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Nach dem Tod von Adolf Merckle:Ein Treuhänder soll es richten

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Familienunternehmen ade: Nach dem Selbstmord von Adolf Merckle wollen die Banken einen Treuhänder einsetzen, Merckles Söhne und sein Freund Bernd Scheifele verlieren Macht.

Nach dem Tod des Selfmade-Milliardärs Adolf Merckle haben die Gläubigerbanken das Sagen für die etwa 100.000 Beschäftigten seines Konglomerats übernommen - und sie handelten rasch. Am Mittwoch, zwei Tage nach Merckles Freitod, gab die Vermögensverwaltung VEM bekannt, dass die schwäbische Familie im eigenen Haus wohl bald nichts mehr zu sagen hat. Neben dem Verkauf der Pharmafirma Ratiopharm kündigte die VEM auch die Entmachtung von Adolfs ältestem Sohn Ludwig an.

"Teil der Vereinbarung mit den Banken ist auch, dass Ludwig Merckle seine Tätigkeit in der Geschäftsführung der VEM nicht weiter fortführen wird", teilte die Vermögensverwaltung mit. Adolf Merckle hatte zuvor zusammen mit Sohn Ludwig und der Ratiopharm-Finanzchefin Susanne Frieß als Geschäftsführer der VEM fungiert und für den Fortbestand seines Imperiums gekämpft. Anstelle der Familie oder ihrer Vertrauten wollen die Banken nun einen Treuhänder einsetzen, kündigte VEM an.

Dieser soll das komplizierte Firmengeflecht wohl filetieren und Einzelteile gewinnbringend verkaufen. Mit dem noch unbekannten Treuhänder und der geplanten Zerschlagung dürften der enge Vertraute Merckles, Bernd Scheifele, und die beiden ältesten Söhne Ludwig und Philipp Daniel ihre Hoffnungen auf eine Zukunft an der Firmenspitze endgültig aufgeben.

Sohn zunächst als Nachfolger aufgebaut

Dabei hatte Adolf Merckle seinen Sohn Ludwig zuletzt zum Nachfolger aufgebaut: Der 43-jährige Wirtschaftsinformatiker trägt den Namen seines Großvaters. Des Mannes also, der nach dem Zweiten Weltkrieg nach Blaubeuren floh und dort den Grundstein für das Merckle-Imperium neu legte. Als Geschäftsführer der VEM kam Ludwig in den vergangenen Monaten eine Schlüsselrolle im Überlebenskampf der Merckle-Gruppe zu. Trotz seiner Entmachtung bewahrte der junge Merckle am Mittwoch die Haltung: "Wir sind sehr froh, eine Lösung gefunden zu haben."

Auch ein anderer dürfte über den geplanten Verkauf auf Raten enttäuscht sein: Bernd Scheifele gilt als Ziehsohn Merckles. Der 50 Jahre alte Chef von Heidelcement ist ein Mann der schnellen Entscheidungen. Man komme bei seinem Tempo kaum zum Atemholen, klagen selbst Mitarbeiter, die seine Geschwindigkeit seit längerem gewohnt sind. Bevor Scheifele 2005 den Vorstandsposten bei dem Baustoffhändler übernahm, formte er 1994 aus fünf Pharmagroßhändlern die Phoenix AG, nun mit Abstand deutscher Branchenführer.

Mit der Übernahme des britischen Konkurrenten Hanson landete der in Freiburg geborene Industriemanager vor eineinhalb Jahren seinen größten Coup. "Fachliche Qualitäten zählen für mich weit weniger als charakterliche. Einarbeiten kann man sich überall”, sagte Merckle damals, der die Karriere Scheifeles beförderte, seit er ihn als Partner bei der Stuttgarter Wirtschaftskanzlei Gleiss Lutz kennengelernt und in die Welt des Unternehmensmanagements eingeführt hatte. Scheifele ist verheiratet und hat vier Kinder.

Schon vor längerem entzweit hatten sich Adolf Merckle und sein zweiter Sohn Philipp Daniel, 42. Im Herbst 2005 hatte der Senior seinen Sohn an die Spitze der Generika-Firma Ratiopharm gesetzt. Doch der studierte Pharmazeut blieb dort eher glücklos und verzettelte sich mit einer Ethik-Kampagne, anstatt die Ergebnisse und die schlechte Stimmung zu verbessern. Nach zweieinhalb Jahren übte der Vater dann wieder Druck aus und bewegte seinen Sohn zum Abtritt. Spätestens da erhielt die Beziehung tiefe Risse.

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SZ vom 08.01.2009/läs/rdl/slb//mel
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