Süddeutsche Zeitung

Nach dem Referendum:Keine Basis mehr für Zusammenarbeit

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Das Syriza-Lager jubelt. Doch in Athen wird man schnell merken, wie düster es um das Land steht.

Kommentar von Stefan Kornelius

Griechenland und besonders seine amtierende Regierung erleben die Umkehrung eines eigentlich tröstlich angelegten Kalenderspruchs. Für das Land heißt es nun: Immer wenn Du meinst es geht nicht mehr, kommt ein neues Problem daher. Nein, ein Lichtlein der Hoffnung ist für Griechenland nicht zu sehen, auch wenn sie am Abend der Volksabstimmung jubeln im Syriza-Lager. Es ist allerhöchstens das Licht der Verblendung, das so grell strahlt. In wenigen Tagen wird man in Athen merken, wie düster es um das Land steht.

Das schrille ideologische Geschrei von Ministerpräsident Alexis Tsipras hat das Land in einen Siegestaumel geworfen. Aber was eigentlich feiert die Mehrheit da? Sie hat Forderungen mit einem Referendum verknüpft, die keiner erfüllen kann. Sie hat sich in einen Rausch von Nationalismus und Stärke hineingesteigert, der nur noch eine Steigerung kennen kann: Hass, Zorn, vielleicht gar Gewalt. Sie hat einen Popanz aufgebaut: Wer sich bockig verweigert, der wird am Ende Gehör und Respekt finden.

Es braucht nicht viel Abstand für das nüchterne Urteil: Mit dieser Regierung ist Griechenland an das Ende seines Weges im Euro angekommen. Nach einer unerträglichen Kampagne auf Kosten von 18 europäischen Staaten, nach Schimpfkanonaden über Terroristen und Unterdrücker, nach Beleidigungen und grellen Verdrehungen gibt es keine Basis mehr für eine Zusammenarbeit in der Eurozone mit Griechenland.

Schon aus Selbstschutz muss diese restliche Eurozone aus 18 Staaten Griechenland nun die Tür weisen. Tut sie es nicht, dann fördert sie Extremismus und Spaltungskräfte in ihren eigenen Reihen. Ministerpräsident Tsipras wollte ein Referendum über die Regeln in diesem Währungsverbund. Er hat für die Ablehnung dieser Regeln gekämpft, und er hat eine Mehrheit gewonnen. Nun muss er die Konsequenzen ziehen.

Nicht die übrige Eurozone wird sich den Regelungswünschen Griechenlands beugen - es ist Griechenland, das nun mit seinen eigenen Regeln zurechtkommen muss. Tsipras wird in Europa keine Revolution auslösen. Es reicht, dass er immensen volkswirtschaftlichen und politischen Schaden angerichtet hat.

Gibt es eine Pflicht zur stillen Duldung dieser politischen Exzesse? Gäbe es gar so etwas wie politische Vernunft, die nun zur nochmaligen Zusammenarbeit zu den Bedingungen von Tsipras mahnt? Viele exzellente Argumente haben in den vergangenen Monaten dafür gesprochen, Griechenland mit allen Mitteln in der Eurozone zu behalten. Die Gläubiger haben alle politischen Möglichkeiten gedehnt, um der Wahrnehmung in Athen entgegenzukommen. Nun ist aber der Moment erreicht, wo neue Verhandlungen und neue Angebote zu einer massiven Selbstschädigung führen würden. Das Reservoir ist erschöpft.

In Athen mögen sie feiern. Viele in Griechenland wissen bereits, dass da ein Pyrrhussieg errungen wurde. Alexis Tsipras ist ein würdiger Nachfolger von Pyrrhos I., dem König der Molosser.

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