Moët & Chandon:Flirt gegen die Krise

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Die Finanzkrise drückt auch das Geschäft mit Champagner. Marktführer Moët & Chandon holt sich darum Scarlett Johansson.

Christian Mayer

Das Tolle an Hollywood-Stars ist, dass sie immer ein wenig unberechenbar sind. Scarlett Johansson hat das gerade in London demonstriert. Die Schauspielerin ("Lost in Translation", "Vicky Cristina Barcelona") ist seit dieser Woche das Gesicht der Marke Moët & Chandon, sie soll dem Produkt ein neues Image verleihen.

Scarlett Johansson soll Moët & Chandon aufhübschen (Foto: Foto: Getty)

Auf Fotos und im Film glänzt die blonde Muse fast im selben Farbton wie das goldene Etikett; sie steht gedankenlosen in einem Regen aus Schaumweinspritzern - ihre leicht geöffneten Lippen scheinen bereit zu sein für den Flirt mit der bekannten Flasche.

Zwei Scarletts

Zum Leidwesen einiger Moët-Manager erschien Johansson beim Start der Kampagne in London mit dunklen Haaren, was den Goldeffekt sichtlich trübte.

Auf einer Champagner-Party mit reichlich Prominenz im schicken Big Sky Studio waren gewissermaßen zwei Scarletts zu sehen: Die erste, die blonde Figur aus der Werbung, zelebrierte in Einspielungen Lebenslust und überschäumende Freude, die zweite Scarlett, eine kühle Brünette, absolvierte ihren Auftritt mit Disziplin und spürbarer Distanz.

"Ein wenig heiß" sei ihr, klagte die 24-Jährige, nachdem sie alle Fotografenwünsche befriedigt hatte.

Für die führende Marke aus der Champagne, die unter dem Dach des französischen Luxuskonzerns LVMH etwa ein Fünftel des Marktes abdeckt, ist die Hochglanz-Kampagne so etwas wie ein Kulturbruch.

Dass Stars wie Madonna oder Charlize Theron für Produkte aus den LVMH-Sparten Mode, Kosmetik und Schmuck einstehen, ist in der Luxuswerbung schon selbstverständlich.

Neu ist dagegen, dass eine amerikanische Schauspielerin mit vielfältigen Verpflichtungen nun für eine ehrwürdige Traditionsmarke wirbt. Für Knalleffekte und prickelnde Inszenierungen sollte bisher vor allem das Produkt sorgen - es sollte für sich selbst stehen. Offenbar ist nun die Verzweiflung groß.

Der Präsident von Moët & Chandon, Frédéric Cuménal, sitzt in einer Londoner Hotelsuite und schwärmt für die Schauspielerin, die in den Printmedien und auf Plakatwänden mit seinem Produkt zu sehen sein wird. "Scarlett ist für uns die perfekte Muse, weil sie gerne Champagner trinkt und als Genießerin alter Schule glaubwürdig ist", sagt der Manager.

Und seine "Ikone" legt sich für die Franzosen auch ins Zeug: Sie habe, bekannte sie in der Gala, schon im Alter von elf Jahren das erste Glas Champagner getrunken, bei der Silvesterparty ihrer Eltern. Gegen Kater helfe im Übrigen reichlich Wasser vor dem Schlafengehen - und zwei Aspirin zur Sicherheit.

Katerstimmung auch im Champagnerland? Insgesamt stehen die Produzenten aus dem Nordosten Frankreichs vor einer schwierigen Situation, wie auch Cuménal einräumt. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Stimmung getrübt, die Absätze in der gesamten Branche sinken.

Signal der Hoffnung

Bei der LVMH-Gruppe gab es im vergangenen Jahr ein Minus von vier Prozent - ein größeres Absacken konnte vor allem deshalb verhindert werden, weil der Konsum in Ländern wie Russland oder China stark steigt.

Verkaufte die LVMH-Gruppe 2007 noch 59,9 Millionen Champagnerflaschen weltweit, waren es 2008 nur noch 57,6 Millionen Flaschen. "Natürlich kämpfen wir mit der Krise. Aber wir wollen ein Signal der Hoffnung setzen", sagt Cuménal, der dem einstigen Hoflieferanten von Kaiser Napoleon amerikanische Marketingmethoden verordnet hat.

Er setzt auf den Bekanntheitsfaktor und "Premium-Events", um zu verhindern, dass die Kunden zu Billig-Schaumwein greifen. In Deutschland etwa ist gerade Sekt aus dem unteren Preissegment gefragt.

Als Sponsor für Sportveranstaltungen war Moët & Chandon bisher schon aufgetreten, es gibt Champagnerduschen bei der Formel 1 und ein Engagement beim America's Cup. Mit der Filmbranche ist man seit Jahrzehnten verbunden. Schon Stars wie Audrey Hepburn, Cary Grant und Grace Kelly machten auch im Kino prickelnde Produktwerbung.

In diesem Jahr hielten die Franzosen bei der Oscar-Verleihung in Los Angeles offiziell Einzug: Erstmals konnte sich eine Champagner-Firma auf dem roten Teppich darstellen, sogar Kate Winslet hielt kurz an, um eine Magnum-Flasche für wohltätige Zwecke zu signieren.

Natürlich ist Moët & Chandon bei einem solchen Großereignis nur ein Sponsor von vielen, deshalb setzt man in der Zentrale in Epernay auf Breitenwirkung: Parallel zur Oscar-Verleihung fanden in sechs amerikanischen Großstädten Partys für eine verwöhnte Klientel statt.

In anderen Ländern gibt es ähnliche Veranstaltungen, bei denen lokale Celebrities und markenbewusste Champagnerfreunde PR-trächtig feiern. Ein Problem jedoch bleibt: Mit seiner neuen Offensive macht Moët vor allem den Mitspielern im eigenen Konzern Konkurrenz.

Denn die kleineren Firmen Veuve Clicquot, Dom Pérignon, Krug und Ruinart gehören ebenfalls zur weitgefächerten LVMH-Gruppe - vielleicht gibt es ja bald neben Scarlett Johansson eine zweite Champagner-Muse.

© SZ vom 27.03.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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