Nach Abgasaffäre:VW: Wir haben nicht manipuliert

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Aus der Vogelperspektive: Einblick in das VW-Lager in Wolfsburg (Foto: Bloomberg)

Der Volkswagen-Konzern will in Europa plötzlich nichts mehr falsch gemacht haben. Die Abgas-Software entspreche EU-Recht.

Von Claus Hulverscheidt, Klaus Ott und Katja Riedel

VW will in der Abgasaffäre mit einer neuen, überraschenden Strategie Schadenersatzzahlungen an Millionen Kunden in Deutschland und Europa entgehen. Der Konzern behauptet, man habe in der EU den Schadstoffausstoß von Diesel-Pkw gar nicht manipuliert und keine Vorschriften verletzt. Während VW also Gesetzesverstöße in der EU abstreitet, hat der Konzern in den USA Manipulationen zugegeben und zahlt dort mehr als 16,5 Milliarden Dollar an Schadenersatz und Strafen.

VW erklärte auf Anfrage von SZ, NDR und WDR, die in den betreffenden Fahrzeugen eingebaute Software stelle nach Ansicht des Konzerns "keine unzulässige Abschalteinrichtung nach europäischem Recht dar." Abschalteinrichtung bedeutet, dass die Abgas-Reinigung nach der offiziellen Messung auf dem Prüfstand weitgehend ausgeschaltet wird, was zu einem zigfach höheren Schadstoffausstoß auf der Straße führt. So gingen bisher viele Hersteller vor, um die Kosten für den Betrieb ihrer Pkw zu senken. Allerdings tat dies kaum ein Konzern so vehement wie Volkswagen.

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Umrüstung sei lediglich im "besonderen Interesse der Kunden"

2015 waren die Praktiken von VW in den USA aufgeflogen. Anders als dort will der Konzern in Europa aber weder Schadenersatz noch Strafen zahlen, obwohl das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als zuständige Zulassungsbehörde gegen ihn vorgeht. Das KBA verlangt von VW, 2,4 Millionen Fahrzeuge in Deutschland so umzurüsten, dass der Stickoxid-Ausstoß deutlich sinkt. Der Autobauer hat damit schon begonnen, hält den Bescheid des KBA aber für juristisch falsch und hat dies nach Angaben aus Konzernkreisen auch zu Protokoll gegeben.

Dass VW trotzdem die Autos umrüstet, erklärt das Unternehmen so: Man wolle im "besonderen Interesse der Kunden" mit den Behörden zusammenarbeiten. Schadenersatzklagen von Kunden widerspricht man freilich energisch. Man habe die Vorhaben für die gesetzlich vorgeschriebenen Schadstoff-Messungen erfüllt - auf dem Prüfstand, heißt es in VW-Schriftsätzen bei Gericht. "Von einer Manipulation lässt sich deshalb nicht sprechen."

Aus VW-Sicht ist Stickoxid nicht einmal sonderlich gefährlich

Volkswagen bestreitet sogar, dass die Stickoxid-Emissionen von Diesel-Pkw gesundheitsschädlich seien, was aus Sicht des Umweltbundesamtes erwiesen ist. "Eine seriöse Ermittlung von Krankheitszahlen oder sogar Todesfällen für bestimmte Bevölkerungsgruppen ist nach unserem Kenntnisstand aus wissenschaftlicher Sicht nicht möglich", erklärte das Unternehmen.

In den USA hingegen gibt sich der Konzern weiter kleinlaut. Man arbeite "rund um die Uhr", um die berechtigten Ansprüche der Kunden zu befriedigen, sagte VW-Anwältin Sharon Nelles bei einem Gerichtstermin in San Francisco. Von den betroffenen 490 000 Eigentümern eines 2,0-Liter-Modells hätten sich bereits 370 000 für die Teilnahme am vereinbarten Milliardenvergleich registriert. Richter Charles Breyer setzte den Streitparteien eine Frist bis zum 30. November, um auch für die 80 000 Besitzer von Fahrzeugen mit 3,0-Liter-Motor zu einem Vergleichsvorschlag zu kommen. Nach allem, was er wisse, seien die Gespräche auf gutem Weg, sagte Breyer. Der zweite US-Vergleich könnte VW nochmals Milliarden kosten.

© SZ vom 04.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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