Nach den Schelsky-Vorwürfen:"Absolut falsch"

Der frühere AUB-Vorsitzende Schelsky hatte im Interview mit der SZ harte Kritik geübt - doch Justiz, Siemens und frühere Kollegen widersprechen.

Klaus Ott und Uwe Ritzer

Die Entgegnung fiel kurz und deutlich aus. Als "absolut falsch" wies ein Sprecher der Nürnberger Justiz am Montag die Darstellung von Wilhelm Schelsky zurück, er sei ein "Justiz- und Racheopfer".

Nach den Schelsky-Vorwürfen: Ist Wilhelm Schelsky ein "Justiz- und Racheopfer"? Das ist "absolut falsch", sagt ein Justiz-Sprecher

Ist Wilhelm Schelsky ein "Justiz- und Racheopfer"? Das ist "absolut falsch", sagt ein Justiz-Sprecher

(Foto: Foto: dpa)

Zu viereinhalb Jahren Haft hat kürzlich das Landgericht Nürnberg-Fürth den früheren Vorsitzenden der bis 2006 heimlich von Siemens finanzierten Betriebsräteorganisation AUB verurteilt wegen Steuerhinterziehung, Beihilfe zur Untreue und Betrug.

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung warf Schelsky nun der Staatsanwaltschaft und dem Gericht vor, voreingenommen gegen ihn vorgegangen zu sein. Der Anstoß für die Ermittlungen sei vom heutigen Personalchef von Siemens-Deutschland gekommen, Walter Huber, der mit ihm eine Rechnung offen gehabt habe, sagte Schelsky.

Konzern vertraut Huber

Das stimme nicht, widersprach der Sprecher der Nürnberger Justiz. Huber sei nicht Urheber der AUB-Ermittlungen gewesen. Und Siemens nimmt seinen

Personal-Manager Huber in Schutz, auch gegen Schelskys Behauptung, Huber habe "alles gewusst". Siemens erklärte, die Ergebnisse der internen Untersuchungen zur AUB-Affäre "lassen keinerlei Fehlverhalten von Huber erkennen". Der Personal-Manager habe vielmehr "aktiv an der Aufklärung der AUB-Vorgänge mitgewirkt" und genieße das volle Vertrauen des Unternehmens.

Schelsky sitzt seit 22 Monaten in Untersuchungshaft. Er hofft, dass der Bundesgerichtshof das Nürnberger Urteil gegen ihn aufhebt. Viele Vorstände bei Siemens und wichtige Kollegen in der AUB hätten von der Finanzierung der Betriebsräte-Organisation durch den Konzern gewusst, sagte Schelsky bei dem SZ-Interview im Nürnberger Gefängnis. Er nannte unter anderem Klaus Armbrüster, einst AUB-Vorstandsmitglied und von 1991 bis März 2008 Richter am Bundesarbeitsgericht.

Niemand habe ihn gewarnt, dass die Zuwendungen von Siemens gegen das Neutralitätsgebot im Betriebsverfassungsgesetz verstoßen könnten, auch Armbrüster nicht, äußerte der frühere AUB-Chef.

Armbrüster widerspricht diesen Anschuldigungen. Der ehemalige Richter war nach eigenen Angaben im Jahr 1986 Mitgründer der AUB und gehörte danach mehrere Jahre dem Vorstand an. "Ich habe aber von keiner einzigen Zahlung von Siemens an Schelsky für die AUB gewusst", sagte Armbrüster. Er habe seinen Vorstandssitz niedergelegt und sei bereits 1995 aus der AUB ausgetreten, nachdem ihm Schelskys Tätigkeit "unüberschaubar erschien".

"Das mache ich nicht mit"

Als Beispiel nennt Armbrüster einen Vorgang aus dem Jahr 1993. Damals habe Schelsky bei einer Pressekonferenz in Leipzig erklärt, die AUB habe mehr als 10000 Mitglieder.

In Wirklichkeit seien es aber lediglich mehr als 1000 gewesen. "Das mache ich nicht mit, habe ich daraufhin zu Schelsky gesagt." Nach seiner Darstellung hat Armbrüster auch nicht "Hunderttausende Euro" bei AUB-Seminaren verdient, wie von Schelsky behauptet.

Der ehemalige Richter sagte, er habe für die Betriebsräte-Organisation "im Wesentlichen Europa-Seminare" abgehalten, die Honorare seien "sehr überschaubar" gewesen. Daneben sei er auch bei Siemens-Seminaren als Referent aufgetreten, etwa zum Betriebsverfassungsrecht.

Das habe aber nichts mit Schelsky oder der AUB zu tun gehabt. Nach seinem Austritt aus der Betriebsräte-Organisation habe er keinen Kontakt mehr zur AUB gehabt. Schelskys Vorwürfe seien "wahrheitswidrig", sagt Armbrüster.

Ein anderer von Schelsky genannter früherer AUB-Referent, der Arbeitsrechtsexperte Horst-Udo Niedenhoff, hat nach seiner Darstellung nichts von der systematischen Finanzierung der Betriebsräteorganisation durch Siemens gewusst.

Er habe für seine Tätigkeit bei AUB-Seminaren Honorare bekommen, das sei nicht anrüchig. Ein Sprecher der AUB nannte Schelskys Aussagen "in höchstem Maße unfair". Dass Schelsky früheren AUB-Referenten jetzt deren Honorare vorhalte, sei nicht in Ordnung.

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