Süddeutsche Zeitung

Digitalbank:Bei N26 häufen sich die Probleme

  • Einem Kunden der Bank N26 wurden 80 000 Euro von seinem Bankkonto gestohlen.
  • Der Kundendienst war nicht erreichbar - und das Geld wurde ihm erst Wochen später von N26 erstattet.
  • Seit einiger Zeit häufen sich Beschwerden über N26: Der Service sei schlecht, die Erreichbarkeit miserabel.

Von Nils Wischmeyer, Köln

Plötzlich ist das Geld weg, und niemand hilft: Dieses Horrorszenario musste Axel Seitz durchleben, wie er dem Portal Gründerszene schilderte. Dem Bericht zufolge wollte Seitz nur kurz auf sein Konto bei der Smartphone-Bank N26 schauen, das plötzlich gesperrt war. Sofort habe er versucht, bei N26 jemanden zu erreichen, doch erfolglos. Der Telefonservice wurde eingestellt, automatische Mails vertrösteten ihn. Das wahre Ausmaß des Problems kannte er da noch nicht.

Erst zwei volle Wochen später habe er jemanden im Online-Chat erreichen können, sein Problem erklärt und gefragt, wie hoch sein Kontostand sei. Zuletzt seien auf seinem Konto 80 000 Euro gewesen. Ein Screenshot zeigt die Antwort des Kundendienstes: "In deinem Konto ist z.Z nicht mal mehr als 30 Euro übrig, sorry." Das Geld war weg, offenbar gestohlen. Seitz, der als Online-Händler arbeitet, erzählte Gründerszene, dass er Rechnungen nicht zahlen konnte. Kommunikation von Seiten der Digitalbank? Fehlanzeige. Erst Wochen später hat N26 das Geld erstattet.

Der Fall wirft erneut ein schlechtes Licht auf das deutsche Vorzeige-Start-up der Gründer Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf. Seit einiger Zeit häufen sich Beschwerden über die Digitalbank, die Bewertungen auf Vergleichsportalen sind eindeutig: Der Service sei schlecht, die Erreichbarkeit miserabel.

Dabei lief lange Zeit vieles glatt für Stalf und Tayenthal. Die beiden gründeten N26 im Jahr 2013. Die Digitalbank funktioniert hauptsächlich über das Smartphone. Nur anfangs wurde der Neuling von den großen Akteuren in der Bankenbranche belächelt. N26 wuchs schnell, lockte Kunden und viel Investorengeld. In kürzester Zeit wurde N26 sogar zu einem sogenannten Einhorn. So nennt man Start-ups, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind - und N26, so schätzen Experten zurzeit, ist sogar 2,3 Milliarden Euro wert. Die simple Erfolgsformel dahinter: Wachstum, Wachstum, Wachstum. Und dazu noch Kosten sparen. Seit Jahren expandiert das Start-up mit Sitz in Berlin in Ländern in ganz Europa, noch in diesem Jahr will es in die USA gehen. Das Geld dafür haben die Gründer gerade erst eingesammelt. Gleichzeitig versucht die Bank, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, verzichtet weiterhin auf Filialen und hat vergleichsweise wenige Mitarbeiter.

Doch während die Gründer Stalf und Tayenthal Land um Land erschließen, gibt es im täglichen Geschäft zunehmend Probleme. Darunter leidet teilweise sogar die Sicherheit. Immer wieder ist die Bank Opfer von Pishing-Attacken, bei denen sich Betrüger die Kundendaten über falsche Webseiten und Mails besorgen. Über das Online-Auktionshaus Ebay zockten Betrüger Anfang des Jahres mit gefälschten Identitäten Käufer ab, auch damals teilweise mit N26-Konten. In Portugal konnten Tester mit gefälschten Dokumenten ein Bankkonto bei der Digitalbank eröffnen. Das Schlimme daran ist nicht, dass es Attacken und andere Probleme gibt. Das gehört zum Bankgeschäft dazu. Doch die Prozesse, die dann in Gang kommen sollten, versagen bei N26 immer wieder.

Das größte Problem bei N26 ist wohl der Kundenservice. Telefonisch erreicht man die Bank gar nicht mehr, der Service-Chat ist nicht rund um die Uhr besetzt. Zwar können Kunden in dringen Fällen um einen Rückruf bitten, doch das klappt auch nicht immer. Nach den Problemen gefragt, heißt es bei N26, dass man den Service kontinuierlich ausbaue. Bereits heute würden 400 der rund 800 Mitarbeiter im Kundenservice arbeiten. Künftig sollen es mehr werden.

Gründer Stalf und Tayenthal verfolgen weiterhin ehrgeizige Ziele. Die Zahl der Kunden soll von derzeit 1,5 Millionen bis 2020 auf fünf Millionen steigen. Bleibt für all die neuen Kunden nur zu hoffen, dass der Service in diesem Tempo mitwachsen kann.

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Quelle:
SZ vom 29.03.2019/vit
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