Knapp fünf Jahre nach Zusammenbruch des isländischen Finanzsektors steht dem früheren Chef der Kaupthing-Bank ein Prozess bevor. Gegen Heidar Mar Sigurdsson und acht weitere frühere Angestellte der damals größten isländischen Bank werde am 24. April vor einem Bezirksgericht in der Hauptstadt Reykjavik Anklage erhoben, sagte Sonderstaatsanwalt Olafur Thor Hauksson. Das Verfahren gegen sie könne ein Jahr dauern. Sigurdsson werden Betrug und Manipulation des Aktienkurses der Bank vorgeworfen.
Der Ex-Kaupthing-Chef soll laut Staatsanwaltschaft einen Kredit bei der Kaupthing aufgenommen haben, um Aktien der Bank zu kaufen. Diese habe er dann für 572 Millionen Kronen (etwa 3,6 Millionen Euro) an seine eigene Firma verkauft - und mit der Transaktion einen Gewinn von 325 Millionen Kronen gemacht. Zwei Monate später brach die Kaupthing zusammen.
Medienberichten zufolge stehen auch sechs früheren Verantwortlichen der Landsbanki Anklagen bevor, der damals zweitgrößten Bank Islands. Auch gegen vier frühere leitende Mitarbeiter der ebenfalls Pleite gegangenen Glitnir-Bank wird ermittelt, wie der Rundfunksender RUV meldete.
Kaupthing, Glitnir sowie Landsbanki hatten bei ihrem Kollaps 2008 einen riesigen Schuldenberg hinterlassen. Die Pleite der Großbanken und die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise ließen den isländischen Finanzsektor damals in sich zusammenbrechen.
In der Folge verlor die isländische Krone massiv an Wert, wodurch zahlreiche der 320.000 Einwohner des Landes ihre Ersparnisse verloren. Zudem stieg die Arbeitslosigkeit drastisch an, und die damalige Regierung musste angesichts massiver Proteste der Bevölkerung zurücktreten. Der frühere Regierungschef Geir Haarde wurde 2012 wegen Verletzung seiner Pflichten im Vorfeld der Bankenkrise von einem Sondergericht schuldig gesprochen, aber nicht bestraft.