Nach Corona:Platz da

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Leere Sitze im ICE 602 von München nach Hamburg: Derzeit liegt die Auslastung nur bei 30 bis 35 Prozent. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Eine Frage, eine Anwort: Haben Reisende in der Deutschen Bahn genügend Abstand?

Von Markus Balser

Wer derzeit mit dem Zug reist, kennt diese Fragen: Wird es voll? Lassen sich die AHA-Regeln in Sachen Corona-Schutz an Bord des nächsten ICEs wirklich einhalten? Gibt es genug Abstand? Ja, findet die Bahn. Die Züge seien leer, der Abstand zwischen den Reisenden schon ohne Extra-Regelung ausreichend groß, erklären Top-Manager unisono.

Zweifel hatte daran allerdings der Eigentümer der Bahn angemeldet, die Bundesregierung. Das Bundesinnenministerium führte für Mitarbeiter von Obersten Bundesbehörden, darunter alle Ministerien, vergangene Woche eine Zweitplatzregelung ein, um Mindestabstände zu Mitreisenden zu garantieren. Erst nach heftigen Diskussionen in der Öffentlichkeit setzte das Ministerium von Horst Seehofer (CSU) die Regelung am Freitag aus, nach der Beamten ein leerer, zweiter Platz gezahlt werden sollte. Viele Ministerien hatten ohnehin angekündigt, die umstrittene Regelung nicht anwenden zu wollen. Offen war auch, ob sie sich überhaupt durchsetzen lässt. Denn leere Plätze werden nach den Reisebedingungen der Bahn nach 15 Minuten neu vergeben.

Vom Tisch ist die Diskussion um den Abstand in Fernzügen damit aber noch nicht. Es finde nun in der Bundesregierung eine Debatte darüber statt, ob man Abstandsvorschriften in Verkehrsmitteln neu regeln solle, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Zuletzt wurden Forderungen aus Landesregierungen laut, für mehr Abstand in Fernzügen für alle Passagiere zu sorgen, etwa Sitze zu sperren. Für den Nahverkehr erscheint das den Landesverkehrsministern allerdings nicht möglich. Vor der nächsten Bund-Länder-Schalte am Mittwoch fand eine solche Regelung keine Mehrheit.

Offen ist allerdings noch, ob es einen neuen Vorstoß geben wird, die Vergabe von Plätzen im Fernverkehr der Bahn oder in Flugzeugen in Zeiten hoher Infektionszahlen neu zu regeln. Dagegen spricht aus Sicht der Bahn, dass die Auslastung der Züge ohnehin nur bei 30 bis 35 Prozent liegt. Mit den Lockerungen im Sommer war die Nachfrage der Kunden zwar zunächst gestiegen und lag vorübergehend bei 75 Prozent des vor der Corona-Pandemie üblichen Niveaus. Mit den neuerlichen Reisebeschränkungen Anfang November ging die Auslastung jedoch wieder deutlich zurück. Allerdings lässt sich der eigentlich empfohlene Mindestabstand von 1,5 Metern nach interner Einschätzung der Bahn nur einhalten, wenn nur 25 Prozent der Plätze belegt sind. Die Bahn hat zwar ihre Auslastungsanzeige im Netz für Züge verbessert und zeigt an, wenn man nicht mehr einsteigen sollte. Wer will oder muss, kommt dennoch an Bord.

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