Nach Eklat im Aufsichtsrat:Kapitalerhöhung bei Conti

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Conti-Chef Neumann setzt sich im Machtkampf mit Großaktionär Schaeffler durch - das Kapital soll um 1,5 Milliarden Euro erhöht werden. Dennoch steht Neumann offenbar vor der Ablösung.

Showdown in Hannover: Continental-Vorstandschef Chef Karl-Thomas Neumann hat sich im Machtkampf mit Großaktionär Schaeffler vorerst durchgesetzt. Der Aufsichtsrat des finanziell angeschlagenen Autozulieferers habe einer Kapitalerhöhung von bis zu 1,5 Milliarden Euro zugestimmt, sagte Conti-Vorstandschef Neumann nach einer Sitzung des Kontrollgremiums, die sich bis in die Nacht hineingezogen hatte. Neumanns Job scheint damit allerdings alles anderes als gesichert zu sein.

Continental-Chef Karl-Thomas Neumann. (Foto: Foto: AFP)

Offen blieb zunächst, ob es im Aufsichtsrat eine Kampfabstimmung über die Kapitalerhöhung gab, bei der Schaeffler verlor. Neumann sagte, es sei "auf Dauer" schwer, mit Schaeffler zusammenzuarbeiten. Er fühle sich aber der Conti verpflichtet. Neumann sprach von "sehr enttäuschenden Entwicklungen". Er trete aber nicht zurück.

Gewerkschaft: Neumann vor Ablösung

Ob er jedoch tatsächlich im Amt bleiben kann, scheint nach der Sitzung äußerst fraglich zu sein. Nach Einschätzung der Gewerkschaft steht der Conti-Chef kurz vor dem Rauswurf.

Das Vertrauensverhältnis zwischen Neumann und Schaeffler sei "stark in Mitleidenschaft" gezogen worden, sagte der stellvertretende Conti-Aufsichtsratschef Werner Bischoff nach der Sitzung des Aufsichtsrats. Neumann werde nach seiner Einschätzung innerhalb der nächsten 14 Tage von Bord gehen. Bischoff kritisierte, dies sei die falsche Entscheidung.

Die zehn Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat hätten eine Abberufung Neumanns am Donnerstag noch verhindern können, da eine Zweidrittel-Mehrheit dafür nötig gewesen wäre, sagte er weiter. Die zehn Vertreter der Anteilseigner seien jedoch für eine Ablösung Neumanns gewesen.

Der Aufsichtsrat habe nun ein Vermittlungsverfahren angerufen. Bischoff sagte, er rechne damit, dass der Aufsichtsrat in den nächsten 10 oder 14 Tagen erneut zusammenkomme. Dann reiche eine einfache Mehrheit für die Ablösung Neumanns aus. Dabei hat der Aufsichtsratschef bei einem Patt ein Doppelstimmrecht.

Zuvor war der Machtkampf zwischen dem Autozulieferer Continental und seinem Großaktionär Schaeffler eskaliert. Schaeffler wollte Vorstandschef Neumann stürzen und die Führung des Dax-Konzerns mit eigenen Managern besetzen, verlautete bereits während der Sitzung in Hannover.

Zu der Eskalation kam es bereits in der Vorbesprechung zu der eigentlichen Aufsichtsratssitzung, die ursprünglich um 14 Uhr beginnen sollte. Doch die Anteilseigner und die Arbeitnehmervertreter diskutierten acht Stunden lang über die künftige Führung von Continental.

Demnach ging Schaeffler mit einer Vorlage in die Besprechung, die eine Ablösung Neumanns vorsah. Zu einer Diskussion über die Kapitalerhöhung habe Schaeffler es erst gar nicht kommen lassen. Der Leiter der Automotive-Sparte Elmar Degenhart sollte als künftiger Vorstandschef installiert werden, Finanzvorstand Klaus Rosenfeld sollte diese Position auch bei Continental ausfüllen. Bislang übt Neumann beide Funktionen aus. Mit diesen Vorstellungen sei Schaeffler aber am Widerstand der Arbeitnehmer gescheitert, das Lager der Anteilseigner sei geteilt gewesen, heißt es.

Erst gegen 17 Uhr begann die eigentliche Aufsichtsratssitzung. Darin stellte Neumann zunächst sein Konzept für eine Kapitalerhöhung um etwa 1,5 Milliarden Euro vor. Sie soll nach seinen Vorstellungen im vierten Quartal umgesetzt werden. Unterstützt wurde Neumann bei der Präsentation von Beratern der Banken Goldman Sachs Citigroup und Deutsche Bank.

Die Schaeffler-Gruppe ist mit Maria-Elisabeth Schaeffler, ihrem Sohn Georg, Geschäftsführer Jürgen Geißinger, Finanzvorstand Klaus Rosenfeld und dem Anwalt Rolf Koerfer im Conti-Aufsichtsrat vertreten. In Finanzkreisen hatte es zuletzt geheißen, die Familie, die 90 Prozent der Conti-Aktien kontrolliert, lehne eine Kapitalerhöhung zwar nicht grundsätzlich ab, fühle sich aber von Neumann brüskiert und wolle keine Festlegung auf eine Erhöhung.

An der Kapitalerhöhung hatte sich in den Tagen vor der Sitzung heftiger Streit entzündet. Neumann hatte intensiv Stimmung für eine Kapitalerhöhung gemacht und zugleich Schaeffler kritisiert. Er argumentierte, ein solcher Schritt sei Voraussetzung dafür, mit den Banken in Verhandlungen über eine Umschuldung zu treten. Im ersten Halbjahr hatte Conti die Schulden zwar um etwa eine Milliarde Euro auf 9,75 Milliarden Euro gesenkt. Doch im kommenden Jahr müssen 3,5 Milliarden Euro zurückgezahlt werden, und ein weiterer Schuldenabbau gilt angesichts des schwachen Geschäfts als unwahrscheinlich. Auch ein Teil der 50 Gläubigerbanken Contis drängt daher auf eine Kapitalerhöhung.

Bei der Präsentation des Halbjahresberichts am Morgen hatte Neumann Zuversicht verbreitet. Im ersten Halbjahr ist der Konzernumsatz von 13,3 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum auf 9,1 Milliarden Euro geschrumpft; der Verlust betrug 126 Millionen Euro. Das zweite Halbjahr solle jedoch eine Belebung der Geschäfte bringen, sagte Neumann.

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