Süddeutsche Zeitung

Moskau und Minsk:Von wegen Freundschaft

Zwischen Russland und Weißrussland herrscht Streit. Unlängst hat Moskau klar gemacht, dass die Freundschaft beim Geld aufhört.

Daniel Brössler

"Wir wissen schon lange, was unsere Gegner von uns wollen", klagte Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko in seiner Weihnachtsansprache, ,,nun aber wissen wir auch, was unsere Freunde von uns verlangen.''

Diese Spitze zielte gegen ,,Freund'' Russland, der zum Jahreswechsel klar gemacht hatte, was er möchte: mehr Geld. Weißrussland muss nun den doppelten Gaspreis berappen. Dies stellt das Land vor große Probleme, profitierte Lukaschenkos Kommando-Wirtschaft bislang doch von den günstigen Energielieferungen aus dem Osten.

Russland hat nun freilich klar gemacht, dass die Freundschaft beim Geld aufhört. Sinnigerweise nutzt Weißrussland für seine Rache jetzt die Öl-Pipeline namens ,,Druschba'', also Freundschaft. Den schönen Namen erhielt die Röhre, weil die DDR und andere Satellitenstaaten ,,Freiwillige'' zum Bau der Pipeline in die Sowjetunion entsenden mussten.

"Souveränität und Unabhängigkeit werden nicht für Erdgas oder Öl verkauft"

Alexander Lukaschenko hat stets zu jenen gezählt, die das Ende dieser Sowjetunion bedauerten. Als kleiner Ersatz musste deshalb eine neue Union herhalten: die Union zwischen Russland und Weißrussland. 1999 schlossen die Länder einen ,,Vertrag über die Bildung eines Unionsstaates''.

Beide Seiten sollen ihre Souveränität behalten, dem Unionsstaat aber Vollmachten in den Bereichen Außenpolitik, Verteidigung, Energie sowie Haushalts- und Zollfragen übertragen. In die Tat umgesetzt wurde davon wenig, und auch die geplante Währungsunion wird immer wieder verschoben.

Der Streit um Öl und Gas zeigt, dass sich Russland und Weißrussland in Wahrheit von einer Union immer weiter entfernen. Lukaschenko präsentiert sich seinem Volk ohnehin lieber als Verfechter der Unabhängigkeit. ,,Souveränität und Unabhängigkeit werden nicht für Erdgas oder Öl verkauft'', entschied er, ,,sie sind zu kostbar, um damit zu handeln.'' Eine Union könne es nur unter Gleichberechtigten geben.

Der Westen hofft auf einen demokratischen Umbruch in Minsk. Bislang konnte Lukaschenko auf Schützenhilfe aus Moskau bauen. Das ist nun nicht mehr so sicher. Verlässliche Freunde hat Lukaschenko nicht mehr.

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Quelle:
SZ vom 9.1.2007
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