Gewinneinbruch bei TeslaMusk möchte „signifikant weniger“ für die US-Regierung tätig sein

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Elon Musk nebst Sohn X Æ A-Xii und US-Präsident Donald Trump im Oval Office – dieses Bild dürfte man nun etwas seltener sehen.
Elon Musk nebst Sohn X Æ A-Xii und US-Präsident Donald Trump im Oval Office – dieses Bild dürfte man nun etwas seltener sehen. (Foto: Jim Watson/AFP)

Die verheerenden Quartalszahlen von Tesla sind letztlich ein Notruf an Elon Musk: Der Konzern braucht seinen Visionär und Vermarkter – und zwar in Vollzeit.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Am Dienstagnachmittag, 16.49 Uhr Ortszeit im texanischen Austin, da passierte etwas, von dem man nicht glaubte, dass es noch einmal passieren würde in den Vereinigten Staaten: Leute auf beiden Seiten des politischen Spektrums waren sich einig, dass es nun an der Zeit für ein kollektives, erleichtertes Ausatmen ist. Der Mensch, der dieses Ausatmen ausgelöst hat, ist Elon Musk – und zwar mit der Ankündigung, seine Arbeitszeit als Berater von US-Präsident Donald Trump „signifikant reduzieren“ zu wollen. „Einen oder zwei Tage pro Woche“ wolle er künftig nur noch tätig sein für das Department of Government Efficiency, kurz Doge, also die Abteilung für Regierungseffizienz, sagte Musk und schob dann hinterher: „Solange der Präsident möchte, dass ich das tue.“ Er werde von Mai an wieder deutlich mehr Zeit für Tesla aufwenden.

Das Aufatmen begann bei den Investoren. Sie reagierten gelassen auf die verheerenden Quartalszahlen – im Vergleich zum ersten Vierteljahr 2024 ein Umsatzminus von neun Prozent und ein Gewinneinbruch von 71 Prozent – und ließen die Aktie auf ähnlichem Niveau wie zu Handelsbeginn. In den zwei Stunden nach Musks Statement zog das Papier um mehr als sechs Prozent an. Die Zahlen waren letztlich ein Notruf: Tesla an Elon, hier muss sich was tun, und zwar dringend.

„Musk muss aufhören, für die Regierung zu arbeiten, und wieder in Vollzeit als Tesla-Chef tätig sein“, hatte Dan Ives, Analyst bei der Investmentgesellschaft Wedbush Securities, am Vormittag gefordert und sogar „Alarmstufe Rot“ für die Firma ausgerufen. Am Himmel von Austin war eine andere Botschaft zu sehen, als Banner hinter einem Flugzeug: „Save Tesla, fire Musk“; rettet Tesla und werft Musk raus. Das ist letztlich das Dilemma des Konzerns: Tesla ist Musk. Wenn Musk aber weniger als 50 Prozent seiner Zeit für Tesla tätig ist und das Unternehmen Zahlen wie jene vom Dienstag liefert, wie viel seines Höchstwerts (488,54 Dollar kurz nach der Wahl von Trump) ist die Aktie dann noch wert? Antwort zwei Stunden nach Musks Statement: 250 Dollar, also ein bisschen mehr als die Hälfte vom Höchststand Mitte Dezember.

Als Leiter der Effizienzabteilung hatte Musk von Regierungsmitarbeitern gefordert, zur Sicherung ihres Jobs jede Woche eine E-Mail mit fünf Errungenschaften zu schicken; das Meme, das daraufhin von Musk fünf Errungenschaften für Tesla verlangte, wurde zu einem popkulturellen Phänomen – und schon zu Wochenbeginn hatte die Washington Post berichtet, dass die Proteste gegen ihn an Musk nagten. „Die Proteste, die man sieht, sind sehr koordiniert“, sagte er am Dienstag. Das Ausatmen war deshalb auch von allen zu vernehmen, die Musks Arbeit für die Trump-Regierung kritisch sehen; laut Rolling Stone gehören dazu auch Leute aus ebendieser Regierung.

Das Robotaxi als nächstes großes Ding

„Der Präsident spricht mit vielen Leuten. Ich biete meinen Rat und meine Prognosen an; er ist gewählt, er entscheidet“, sagte Musk nun. Das kann man vielseitig interpretieren, auch als: Was kann ich denn für diesen Zoll-Zickzack-Kurs? Musk sagte nämlich auch: „Ich bin Befürworter vorhersehbarer Zollstruktur, niedriger Zölle und freien Handels.“

Musk, 53, will also wieder mehr der sein, als der er berühmt wurde: als Visionär und Vermarkter von Tesla. Das ist dringend nötig, denn im Grunde muss man diese Frage beantworten: Was ist das eigentlich für ein Konzern?

Klar, ein E-Auto-Hersteller, doch gerade auf diesem Gebiet sind die Zahlen verheerend. Die Einnahmen aus dem reinen Autogeschäft nämlich sind um 20 Prozent auf 14 Milliarden Dollar gesunken, der Gewinn in diesem Bereich um zwei Drittel auf 399 Millionen Dollar. Seit Jahresbeginn hat die Tesla-Aktie 37 Prozent an Wert verloren.

Der chinesische Konkurrent BYD steht deutlich besser da. Er hat im vergangenen Geschäftsjahr 107 Milliarden Dollar umgesetzt, Tesla knapp 100; zudem gilt BYD im Bereich Autonomie als derzeit einen Schritt voraus. Das ist entscheidender Punkt. Denn obwohl Tesla noch immer 72 Prozent seines Umsatzes aus dem E-Auto-Absatz zieht, ist das Unternehmen nicht nur Autoverkäufer, sondern Wettbewerber auf dem Markt für autonomen Personentransport. Mittlerweile weiß jeder: Das wird irgendwann kommen, weil es am Ende sicherer und effizienter ist. Was aber keiner weiß: Wann es flächendeckend so weit ist, und welches Geschäftsmodell kurz-, mittel- und langfristig sinnvoll sein wird. Wenn Tesla also verkündet, „im Juni das Robotaxi-Pilotprojekt in Austin starten“ zu wollen, dürfte das erst einmal dem sehr ähnlich sein, was Fahrdienst-Vermittler Uber als Kooperation mit Alphabet-Tochter Waymo dort vorgestellt hat: Taxifahrten auf begrenztem Raum in selbstfahrenden Autos.

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Musks Vision: Selbst Tesla-Modelle, die Kunden heute kaufen, sollen irgendwann überall autonom unterwegs sein und als Robotaxi vermietet werden können, wenn man sie selbst nicht nutzt; von Tesla vermittelt, das generiert zusätzlichen Umsatz. Der Konzern würde dadurch Konkurrent von Uber und Lyft, die derzeit jeweils auf Kooperationen angewiesen sind. Von 2026 an soll ein Tesla-Robotaxi ohne Lenkrad und Pedale gefertigt werden.

Musk sieht sein Unternehmen als Marktführer. Seine Befürchtung sei, dass „auf Platz zwei bis zehn nur chinesische Unternehmen“ sein könnten – aber: „Tesla wird Nummer eins sein.“ Die Gründe dafür: die automatisierten Produktionsabläufe; Tesla sei „der Autobauer, der am besten vertikal integriert ist“. Wer mal in der Fabrik in Fremont gewesen ist, der weiß, dass sie das bereits vor zehn Jahren genau so geplant haben, und dass ihnen die Fortschritte im Bereich künstliche Intelligenz nun helfen. Was Musk am Dienstag noch prognostizierte: dass „bis zum Jahresende Tausende Optimus-Roboter in Tesla-Fabriken arbeiten werden“. Der Konzern hatte den humanoiden KI-Roboter im Herbst gemeinsam mit dem Robotaxi vorgestellt: „Wir glauben, dass wir Optimus schneller skalieren werden als jedes andere Produkt in der Geschichte, um so schnell wie möglich Millionen Einheiten pro Jahr zu produzieren.“

Zum Abschluss sagte Musk dann wieder seinen Lieblingssatz: „In einem Benziner ohne Selbstfahrfunktion zu sitzen, wird sein, als säße man mit einem Klapp-Handy in einer Kutsche.“ Spätestens da wurde klar, was Tesla wirklich ist – was es unter Musk immer gewesen ist: ein Versprechen auf die Zukunft. Wen interessieren da die Zahlen von heute? Gut möglich, dass Musk deshalb auch erleichtert ausgeatmet hat, als er die Reaktion der Anleger auf seine Ankündigung gesehen hat, künftig weniger für Trump arbeiten zu wollen.

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