Motorradmarken-Insolvenz:Horex brummt nicht mehr

Lang war es nur ein Bike für Restauratoren und Comic-Liebhaber. Dann half die bayerische Landesregierung, die legendäre Motorradmarke Horex wiederzubeleben. Doch das Projekt hakte von Beginn an. Nun muss der Betrieb Insolvenz anmelden.

Von Max Hägler, Stuttgart

Den Spruch kennt jeder Comic-Freund: "Das muss kesseln!" Werner, dieser biertrinkende, leicht debile Charakter sagte es mit Vorliebe, wenn er gerade Chaos in der Comic-Welt anzettelte - oder auf sein Motorrad stieg: Meist eine schöne Regina vom Motorradbauer Horex, so eine wie sie Zeichner Rötger "Brösel" Feldmann selbst in echt daheim stehen hat. Damals in den 1980ern war das mit Werners Gefährt ein wehmütiges Zitat, denn Horex produzierte nicht mehr.

Bis sich vor wenigen Jahren Motorradfans, Maschinenbauingenieure und Designer zusammentaten, ein Motorrad entwickelten, dessen 1,2 Liter-Sechszylinder noch tiefer brummte als die alte Regina - und die ganze Unternehmung Horex tauften.

Einige wenige hundert fahren wohl schon durchs Land. Doch jetzt stellt sich heraus: Die neuen Horex-Motorräder kesseln zwar, dass es eine rechte Freude wäre für Werner. Allerdings rechnet sich das Vorhaben nicht: An diesem Montag musste Horex Insolvenz anmelden am Amtsgericht Augsburg.

Fürs erste scheint das Revival dieses Klassikers gescheitert. Trotz enormer Unterstützung durch Bund und Land, die es gern gesehen hätten, wenn die Marke wieder dauerhaft zum Leben erweckt worden wäre, die vor 91 Jahren ein junger Mann namens Felix Kleemann erschaffen hatte.

Ansässig in Hessen, fügte der aus dem "Ho" von Bad Homburg und dem "Rex" der väterlichen Konservenglasgesellschaft den Namen: Horex Fahrzeugbau AG. Das Geschäft mit sportlichen Motorrädern lief ordentlich, bis die langsam wieder zu Wohlstand gekommenen Deutschen Ende der 1950er Jahre immer öfter auf Autos umstiegen. Über Jahrzehnte war Horex dann vor allem ein Thema für Restauratoren und Comic-Liebhaber.

Motorrad mit ungewöhnlichem Antrieb

Im Jahr 2010 begann ein Team rund um den Unternehmer Clemens Neese mit der Entwicklung eines neuen Horex-Motorrads: einen Sechszylinder, das gibt es kaum in der Zweiradwelt, dazu der runde Scheinwerfer - und eben der Markenname, den sie erwarben.

Maschinenbauer der Hochschule München entwickelten den ungewöhnlichen Antrieb, eine Kreuzung aus V- und Reihenmotor. Peter Naumann, Dekan der Designfakultät, schuf das Roadster-Design. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gab über ihr ERP-Programm, den Nachfolger des Marshall-Plans, Eigenkapital dazu, dem Vernehmen nach wohl mehrere Millionen Euro.

Intermot

Teuer und schwer verkäuflich: die Horex 1.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Auch der Freistaat Bayern beteiligte sich, brachte das junge Unternehmen in Augsburg unter - samt mehreren hunderttausend Euro Subventionen: "Mit unserer Hilfe errichtet Horex eine neue Motorrad-Manufaktur, um die traditionsreiche deutsche Motorradmarke zu revitalisieren", vermeldete die Landesregierung vor drei Jahren. Dabei hakte es bereits zu Beginn: Die Motoren wurden später fertig als geplant. Aber als sie endlich liefen, waren die meisten Testfahrer der Motorradfachblätter recht angetan.

Und doch ging das Geschäftsmodell nicht auf: Etwa 25 000 Euro pro Stück kostet eine Maschine, das ist das Premiumsegment bei Zweirädern. Die Zielgruppe sind Männer im mittleren Alter, die ein ungewöhnliches Zweitmotorrad haben wollen. 1000 Stück müssten die drei Dutzend Angestellten pro Jahr bauen und verkaufen, dann käme man in die schwarzen Zahlen, sagte Gründer Neese einmal.

Der Insolvenzverwalter will versuchen, Horex zu verkaufen

Jetzt zieht Insolvenzverwalter Vincenz von Braun ein erstes Fazit: Es werden nicht genügend Motorräder abgesetzt und die Hausbank schießt aktuell kein Geld mehr nach. Er will versuchen, Horex zu verkaufen, damit das Revival weiterläuft. "Die nächsten Wochen werden zeigen, ob der Markt diese gute Marke haben möchte", sagt von Braun. "Die Entwicklung ist natürlich nicht schön", heißt es von der KfW.

Aber es gehöre zum Geschäftsmodell, dass manche KfW-Risikoinvestitionen klappen, das berühmteste Positivbeispiel dieser Tage ist Zalando, und manche nicht. Auch bei den Horex-Fans stößt die Nachricht auf Bedauern: "Das war schön, dass da ein neues Motorrad geschaffen wurde", sagt etwa Herbert Ammon, der seit Jahrzehnten hauptberuflich an Horex-Motorrädern schraubt. Mehrmals habe er auch angeboten, die neuen Horex-Maschinen zu vertreiben, doch habe nie eine Antwort bekommen aus der Firmenzentrale in Augsburg.

Wobei die neuen Motorräder sowieso nichts mit den alten gemein hätten: "Das war nur ein Marketinggag, ein sehr guter!" Aber eben doch nicht gut genug.

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