Nach der Einigung bei Continental:Fahrt ins Ungewisse

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Conti ist gut für Schaeffler, und Schaeffler ist gut für Conti. Warum?

Michael Kuntz

Früher haben die Autohersteller möglichst viel selbst produziert. Da wurde dann für das Armaturenbrett nur noch der Tacho von VDO zugekauft. Heute entfallen lediglich 20 Prozent der Wertschöpfung beim Auto auf dessen Hersteller. Der entwickelt das Design, die Technik und steuert die Fertigung. Doch das Meiste lässt er Zulieferer beisteuern. Hier kann Größe hilfreich sein.

Dieses System beherrscht besonders gut Porsche, wo man gern vorhandene, aber nicht ausgelastete Anlagen in fremden Werken nutzt, so bei Valmet in Finnland, und sich selbst aufs Geldverdienen konzentriert. Mit knapp 20 Prozent Rendite im Fahrzeugbau sind die Zuffenhausener Weltmeister in dieser Disziplin. Perfektioniert hat den Autobau durch Dritte VW Nutzfahrzeuge in seinem brasilianischen Lkw-Werk. Dort gibt es nur noch 500 VW-Mitarbeiter. Wie kaum irgendwo sonst dürfen hier die Zulieferer ran ans Fließband. Sie dürfen nicht nur, sie müssen es auch.

Früher an Entwicklung beteiligt

Früher genügte für die Schaefflers und Contis dieser Welt, wenn sie Volkswagen, Daimler oder BMW in ferne Länder folgten und brav Fabriken hinstellten, wo es Autowerke gibt. Allein VW hat davon mittlerweile fast fünfzig in aller Welt. Heute jedoch muss nicht nur zur rechten Zeit geliefert, sondern oft auch montiert werden. Es geht nicht mehr um Tachos, sondern um komplette Armaturenbretter. Vor allem aber beteiligen die Autohersteller ihre Zulieferer bereits viel früher an der Entwicklung von neuen Fahrzeugen - und Technologien. Nur durch das Anbieten ständig neuer Systeme etwa zur Stabilisierung des Autos beim Fahren können sich die Großen der Zulieferbranche wie Bosch, Conti oder Schaeffler abheben von der Masse.

Gern nimmt die Autoindustrie ihre abliefernden Geschäftspartner auch bei der Erforschung von Antrieben mit ins Boot, obwohl noch völlig unklar ist, wann damit etwas zu verdienen ist. Das wird schnell sehr teuer. Die Zulieferer stecken viel Geld in solche Projekte, ohne zu wissen, ob zum Beispiel Autos künftig mit Wasserstoff oder Elektrizität betrieben werden. Das hängt nicht nur vom technischen Fortschritt oder den Vorlieben der Kundschaft ab. Politische Weichenstellungen spielen ebenfalls eine Rolle, die man nicht unterschätzen sollte.

Es wird große Gewinner geben und große Verlierer. Der neue Zulieferer Schaeffler & Conti muss sich also mit Blick auf die weltweiten Absatzmärkte und die verschiedenen Technologien breitgefächert aufstellen, wenn er bestehen will. Wälzlager von Schaeffler gehen dabei eine Symbiose ein mit Elektronik von Conti. Das geschieht mit einer Familie als Investor, die vorführt: Erfolg in der Autoindustrie lässt sich schlecht mit kurzatmigem Quartalsdenken erreichen.

© SZ vom 22.08.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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