Es hätte ein symbolischer Tag sein können. Die Smartphonebank N26 hatte sich vor einigen Wochen 900 Millionen Dollar gesichert und war damit neun Milliarden Dollar wert, mehr als die Commerzbank, eine der nach wie vor wichtigsten Banken Deutschlands. Das Ganze hätte für den massiven Umbruch im Bankensektor stehen können: Alt gegen neu, Gründungsjahr 1870 gegen Gründungsjahr 2013, ein Konzern mit Altlasten gegen ein agiles junges Start-up mit Digitalkompetenz. Die Vergangenheit gegen die Zukunftshoffnung. Nur wird jetzt immer deutlicher, dass das Image des Überfliegers des deutschen Bankensektors so nicht mehr tragbar ist und dass bei dem Fintech aus lang gehegten Hoffnungen zunehmend Probleme werden.
Eine dieser Hoffnungen war die Eroberung der USA. Das Land hat mit seinen 300 Millionen Einwohnern einen der wichtigsten und größten Bankmärkte der Welt. Daraus wird nun aber nichts. N26 verlässt den Markt nach nur zwei Jahren. Die 500 000 Konten in Übersee schließt sie, das Geld müssen die Leute sich auszahlen lassen. Offiziell begründet N26 diese Entscheidung damit, dass man sich lieber auf Europa fokussieren und hier dominieren wolle. USA? Nicht so wichtig, das ist der Tenor.
Tatsächlich aber ist das Scheitern in den USA für die 2013 gegründete Smartphone-Bank ein herber Rückschlag. Mit viel Tamtam und großer Werbeoffensive war man vor zwei Jahren dort gestartet. Für den Markt, so hieß es damals, habe man sich entschieden, weil das Kundeninteresse so groß war. Und tatsächlich konnte N26 zu Beginn viele neue Kunden gewinnen. Allein in den ersten fünf Monaten sollen es nach Unternehmensangaben 250 000 gewesen sein.
Doch bevor es so richtig losging, kamen die Probleme. Der damalige US-Chef Nicolas Kopp verließ das Fintech nach nur einem Jahr, um selbst ein Start-up zu gründen. Das dämpfte das Wachstum. Nach einem guten Start verzeichnete man anderthalb Jahre später nur insgesamt 500 000 Kunden in den USA. Es gelang so nicht, sich auf dem hart umkämpften Markt durchzusetzen.
Ärgerlich für die Gründer Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf: Es ist bereits die zweite gescheiterte Expansion in kurzer Zeit. Bereits im vergangenen Jahr zog sich N26 aus Großbritannien zurück, das sie vorher ebenfalls vehement erobern wollten. Angeblich hatte das Unternehmen aus Berlin einen zweistelligen Millionenbetrag in den Markteintritt investiert. Als Grund für den Rückzug nannte N26 damals den Brexit.
Bei den gescheiteren Expansionsplänen hören die Problem aber nicht auf. N26 muss sich seit einigen Monaten mit der Finanzaufsicht Bafin herumschlagen. Die Aufsicht hatte seit 2019 mehrmals angemahnt, dass N26 gerade bei der Geldwäsche nachbessern muss. Als die Bank dem nur unzureichend nachkam, verlor die Bafin die Geduld und brummte dem Fintech eine Millionenstrafe auf. Dazu beschränkte sie das Wachstum des Start-ups. Maximal 50 000 Neukunden pro Monat darf die Bank in Europa aufnehmen. Das solle der "Beseitigung von Mängeln insbesondere im Risikomanagement" dienen. Bereits im Mai hatte die Aufsicht zudem einen Sonderbeauftragten für Geldwäscheprävention ins Haus entsandt, eine Maßnahme, die nur selten ergriffen wird.
Trotz solch harter Vorgaben führt für N26 überhaupt kein Weg an weiterem Wachstum vorbei, wenn das Unternehmen der Milliardenbewertung irgendwie gerecht werden wollte. Entsprechend wollen die Gründer Stalf und Tayenthal nach den zwei verpatzten Expansionen weiter in neue Märkte gehen. Osteuropa stehe auf dem Plan und Brasilien. Das südamerikanische Land hat mehr als 200 Millionen Einwohner, von denen viele ein Smartphone, aber nur vergleichsweise wenige ein Bankkonto haben.