Mögliche Insolvenz:Nur jeder zweite Anleger steht zu Prokon

Windanlagenfinanzierer Prokon

Zeit, etwas zu verändern: Wie es mit der Windkraftfirma Prokon nun weitergeht, ist unklar. Nur die Hälfte der Investoren hat der Firma ihre Unterstützung zugesagt.

(Foto: dpa)

Die verschwiegene Windfirma Prokon hat deutlich weniger Anleger überzeugt, ein Bekenntnis für die Firma abzugeben, als geplant. Politik und Konkurrenten erwarten eine Pleite - und bringen sich für die Zeit nach einer möglichen Insolvenz in Stellung.

Von Markus Balser und Kristina Läsker

Wer gut und wer böse ist? In der Welt von Prokon-Chef Carsten Rodbertus sind die Rollen klar verteilt. Für Berichte über undurchsichtigen Geschäfte hat die Firma bestenfalls Spott parat: "Es ist schon fast schade, dass unsere Windenergieanlagen all die heiße Luft, die manch ein Journalist verbreitet, nicht nutzen können, denn dann würden unsere Anlagen wohl das ganze Jahr unter Volllast laufen", lässt die Firma auf ihrer Internetseite wissen.

Die Welt von Prokon und dem Gründer Rodbertus bleibt auch mitten in der schwersten Krise der Firma seit ihrer Gründung eine der einfachen Wahrheiten: Wer nicht für Prokon ist, ist dagegen. Drinnen oder draußen? Auch seine Anleger stellte Rodbertus bis zu diesem Montag vor die Wahl. Zu Wochenbeginn lief jene Frist ab, die über das Schicksal von Prokon entscheidet. Denn nur wenn genügend Anleger garantieren, ihr Geld nicht aus dem taumelnden Unternehmen abzuziehen, kann Prokon die Insolvenz noch vermeiden.

Doch offenbar trauen viele Anleger Rodbetus und seinem Konzern die eigene Wende nicht mehr zu. Denn nur rund 38.000 der insgesamt rund 75.000 Anleger wollen ihr Kapital von gut 740 Millionen Euro im Unternehmen lassen, wie Prokon am Montag Nachmittag auf seiner Internetseite veröffentlichte - das sind gut 50 Prozent .

Geschäftsführer Carsten Rodbertus hatte Mitte Januar allerdings angekündigt: Garantieren nicht 95 Prozent des Genussrechtskapitals von insgesamt 1,4 Milliarden Euro bis mindestens Oktober 2014 im Unternehmen zu bleiben, drohe Ende des Monats die Insolvenz. "Wir brauchen Zeit, um die Genussrechte und das Unternehmen zu restrukturieren und wieder auf einen zukunftsfähigen Kurs zu bringen", hatte Prokon an die Anleger appelliert. Eine Insolvenz müsse unbedingt verhindert werden.

Die Politik bereitet sich auf eine Pleite vor

Das Schicksal der Firma hängt damit am seidenen Faden. Die Politik hält Prokon offenbar noch lange nicht für über den Berg. Die rot-grüne Landesregierung aus Kiel hat sich inzwischen in die drohende Pleite eingeschaltet hat - und im Hintergrund fieberhaft nach Hilfen und Investoren sucht. Bestätigt wird das offiziell nicht: "Wir sind in Gesprächen mit Prokon", sagt Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) lediglich.

Aus Branchenkreisen verlautet, dass es bereits Interessenten für die Übernahme von Windparks gebe. Gleich mehrere deutsche und internationale Unternehmen können sich offenbar einen Einstieg in Projekte vorstellen. Bei einer Pleite könnten damit zumindest Teile des Geschäfts unter einem neuen Dach weiterlaufen.

Die Gelder von Prokon flossen bislang in 52 Windparks in Deutschland und Polen, eine Ölmühle in Magdeburg, Wälder und einen holzverarbeitenden Betrieb. Wie groß die Gefahr hoher Verluste für Anleger bei einer Insolvenz ist, wagen selbst Experten nicht zu beurteilen. Denn die Finanzlage von Prokon ist unklar. Die Firma hat seit Jahren keine geprüften und testierten Konzernberichte veröffentlicht und verwendet auf seiner Internetseite zum Teil selbsterdachte Definitionen für ihre finanzielle Leistungskraft.

Experten bezweifeln allerdings, dass Prokon die Mittel für die Zinszahlungen an die Anleger mit seinen Geschäften erwirtschaftet. Deshalb verdächtigen Verbraucherschützer das Unternehmen, die Zinsen aus frischem Anlegergeld zu bezahlen. Das wäre ein illegales Schneeballgeschäft. Prokon hat das stets dementiert.

Anleger und die Region Itzehoe sind in Angst

Wie viel von ihrem Vermögen Anleger bei einer Insolvenz retten können? "Das hängt von den vorhandenen Vermögenswerten ab", sagt der Frankfurter Anwalt und Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Klaus Nieding. In jedem Fall seien bei einer Pleite nicht alle Investoren und Geschäftspartner gleich: Genussrechtsinhaber bekämen im Falle der Insolvenz erst dann eine Zahlung, wenn alle anderen Gläubiger befriedigt seien, warnt Nieding.

Die Angst wächst indes nicht nur bei den Anlegern von Prokon. Für den Standort Itzehoe, gut 60 Kilometer nordwestlich von Hamburg, wäre eine Insolvenz von Prokon ein harter Schlag. Etwa 500 der 1300 Mitarbeiter von Prokon arbeiten in der Kleinstadt, sie müssten in diesem Fall um ihre Jobs bangen. Die Windenergiefirma gehört zu den letzten großen Arbeitgebern. Die Arbeitsagenturen sind gerüstet.

In Itzehoe wissen sie bestens, was bei einer Insolvenz zu tun ist: Die Unterlagen samt Informationen für Mitarbeiter sind in den Computern abgespeichert - sie haben das im vergangenen Jahr gerade erst für das Druckerei-Unternehmen Prinovis durchgezogen.

Worauf sie bei der Arbeitsagentur hoffen? Die Mitarbeiter von Prokon könnten bei einer Insolvenz schnell wieder in Arbeit kommen. Denn in der Firma arbeiten viele Techniker und auf Windkraft spezialisierte Elektriker. "Diese Berufe sind sehr begehrt", sagt Frank Burmester, Geschäftsstellenleiter der Arbeitsagentur in Itzehoe.

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