Mögliches Verfahren gegen Hoeneß:Der Zocker vom Tegernsee

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Uli Hoeneß könnte sich mit seiner Selbstanzeige verzockt habe. Die Chancen einem Strafverfahren zu entgehen, stehen schlecht.

(Foto: dpa)

Es sieht nicht gut aus für den FC-Bayern-Boss. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Verfahren wegen Steuerhinterziehung eingestellt wird, ist gering. In etwa so gering, wie die Chancen des FC Barcelona ins Finale der Champions League einzuziehen.

Von Hans Leyendecker

Wie lange die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München II im Steuer-Fall Uli Hoeneß dauern werden, steht noch nicht fest. Aber mittlerweile lassen sich die Umrisse des Verfahrens nachzeichnen, und daraus ergeben sich Antworten auf drei wichtige Fragen: Was steht in dem Haftbefehl? Warum wurde am 20. März sein Haus durchsucht? Hat er eine Chance, an einer Anklage vorbeizukommen?

Der Haftbefehl gründet sich einzig auf den Vorwurf der Steuerhinterziehung in Höhe von rund drei Millionen Euro. Die Summe stammt von Hoeneß selbst. Er hatte in einer am 14. Januar beim Finanzamt Miesbach registrierten Selbstanzeige eingeräumt, in großem Maßstab Devisengeschäfte in der Schweiz gemacht zu haben. Jahrelang hatte er dafür keine Steuern beim deutschen Fiskus gezahlt, ab 2009 ließ er 25 Prozent Abgeltungssteuer an den deutschen Fiskus überweisen.

Die Selbstanzeige wird von der Staatsanwaltschaft (derzeit zumindest) für nicht wirksam gehalten, weil sie angeblich nicht vollständig ist. Zu wenig konkret sollen die einzelnen Geschäfte dokumentiert sein. Eine Selbstanzeige ist ein Geständnis, und wenn die hinterzogene Summe bei drei Millionen Euro liegt, greift fast schon ein Automatismus: Ein Gericht erlässt einen Haftbefehl und geht von Fluchtgefahr aus.

Die Adidas-Connection

Andere Sachverhalte spielen in dem Ermittlungsverfahren keine Rolle. In den vergangenen Tagen war in Berlin und in den Medien die Rolle des Sportartikelherstellers Adidas diskutiert worden. Hoeneß hatte im Jahr 2000 von dem damaligen Adidas-Vorstandsvorsitzenden Robert Louis-Dreyfus eine Art Kredit über 20 Millionen Mark bekommen, der seinem Freund ein Konto bei der Zürcher Vontobel-Bankgruppe fürs Zocken einrichten ließ.

Fast gleichzeitig verhandelte der FC Bayern mit Sportartikelherstellern über eine strategische Partnerschaft und einen Ausrüstervertrag. Um Letzteren buhlte auch der US-Konzern Nike, der unbedingt beim FC Bayern auf den Platz wollte. Am Ende gewann Adidas und stieg mit rund zehn Prozent bei Bayern ein. Nike bekam keinen Ausrüstervertrag, obwohl die Nummer 1 der Sportartikel-Welt mehr geboten hatte als der traditionelle Ausrüster des FC Bayern.

Der Verdacht, es könnte sich um eine spezielle Platzpflege gehandelt haben, bei der ein Unternehmen sich durch finanzielle Gefälligkeiten einen wichtigen Kunden gesichert hat, ist nicht ganz aus der Welt. Der FC Bayern und Adidas bestreiten aber jeglichen vermuteten Zusammenhang. "Etwaige private Geschäfte" zwischen Dreyfus und Hoeneß "kann der Adidas-Konzern nicht kommentieren", erklärte das Unternehmen. Das Geld floss privat, das Geschäft soll nur ein Geschäft sein. Dreyfus, der krank war, hatte sich an den Verhandlungen nicht beteiligt.

Untreue ist verjährt

Das Zusammentreffen von Freundschaft, Geld und Geschäft könnte für einen Anfangsverdacht der Untreue durchaus reichen. Möglicherweise hätte sich dieser Verdacht dann im Verfahren wieder aufgelöst, aber die Staatsanwaltschaft München II diskutierte das Szenario erst gar nicht, weil Untreue nach fünf Jahren strafrechtlich verjährt ist. Es hätte einer sogenannten Anknüpfungstat in nichtverjährter Zeit bedurft. Also ein Bezug zur alten vermuteten Untreue ab 2008. Aber Dreyfus hat bereits 2001 Adidas verlassen und ist 2009 verstorben.

Eine Hausdurchsuchung nach einer Selbstanzeige ist sehr unangenehm und fast ein Alarmzeichen wie der Haftbefehl. Jegliche Ermittlungstätigkeit des Fiskus oder der Staatsanwaltschaft deuten auf einen erheblichen Form-Mangel bei der Selbstanzeige hin. Das ist inzwischen ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Der Hauptgrund für die Durchsuchung war eine Geschichte in einem Magazin, die drei Tage nach Eingang der Selbstanzeige erschienen war.

Ohne den Namen Hoeneß zu nennen, war über ein "geheimes Fußballkonto" eines "Spitzenvertreters der Bundesliga" bei der Vontobel-Bank geraunt worden. Die in dem Artikel genannten Riesensummen und der geschilderte Sachverhalt passten nicht zur Akte Hoeneß, aber die Strafverfolger mutmaßten, Hoeneß sei durch die Recherchen gewarnt worden und habe deshalb rasch seine Selbstanzeige gemacht. Das wäre möglicherweise atmosphärisch ein Problem.

Bei der Durchsuchung stellte sich heraus, dass der Autor der Geschichte damals nicht bei Hoeneß angefragt hatte. Erst vorigen Samstagnachmittag, als die Ermittlungen schon öffentlich waren, erhielt Hoeneß eine Anfrage des Magazins, die dann am Montag von den Anwälten des Fußballmanagers der Staatsanwaltschaft präsentiert wurde. Ob das hilft?

Hoeneß hat immer noch eine Chance, dass sich die Selbstanzeige als wirksam herausstellt und das Verfahren eingestellt wird. Diese ist vergleichbar mit den Chancen des FC Barcelona im Halbfinal-Rückspiel der Champions League am Mittwoch.

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