Süddeutsche Zeitung

Nach Razzia bei S&K:"Die Sache stank doch zum Himmel"

Erst hat die Staatsanwaltschaft mit einer Großrazzia die Geschäfte der Immobiliengruppe S&K gestoppt und sechs Menschen festgenommen, dann ging die Aktion in München weiter. Nun bangen Anleger um 100 Millionen Euro. Nicht nur sie fragen sich: Hätte nicht irgendjemand den Schwindel bemerken müssen?

Von Angelika Slavik, München, und Markus Zydra, Frankfurt

Die Internetseite ist auf jeden Fall einen Blick wert. Die Frankfurter S&K-Holding schreibt da etwa: "Partizipieren Sie an unserem Erfolg!" Auch der alte Goethe muss mit ran: Drei Dinge wären an einem Gebäude zu beachten, wird der Dichter auf der Seite zitiert, "dass es am rechten Fleck stehe, dass es wohlgegründet, dass es vollkommen ausgeführt sei." Darunter ergänzen die S&K-Chefs. "Und dass es marktgängig sei."

Hätte man merken können, dass hier Schaumschläger am Werk sind?

Am Dienstag hat die Staatsanwaltschaft mit einer Großrazzia die Geschäfte von S&K gestoppt und sechs Menschen festgenommen, am Mittwoch ging die Aktion in München weiter. Seither müssen offenbar mehrere tausend Anleger um ihr Geld fürchten, die Rede ist von 100 Millionen Euro Schaden - S&K, in der Eigendarstellung Experten für "Intelligente Immobilien-Investments", basiert offenbar auf einem Schneeballsystem.

Und natürlich steht nun diese Frage im Raum: Hätte diesen Schwindel nicht früher irgendjemand etwas merken müssen? Die Finanzaufsicht Bafin, zum Beispiel?

Einer aus der Branche findet jetzt, "dass die Bafin ganz anders arbeiten müsste. Die Sache stank doch zum Himmel, aber die überprüfen nur irgendwelche formalen Kriterien und sind für den Rest schlicht nicht zuständig." Bei der Bafin selbst verweist man darauf, dass man durch eine veränderte Gesetzeslage, die sogenannte AIFM-Richtlinie, von Jahresmitte an immerhin auch für die Kontrolle geschlossener Fonds zuständig werde. Das war bislang nicht der Fall - deshalb musste S&K für seine geschlossenen Fonds lediglich formal korrekte Prospekte vorlegen. Seriosität oder Bonität werden nicht geprüft.

Ist das deutsche Kontrollnetz einfach nicht dicht genug? Da sind nun Jonas K. und Stephan S., die die Nähe zu Prominenten suchten wie einst der Millionenbetrüger Helmut Kiener, der es sogar bis zu einer Privataudienz beim Papst brachte. Der Versuch, das Renommee anderer zum eigenen zu machen, funktioniert allzu oft.

Jonas K. und Stephan S., beide Anfang 30, haben es nicht übertrieben bei ihren Versuchen, sich ein seriöses Image zu geben. Zu K.s Geburtstag etwa ließen sich Leute mit dem Hubschrauber über der Villa abseilen, Top-Models wurden angeheuert - so erzählt es einer, der dabei war. Diese Events hätten sich in einem Umkreis von 100 Kilometern herumgesprochen: die beiden Geschäftsführer hätten "für alles gesorgt, was man mit Geld kaufen kann." Mit Anlegergeld.

Die Immobilienobjekte von S&K seien systematisch falsch bewertet worden, behauptet ein Insider: die Rede ist von einem 70 Jahre alten Sachverständigen, der eigentlich lange aus dem Gutachtergeschäft raus gewesen sei - seine Zertifikate seien auf Kopierpapier gedruckt worden. Das System S&K, für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung, funktionierte wohl so: Die Holding übernahm andere geschlossene Fonds, etwa von den Anbietern DCM und SHB, und soll dann deren Immobilien versilbert haben. Im Gegenzug wurden den Anlegern Firmenanteile der S&K überschrieben. So wurden einfache Anleger, die in Ratensparfonds investiert waren, plötzlich Mitbesitzer einer Firma, die nun im Fokus der Ermittler steht.

Der TÜV Süd soll das Referenzbuch der S&K überprüft haben, darin sind die Immobilien aufgeführt, die von S&K gehandelt wurden. Dieses TÜV-Siegel sorgte bei Anlegern für Vertrauen - zu Unrecht, wie es scheint. Der TÜV Süd wollte sich dazu nicht näher äußern.

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Quelle:
SZ vom 21.02.2013/fzg
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