Nach Finanz-Manipulationen:Banken verbieten ihren Händlern das Chatten

Banker nutzen Chats nicht immer nur um zu flirten oder Klatsch auszutauschen. In der Vergangenheit wurden dort auch illegale Absprachen getroffen, die ihren Arbeitgebern Milliardenstrafen einbrachten. Damit soll jetzt Schluss sein.

Zum Teil schienen die Beteiligten selbst überrascht zu sein, wie einträglich ihr Geschäft ist. Es sei einfach "großartig", wie viel Geld man machen könne, indem man diesen Zinssatz manipuliere, sagt ein Banker zu seinem Kollegen. Und: "Es ist jetzt ein Kartell in London." In einem anderen Gespräch waren sich zwei Händler zunächst nicht einig. Der eine will einen niedrigeren Zins, der andere wissen, was dem Kollegen der Gefallen denn Wert sei. "Ich habe noch ein paar Sushirollen von gestern", sagt der - und der Deal ist perfekt. Mehrere Banken haben ihren Händlern solche Chats nun verboten.

Denn dass die Machenschaften der Banken rund um den Libor-Skandal so gut dokumentiert sind, liegt vor allem daran, dass die Beteiligten ihre wohl illegalen Absprachen in Chats trafen.

Die Kurznachrichtensysteme sind wichtigstes Kommunikationsmittel in der Finanzbranche. Sie laufen meist auf den omnipräsenten Computerterminals der Firma Bloomberg. Auf ihnen arbeiten, tratschen und flirten die Händler. Die Protokolle gaben den Ermittlern Aufschluss über die krummen Deals. Mit unangenehmen Folgen für die Banken.

Einige von ihnen haben offenbar inzwischen Konsequenzen gezogen. Wie die Financial Times berichtet, haben mehrere Institute die sogenannten "Multi Dealer"-Chats in ihren Konzernen verboten. So erlauben Citigroup und Barclays demnach etwa keine Treffen mehr, in denen sich Händler unterschiedlicher Banken miteinander unterhalten. Die Royal Bank of Scotland soll ihren Mitarbeitern Gespräche mit Konkurrenten über marktrelevante Themen verbieten. Auch die US-Großbank JP Morgan prüft demnach, ob direkte Telefonate zwischen zwei Mitarbeitern nicht besser wären.

Der Referenzzinssatz Libor wird täglich von den Instituten festgelegt. Von ihm hängen die Zinsen für Privatkredite und viele weitere Finanzprodukte im Volumen von bis zu 300 Billionen Euro ab. Insgesamt mussten die beteiligten Banken bisher Strafen in Höhe von 3,7 Milliarden Dollar zahlen.

Neben dem Libor-Skandal könnten die Plaudertreffs der Händler den Ermittlern nun in einem weiteren Fall Aufschluss geben. Behörden in Großbritannien, den USA, der Schweiz und Hongkong gehen derzeit dem Verdacht nach, dass mehrere Gruppen von Händlern konkurrierender Banken Chatrooms genutzt haben, um Währungsgeschäfte zu manipulieren. Die Chats sollen Namen tragen wie "Die Mafia" oder "Das Kartell".

Das größte Problem: Viele der gängigen Kommunikationssysteme in der Finanzbranche arbeiten weiterhin außerhalb der Überwachungsmechanismen der Banken. In den vergangenen Monaten haben deshalb acht große Investmentbanken auf ein System des britischen Unternehmens Markit umgestellt, das Marktteilnehmer verbindet, ohne das Sicherheitssystem der Bank zu umgehen. Im Klartext: Die Chefs könnten mitlesen.

Aus Sicht erfahrener Händler liegt das Problem aber eigentlich woanders: Die jungen Kollegen plappern einfach zu freizügig. "Wenn du sie mal dazu gebracht hast aufzuhören, fangen sie sofort wieder an", sagte einer der FT. "Sie reden so viel dummes Zeug."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: