Monsanto:Auf Wiedersehen, Hassobjekt

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Activists protest against transgenic corn in Costa Rica

Ich bin so sauer auf Monsanto, ich zieh' mir eine Maske auf: Protest gegen Genmais und den Konzern in Costa Rica im Jahr 2013.

(Foto: Jeffrey Arguedas/dpa)

Monsanto steht weltweit für vieles, was Menschen an der Globalisierung schlecht finden. Nun kauft Bayer den Konzern und der Name verschwindet. Ein Nachruf.

Von Kathrin Werner, New York

Dieser Artikel wird eine Regel brechen. Und zwar diese: Über die Toten soll man nur Gutes sagen. Nach 117 Jahren verschwindet der Markenname Monsanto. Es wird nicht viele Menschen geben, die ihm nachtrauern.

Schließlich steht er seit Jahrzehnten für Skandale, Rechtsstreits, Gesundheitsgefahren und sogar für Todesopfer - ein Teil des schlechten Images beruht auf Vorurteilen, ein Teil auf tatsächlichem Fehlverhalten des Chemie- und Agrarkonzerns. "Bayer wird der Unternehmensname bleiben. Monsanto wird als Unternehmensname nicht fortgeführt", teilte der deutsche Konzern nüchtern mit, der nun seine 62,5 Milliarden Dollar teure Übernahme von Monsanto abschließt.

Monsantos Kritiker haben das Unternehmen oft umgetauft, in Mutanto oder Monsatan zum Beispiel. Sie haben Schilder über Demonstrationen auf der ganzen Welt getragen, auf denen eine einfache Gleichung stand: "Monsanto = böse". Auch in diesem Jahr hat es der Konzern wieder auf die Liste der 20 meistgehassten Firmen der USA geschafft.

Selbst die Mitarbeiter, sagt Bayer-Chef Werner Baumann, legten keinen großen Wert auf den Namen Monsanto. Sie seien nur stolz auf die Werte und die Produkte des Unternehmens. Und die Bauern sind ohnehin vertrauter mit den Namen, die der Konzern den einzelnen Produkten gegeben hat: Roundup, Dekalb oder Asgrow zum Beispiel. Es wird keine Zeremonie geben, um den Namen zu beerdigen, schließlich soll der Abschied all den Hass, die Konflikte, die Skandale und auch die Vorurteile in Vergessenheit geraten lassen. Aber sie bleiben Teil der Geschichte, nun der von Bayer.

Doch wie konnte Monsanto zum Synonym für böse werden und gleichzeitig so mächtig, dass kein anderer Konzern so wie er über die Ernährung von derzeit 7,6 Milliarden Menschen weltweit entscheidet?

Monsantos erstes genmodifiziertes Produkt löste einen Skandal aus

1901 gründete der Pharmaangestellte John Francis Queeny in St. Louis eine kleine Chemiefirma und gab ihr den Mädchennamen seiner Frau: Monsanto. Queeny bekam Startkapital von der Brause-Industrie, sein erstes Produkt war der Süßstoff Saccharin, es wurde zum Welterfolg. Später kamen Desinfektionsmittel und andere Chemikalien dazu. Seit den Vierzigerjahren entwickelte Monsanto Pflanzengift und Agrarchemie - und wurde immer wichtiger.

Vor seinem Wandel zum reinen Agrarkonzern stellte Monsanto verschiedenste Chemikalien her - auch aus diesem Teil der Geschichte des Konzerns bleiben vor allem Skandale in Erinnerung. Monsanto wusste zum Beispiel schon 1971, dass die Dioxine in der Kühlflüssigkeit PCB zu Missbildungen bei Menschen führen können, fälschte aber aus Angst vor Klagen jahrelang Untersuchungsergebnisse.

1977 wurde die PCB-Produktion verboten, es folgten Mammutprozesse gegen Monsanto. Auch Monsantos erstes genmodifiziertes Produkt, das Rinderwachstumshormon Posilac, löste einen Skandal aus. Es sollte Kühe zu höheren Milchleistungen treiben, führte bei den Tieren aber zu Fruchtbarkeitsstörungen.

Später kam heraus, dass Monsanto für die Zulassung Untersuchungsergebnisse geschönt und einen Mitarbeiter der Zulassungsbehörde bestochen hatte. Außerdem produzierte der Konzern das Entlaubungsgift Agent Orange, das die USA im Vietnamkrieg einsetzten. Es soll 400 000 Menschen getötet haben und für eine halbe Million Geburtsschäden verantwortlich sein. Allerdings produzierten es auch andere, in Deutschland half Bayer bei der Herstellung.

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