Munich Economic Debates:„Resilienz für alle“

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Markus Brunnermeier ist Direktor am Bendheim Center for Finance der Universität Princeton. (Foto: Adena Stevens/Princeton University/Princeton University)

Princeton-Ökonom Markus Brunnermeier fordert mehr Vertrauen in die Anpassungsfähigkeit jedes Einzelnen – und eine neue Fehlerkultur.

Von Sebastian Strauß, München

Die deutsche Wirtschaft steht vor großen Veränderungen: Die Konjunktur stagniert und geopolitische Spannungen nehmen weltweit zu. Die bevorstehende Präsidentschaftswahl in den USA könnte sich entscheidend auf die Beziehungen zu einem der wichtigsten deutschen Handelspartner auswirken. Gleichzeitig entfernt sich Deutschland wirtschaftlich zunehmend von China.

Doch wie kann Deutschland unter diesen Voraussetzungen eine Wirtschaftswende gelingen? Antworten auf diese Frage gab am Montagabend der Princeton-Ökonom Markus Brunnermeier. Im Rahmen der Munich Economic Debates, veranstaltet vom Ifo-Institut und der Süddeutschen Zeitung, präsentierte er seine Thesen. Seine Botschaft: Die deutsche Wirtschaft muss ihre Denkweise ändern. Es benötige mehr Vertrauen in die Anpassungsfähigkeit jedes Einzelnen und eine neue Kultur, die Fehler zulässt.

Der gebürtige Landshuter Brunnermeier ist Direktor am Bendheim Center for Finance der Universität Princeton, USA, und gilt als einer der weltweit renommiertesten Makroökonomen. Seit Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema Resilienz, einem Konzept aus der Psychologie. Sein Buch „Die resiliente Gesellschaft: Wie wir künftige Krisen besser meistern können“ wurde 2021 mit dem Deutschen Wirtschaftsbuchpreis ausgezeichnet. Resilienz, so Brunnermeier, ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Eine resiliente Gesellschaft entsteht nicht nur durch flexible Bürger, sondern auch durch eine starke Gemeinschaft, die verhindert, dass Krisen sich verstärken.

Deutschland steht an einem Scheideweg

Angesichts der zunehmenden Herausforderungen stehe Deutschland vor einer entscheidenden Wahl, erklärte Brunnermeier in seinem Vortrag. Entweder hält die deutsche Wirtschaft an ihrem traditionellen Weg fest, der von der Bewahrung des Altbewährten und einer Strategie der Risikominimierung geprägt ist – oder sie schlägt einen neuen Kurs ein. Dieser neue Weg bedeute, Veränderungen zu akzeptieren, Risiken als Chancen zu sehen und mutig zu sein. Aber wie sieht dieser neue Weg konkret aus? Brunnermeier betont, dass Innovationen, Anreize zur Anpassung, Freiheit und Wettbewerb sowie Vertrauen in die Anpassungsfähigkeit jedes Einzelnen notwendig sind.

Doch auch Herausforderungen gilt es zu meistern. Exemplarisch seien hierfür der Rückzug von einer weltweit vernetzten Wirtschaft hin zu regionalen oder nationalen Netzwerken, die grüne Transformation oder die Industriepolitik. Zudem müsse sich Deutschland von seinem Perfektionsdrang verabschieden – der Verbrennungsmotor sei ein perfektes Beispiel dafür. Stattdessen brauche es die Entwicklung radikal neuer Technologien. Brunnermeier betont: „Wir müssen die Menschen ermutigen, neue Wege zu gehen.“ Perfektion von Anfang an sei nicht nötig, Rückschläge seien Teil des Prozesses.

Sein Schlusswort: „Resilienz für alle“. Ohne Anpassung gebe es keinen Wohlstand. Jeder Einzelne solle daher Risiken eingehen, um seinen Wohlstand zu steigern. Das sei der Schlüssel zur Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft. Wichtig sei laut Brunnermeier allerdings auch, dass die Gesellschaft Unternehmerinnen und Unternehmer unterstütze, wenn diese etwas riskieren und Rückschläge erleiden. Der Fokus auf Resilienz habe somit doppelte Vorteile. Er biete wirtschaftspolitische Handlungsempfehlungen für Veränderungen und ermögliche zudem einen neuen Optimismus im Umgang mit Wandel.

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