Nach nassem Sommer:Italien befürchtet schlechte Weinernte

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Weinberg nahe Florenz: Die Weinernte in Italien wird in diesem Jahr deutlich weniger ertragreich ausfallen als sonst.

(Foto: REUTERS)

Mieser Sommer, mäßiger Ertrag: Italienische Winzer stellen sich auf die schwächste Weinernte seit mehr als 60 Jahren ein. Das dürfte Einfluss auf die Preise haben.

Von Thomas Steinfeld, Venedig

Die Weinernte hat in Italien kaum begonnen, abgesehen vom äußersten Süden etwa oder bei den Herstellern von Schaumwein in der lombardischen Anbauregion Franciacorta. Doch zeichnet sich schon ab, dass sie nicht gut ausfallen wird: Einen geringeren Ertrag werde es wohl seit 1950 nicht gegeben haben, erklärte die Coldiretti, der Verband der italienischen Landwirtschaft, in diesen Tagen. Für das ganze Land rechne man gegenwärtig mit einer Ernte von 41 Millionen Hektolitern. Das seien fünfzehn Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Unter den Regionen werde es die Anbaugebiete im Süden, in Apulien und Sizilien, besonders treffen, wo man bei den Erträgen einen Rückgang um fast ein Drittel zu erwarten habe.

Zwar könne sich in den kommenden Wochen die Lage noch ein wenig verändern, aber das gelte im Guten wie im Schlechten: Weil der Sommer in Italien generell zu spät begonnen habe und darüber hinaus zu kühl, zu stürmisch und zu nass gewesen sei, werde sich die Ernte wohl bis in den November hinziehen. Höhere Preise dürften die Folge sein.

Das sind schlechte Nachrichten, und zwar nicht nur, weil der Wein deutlich mehr als eine Million Italiener in Arbeit setzt und mehr als 200 000 Betriebe beschäftigt, sondern auch, weil der regnerische Sommer einer klimatischen Entwicklung zu widersprechen scheint, die man bereits für gegeben hielt: Die vergangenen Sommer waren alle heiß gewesen, was zur Folge hatte, dass ebene, tief liegende und also leichter zu bewässernde Anbaugebiete oft mehr und vor allem besseren Wein hervorgebracht hatten als die Hanglagen, die man traditionell mit den meisten guten italienischen Weinen verbindet.

Qualität wie ein Leopardenfell

Zudem bedeuteten trockene Sommer, dass die Trauben weniger anfällig gegen Krankheiten wie Mehltau oder Grauschimmelfäule waren. Und weil man nicht bekämpfen musste, was es nicht gab, erfüllten immer mehr italienische Weine, und zwar vor allem junge und weniger bekannte Lagen aus dem Süden, die Kriterien der Europäischen Union für biologischen Anbau. Sollte es weitere Sommer wie den diesjährigen geben, hätte dies weitreichende Folgen für die Struktur der italienischen Weinwirtschaft.

Wie das schlechte Wetter die Qualität des Jahrgangs 2014 beeinflussen werde, vermochten die Experten der Coldiretti noch nicht zu sagen. Sie gleiche vermutlich einem "Leopardenfell", wie ein italienisches Sprichwort sagt, werde also sehr unterschiedlich ausfallen. Es mag aber sein, dass andere Faktoren als das Klima größeren Einfluss darauf nehmen: Gerade beschlagnahmte die Guardia di Finanza in Siena mehr als 160 000 Liter nicht spezifizierten Weins, der als Brunello di Montalcino, einer der besten und teuersten italienischen Rotweine, oder als Rosso di Montalcino, dessen minderer Bruder, deklariert werden sollte. Möglicherweise seien, so die Polizei, schon in früheren Jahren größere Mengen dieses Produkts auf den Markt gekommen. Als einziger Verdächtiger in diesem Betrugsfall figuriert bislang ein Önologe ohne entsprechendes Examen, aber mit Computerkenntnissen, der als Berater für mehrere Winzer gearbeitet habe. Ihm wurde nun zuerst einmal verboten, in Montalcino zu wohnen.

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