postbank, die mit ihrer Aktienausgabe die seit gut zwei Jahren andauernde Flaute bei Börsengängen beenden soll. "Profitable Unternehmen, die ihre Aktien zu vernünftigen Preisen abgeben wollen, haben nach wie vor gute Chancen", sagte dazu Unternehmensberater Konrad Bösl von S&P Business Consulting, der seit Jahren Neuemittenten berät. "Die Postbank dürfte dem deutschen Aktienmarkt und insbesondere dem Neuemissionsgeschäft einen großen Schub geben."

Nach den jüngsten Absagen gilt es als wahrscheinlich, dass einige Kandidaten ihre Börsenpläne für dieses Jahr nicht mehr realisieren werden. "Es wird sicher nicht mehr so viele Börsengänge geben", sagte etwa Bösl, der nur noch von maximal sieben Neuemissionen in 2004 ausgeht. Auch Dilger reduziert seine Prognose auf höchstens zehn Neulinge.

© SZ vom 25.3.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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