Musikindustrie:Klingt nach viel Geld

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Vivendi verdient mit: Lady Gaga ist bei Universal unter Vertrag.

(Foto: Neilson Barnard/AFP)

Universal, das größte Musiklabel der Welt, soll in den Niederlanden an die Börse. Von dem geschickten Finanzgeschäft profitiert vor allem ein französischer Milliardär.

Von Leo Klimm, Paris

Ob Rock-Klassiker wie die Rolling Stones oder Bob Dylan gespielt werden, aktuelle Popstars wie Lady Gaga und Billie Eilish oder Rap-Größen wie Kanye West und Eminem - Vivendi verdient immer mit.

Jetzt will der Pariser Medienkonzern das Tochterunternehmen Universal, das größte Musiklabel der Welt, an die Börse bringen. Prompt schießt nach dieser Ankündigung der Kurs der Vivendi-Aktie am Montag in die Höhe, um mehr als 20 Prozent. Offensichtlich möchten viele an Universal beteiligt sein, wenn Vivendi demnächst die Aktien an seine Anteilseigner ausgibt.

Das einträgliche Finanzgeschäft rund um Universal trägt die Handschrift von Vivendi-Hauptaktionär Vincent Bolloré. Durch den geschickten An- und Verkauf von Firmen hat der sich vom Erben einer Zigarettenpapierfabrik in der Bretagne zum Multimilliardär aufgeschwungen. Nun nutzt er den Boom des Musikstreamings, um Universal abzuspalten, Vivendi umzubauen - und sein Vermögen weiter zu mehren.

Ein Konzern mit legendären Labels

Die Universal Music Group (UMG) mit Sitz im kalifornischen Santa Monica ist die wichtigste Beteiligung von Vivendi. Zu ihr zählen berühmte Musikverlage wie EMI, Deutsche Grammophon und die Abbey Road Studios. Zwei Drittel von Vivendis Gewinn kommen von Universal. Dem neuen Plan zufolge sollen vor Ende dieses Jahres 60 Prozent an UMG in Form einer Sonderdividende an die Vivendi-Aktionäre verteilt und das Unternehmen in Amsterdam an die Börse gebracht werden. Die erforderliche Zustimmung der Vivendi-Hauptversammlung im März ist Formsache.

Seit einigen Jahren suchten Vincent Bolloré und sein Sohn Yannick, der von ihm den Posten des Vivendi-Aufsichtsratschefs übernommen hat, den richtigen Zeitpunkt für die Abspaltung von Universal. Als der Konkurrent Warner Music im Juni 2020 erfolgreich an die Börse ging, war klar, dass das Marktumfeld stimmt. Die Bollorés und Vivendi-Vorstandschef Arnaud de Puyfontaine wollten aber außerdem sichergehen, dass Universal mit mindestens 30 Milliarden Euro bewertet wird. Diese Bedingung ist seit Kurzem erfüllt: Der chinesische Onlinegaming- und Internetkonzern Tencent hat von Vivendi schon vor dem Börsengang 20 Prozent der Universal-Aktien gekauft und dafür sechs Milliarden Euro bezahlt. Auf die Gesamtheit der Anteile hochgerechnet ist damit die gewünschte Bewertung von 30 Milliarden Euro erfüllt. Und die begeisterte Reaktion der Investoren am Montag lässt ahnen, dass Universal nach dem Börsengang noch mehr wert sein wird.

Bolloré profitiert - und behält die Macht

Die Bolloré-Familie profitiert doppelt: Sie ist künftig direkt an UMG beteiligt und weiterhin auch indirekt, weil Vivendi 20 Prozent der Universal-Aktien behält. Damit bewahrt sich der Bolloré-Clan im Zuge der hochgradig vermögenswirksamen Operation auch noch die Macht über das Musiklabel. Beide Aktienpakete zusammengenommen verleihen ihm eine Sperrminorität.

Patriarch Vincent Bolloré und die übrigen Vivendi-Aktionäre machen sich zunutze, dass sich mit Musik wieder gutes Geld verdienen lässt. Das war lange anders: Die Übernahme von Universal durch Vivendi vor zwanzig Jahren erschien erst als Flop. CDs verkauften sich nicht mehr, Raubkopier-Seiten wie Napster sabotierten das Geschäft zusätzlich. Inzwischen aber beherrschen legale Streamingdienste wie Spotify und Apple Music den digitalen Vertrieb - und von ihnen streicht Universal Lizenzgelder ein. In der Corona-Krise steigert das Label die Erlöse weiter, obwohl das Geschäft mit Musikfestivals entfällt. Das breite UMG-Sortiment, das von den Beatles bis zum neuen Topstar The Weeknd reicht, gibt zusätzlich Schub.

Ist Universal erst einmal an der Börse, wird Vivendi ein Sammelsurium an Beteiligungen bleiben, etwa am Videospielehersteller Gameloft, am französischen Bezahlsender Canal Plus, an der Werbeagentur Havas, an Buchverlagen. Folgt Firmenjäger Bolloré dann seinem bewährten Beuteschema, wird er den UMG-Verkaufserlös in geschwächten Unternehmen neu anlegen.

Seine jüngsten Investitionen zeugen davon, dass er an das klassische Mediengeschäft glaubt, das andere schon abgeschrieben haben. Gerade hat Vivendi dem deutschen Rivalen Bertelsmann den Zeitschriftenverlag Prisma abgekauft. Branchengerüchten zufolge könnte Vivendi von Bertelsmann zudem den französischen Fernsehsender M6 erwerben. Auch an Katalogen von Hollywood-Filmen wird Bolloré Interesse nachgesagt. Irgendwo muss das viele Geld ja hin.

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