Nach Prokon-Insolvenz:Gegen Wind

Insolvenzverfahren für Prokon eröffnet

Die Insolvenz des Windanlagenfinanzierers Prokon könnte erst der Anfang einer Krise der Windenergie-Branche sein, vermuten Experten.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Prokon ist insolvent. Aber auch andere Windkraft-Firmen können ihre Versprechen nicht halten und geben zum Teil der Natur die Schuld. Betroffen sind Hunderttausende Anleger, es geht um viele Milliarden Euro.

Von Markus Balser, Berlin

Die Umwelt Management AG (UMaAG) aus Cuxhaven und die Windparkgesellschaft Tewel priesen ihr Millionenprojekt in den höchsten Tönen: "Ökologisch. Rentabel. Direkt." 14 Windräder sollten bei Soltau in Niedersachsen für knapp 30 Millionen Euro entstehen. Anfangs sechs, später bis zu 18 Prozent an Ausschüttungen sollten die Anleger bekommen. Die UMaAG-Windanlagen könnten schon jetzt Hunderttausende Verbraucher mit grünem Strom versorgen, schwärmte Co-Chef Uwe Leonhardt im Imageprospekt. Möglich sei das, weil Tausende Anleger der Firma "ihr Vertrauen schenkten". Und viele Millionen investierten - "eine Summe, auf die wir zu Recht stolz sind".

Zwei Fliegen mit einer Kappe schlagen? Die Umwelt fördern und Geld verdienen? Viele Anleger glaubten den Versprechen, legten Mindestsummen von rund 5000 Euro an. Doch statt der in Aussicht gestellten Ausschüttungen von 46 Prozent habe man in den ersten Jahren nur zwei Prozent bekommen, klagt ein Anleger. Der Frust schlug in Ärger um, als der Park an einen Großinvestor verkauft wurde - mit herben Verlusten. 44 Prozent des eingezahlten Kapitals erhielten die Anleger. Im Klartext: Von 10 000 Euro floss nicht mal die Hälfte zurück.

In der Windbranche herrscht derzeit Alarmstimmung. Die Pleite von Prokon und die Insolvenz des Windparkplaners Windreich haben die Branche in Verruf gebracht. Doch diese spektakulären Fälle sind wohl nur die Spitze des Eisbergs. Experten fürchten, dass noch deutlich mehr deutschen Windparkanlegern ein böses Erwachen droht.

In der Boomphase investierten 200 000 Anleger 8,5 Milliarden Euro

Schuld an der Schieflage vieler Projekte ist, dass die Anbieter den Investoren zu viel versprochen haben. "Bei den großen Massenpublikumsgesellschaften, die in der Boomphase 1997 bis 2005 eröffnet wurden, erfüllen über die Hälfte die Prognosen nicht", klagt Christian Herz, Vizechef des Anlegerbeirats des Bundesverbandes Windenergie (BWE). Allein in dieser Boomphase hätten insgesamt 200 000 Anleger rund 8,5 Milliarden Euro in Windprojekte gesteckt, hat Herz berechnet.

Der deutschen Justiz sind die Probleme bekannt: Bei Gerichten gehen immer neue Klagen von Windpark-Anlegern ein, die keine Ausschüttungen mehr bekommen oder deren Parks vor dem Aus stehen. Energieexperten reiben sich angesichts der Ausmaße der Probleme die Augen: Schließlich gab es für die Anlagen dank der deutschen Energiewende garantierte Fördersätze - wie kann da so viel schiefgehen?

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