Die Zukunft der Landwirtschaft verbirgt sich hinter einem knarzenden Rolltor. In einer Scheune im Düsseldorfer Vorort Meerbusch tüftelt André Dülks an der mechanischen Bekämpfung von Unkraut. Eine Mitarbeiterin des 32-Jährigen schraubt an einer Metallkonstruktion, die hinter einem Traktor hängt. Dieses Modell solle Unkraut im Gemüsebau entfernen, sagt Dülks - ohne Einsatz chemischer Produkte. Der Agrartechniker, blaue Arbeitsmontur und Fünftagebart, hat auf dem Hof seines Vaters konventionelle Landwirtschaft kennengelernt. Vor circa vier Jahren bemerkte er einen Umschwung in der Ausrichtung vieler Bauern. Also startete er mit dem Start-up "Dulks". Unter anderem das Gründerforum "Rheinland Pitch" zeichnete die Idee aus und noch wichtiger: Die Geräte finden Abnehmer.
Auch etablierte Landmaschinenhersteller bieten mechanischen Pflanzenschutz an, Universitäten forschen ebenso daran. Dennoch sieht sich Dülks als Innovator. "Bestehende Firmen konnten nicht so schnell auf die veränderte Nachfrage reagieren." Dirk Wolber, der sich bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen mit Unkrautbekämpfung befasst, sagt, dass "grundsätzlich der Wunsch besteht, den chemischen Pflanzenschutz zu reduzieren." Das liegt besonders an der Sorge vor Produkten wie Glyphosat. Bayer ist in einer Krise, auch weil das Mittel der Tochterfirma Monsanto für Krebserkrankungen verantwortlich gemacht wird. In den USA gibt es mehr als 13 000 Klagen. Hinzu kommt, dass Unkräuter eine Resistenz gegen Pflanzenschutzmittel entwickelt haben, sagt Wolber. Neuentwicklungen, die Bauern verwenden dürfen, fehlen, die Zahl der in Deutschland erlaubten Wirkstoffe stagniert. Bei Gemüse wie Spinat und Porree ist nur noch eine sehr eingeschränkte Herbizidanwendung zulässig.
Landwirte suchen Alternativen. Dülks will Ökologisch und Konventionell aber nicht gegeneinander ausspielen. "Ich bin kein Fan von Glyphosat", sagt er. Doch er bezweifelt den Sinn eines vorschnellen Verbots einiger Wirkstoffe. Dülks wünscht sich einen langfristigen Plan. Neuerungen brauchen schließlich Zeit. Größte Herausforderung ist die Präzision. Hacken, Laser oder die Arbeit mit Hochspannung werden erprobt. Bei allen Techniken sollte Unkraut, das nah an der Nutzpflanze wächst, getroffen werden. Die Wurzel der Pflanze muss unbeschädigt bleiben. Der Bauer, der den Acker spritzt, hat es einfacher. Er trifft schon die richtigen Stellen.
Dülks setzt auf Hacken. Bei seinen Maschinen sind zwei Reihen mit kleinen Metallrädern hintereinander gelagert. Zwischen den Elementen ist gerade so viel Platz, dass eine Pflanze dazwischen passt. Die erste Reihe der Rollen lockert den Boden an der Oberfläche auf. An den Rädern der zweiten Reihe sind kleine Klingen. Schnell rotierend hebeln sie die Wurzeln des Unkrauts aus der Erde.
Entscheidendes Problem ist das Geld, mechanische Lösungen sind für viele Bauern nicht wirtschaftlich. "Die Ausbringung der meisten Herbizide ist legendär günstig", sagt Dülks. Die Spritzen hinter dem Traktor hätten eine Spannweite von bis zu 36 Metern und können so rasch eine große Fläche abdecken. Seine Maschinen kommen auf drei bis neun Meter, sonst geht die Genauigkeit verloren. Nur bei wenigen Pflanzen wie Zuckerrüben, für die passende Chemie teuer ist, ist Dülks Technik beim Preis konkurrenzfähig. Eine Weiterentwicklung der Maschinen und eine Automatisierung der Feldarbeit können dafür sorgen, dass die Rübe kein Einzelfall bleibt. Unkraut-Fachmann Wolber verweist auf Tests von kleinen Hackrobotern. Diese orientieren sich mit Hilfe von Sensoren selbständig auf dem Feld.
Bei Dülks Idee ist noch der Landwirt gefordert. Unter der Hacke ist eine Kamera angebracht. Auf einem Display im Traktor sieht Dülks, wo etwa Salat wächst. Bei langsamer Fahrt korrigiert er die Richtung um zwei, drei Zentimeter, um nicht die Kulturpflanze zu treffen. Automatische Pflanzenerkennung könnte das einfacher machen. Noch sei künstliche Intelligenz nicht so weit, sagt Dülks. Auch präzisere Geräte bei der Aussaat würden das Hacken reibungsloser machen. "Aktuell liefern die Geräte keine exakt geraden Reihen", sagt Dülks. So muss der Bauer bei der Unkrautbekämpfung noch feinjustieren.
Bis Verbesserungen kommen, dauert es. Die Testphasen für Neuerungen sind kurz. Tüftler auf dem Acker müssen die Vegetationszeit beachten. Hinzu kommen die unterschiedlichen Böden. Dülks erprobt Prototypen etwa auf sandigen Flächen in der Grenzregion zu den Niederlanden und den schweren Böden rund um Kassel.
Dass ein Start-up wie Dulks eine Neuerung etabliert, ist ungewöhnlich. Die Marktmacht großer Hersteller von Landmaschinen ist enorm. Eine Herausforderung sei die Saisonalität, sagt Dülks. "Das ist schlimmer als bei einer Eisdiele." Seine Geräte würden abhängig vom Wachstum der Pflanzen in einer Region nur für kurze Zeit im Jahr benötigt. Entsprechend klein ist das Zeitfenster für Vorführung und Verkauf der bis zu 36 000 Euro teuren Modelle. "Wir sind deshalb direkt auf den gesamten europäischen Markt gegangen", sagt Dülks. Derzeit knüpft er Kontakte nach Israel, um die Verkaufszeit zu verlängern.
Problematisch sind derzeit mangelnde Hilfen für Gründer. Eine branchenspezifische Unterstützung für junge Firmen in der Landwirtschaft fehlt. Sein Betrieb habe etwa 170 000 Euro öffentliche Förderung bekommen, sagt Dülks. Allerdings war das ein allgemeines Start-up-Stipendium. Unverständlich ist es Dülks, warum gute Ideen nicht von den Millionen-Subventionen, die die Europäische Union Bauern gibt, profitieren. "Die EU bezuschusst die Vergangenheit", sagt Dülks. Er hat dennoch Erfolg. Noch produziert er mit einem kleinen Team selber. Eine Kooperation mit einem Maschinenbauer soll helfen, die Nachfrage künftig zu erfüllen.