Model 3:Warum Musk für Tesla so wichtig ist

Tesla-Chef Elon Musk

Elon Musk setzt seine Mitarbeiter offenbar enorm unter Druck: Einem Bericht des Guardian zufolge ist die Arbeitslast bei Tesla derart hoch, dass im vergangenen Jahr über hundert Mal der Krankenwagen gerufen werden musste.

(Foto: REUTERS)
  • Die Produktion des neuesten Tesla-Modells startet wohl in Kürze.
  • Die Produktion soll exponentiell gesteigert werden: 100 Autos im August, 1500 im September, ab Dezember 20 000 Fahrzeuge im Monat.

Von Max Hägler

Effizienter geht Kommunizieren kaum. Ein paar Brocken hat der Tesla-Chef Elon Musk in dieser Woche hingeworfen: Die Produktion des neuesten Wagens des US-Autoherstellers, das sogenannte "Model 3", starte dieser Tage, schrieb Musk in einer Botschaft auf dem Nachrichtendienst Twitter.

Am 28. Juli werde es eine "Handover Party" geben für die ersten 30 Kunden. Nur wenige Worte, aber die gesamte Branche einschließlich vieler tatsächlicher und potenzieller Kunden reagiert: Manager und Aktionäre analysieren und zweifeln, Fans setzen ihre "Likes" unter die Nachricht, der eine weitere folgte, ebenso kurz und ebenso selbstbewusst: Die Produktion werde exponentiell gesteigert. 100 Autos im August, 1500 im September. Und es sehe danach aus, "dass wir ab Dezember 20 000 Model-3-Autos pro Monat bauen können". Die Ziele für das Jahr 2018 eine halbe Million Wagen und dann 2020: eine ganze Million.

Gelingt das, wäre Musk auf Augenhöhe mit den Etablierten. 1,2 Millionen Wagen verkaufte Opel, 1,9 Millionen verkaufte Audi, BMW und Mercedes jeweils gut zwei Millionen.

Und weil Tesla dabei auf die zwei sogenannten "Megathemen" setzt, ist das tatsächlich doppelt relevant: Die rein elektrisch betriebenen Wagen fahren schon jetzt recht autonom, also durch Computer gesteuert, die sich stets per Funkverbindung selbst auf den neuesten Softwarestand bringen können.

Model S verkauft sich fast so gut wie S-Klasse von Mercedes

Tesla ist so bereits zum Statussymbol und Diskussionsthema avanciert und hat E-Mobilität aus der Öko-Fundi-Ecke geholt. Und keiner hat die deutschen Premiumfabrikanten Audi, BMW und Mercedes so unter Druck gesetzt wie Tesla: Das bereits im Markt befindliche "Model S" genannte Luxusfahrzeug von Tesla verkaufte sich in den USA beinahe so gut wie die S-Klasse von Mercedes.

In der Branche sagen sie deshalb auch: Das S in "Model S", das sei ein Angriff auf die Toplinie der Stuttgarter gewesen. So wie das jetzt anlaufende "Model 3" ein Angriff auf den 3er von BMW sei, das meistverkaufte Modell der Münchner.

Niedergeschrieben sind diese Spitzen nirgends, aber fest steht: Nach dem Oberklasseauto ist nun ein Mittelklasseauto im Angebot, so wie Musk es vor zehn Jahren vorgesehen hatte in seinem "Masterplan". 35 000 US-Dollar soll das Model 3 in der Basisausstattung kosten, damit spielt Tesla nun bald im Massenmarkt mit, nur 14 Jahre nach der Gründung.

Dabei ist viel von dem bisherigen Erfolg der Marke mit Elon Musk verbunden. Der gebürtige Südafrikaner mit US-Pass und Studium der Physik und Wirtschaft war zu Beginn einer der Hauptinvestoren bei Tesla. Er steckte dort sein Geld hinein, das er zuvor mit dem Verkauf des Finanzdienstleisters Paypal gemacht hatte. Immer größer wurden seine Firmen und auch seine Visionen: Eine Welt, die mit nachhaltiger Energie am Laufen gehalten wird und mit Hilfe von schlauen Maschinen. Wobei ihm diese eine Welt nicht reicht: Sein anderes Unternehmen SpaceX fliegt jetzt schon im Auftrag der Nasa zur Raumstation ISS, in den kommenden Monaten angeblich auch bemannt zum Mond und dann zum Mars. Dort will der 46-jährige übrigens dereinst auch einmal sterben.

Das Unternehmen ist an der Börse genauso viel wert wie BMW

Allerlei Firmen versuchen mittlerweile, so begehrte Produkte herzustellen wie Tesla. Dabei hilft, dass der Bau von E-Autos weit trivialer ist als der Bau von einem Auto mit kompliziertem Verbrennermotor samt Getriebe. Aber was ihnen auf jeden Fall fehlt, ist: Musk. Der Visionär. "Elon Musk verkörpert das Unternehmen, ist der Treiber", sagt Stefan Bratzel, Professor für Automobilwirtschaft am Center of Automotive Management. "Er erzählt eine Story, die den Leuten gefällt, sie hat etwas mit Zukunft zu tun, und um daran teilzuhaben, zahlen die Leute."

Tour Of Tesla Motors Inc.'s Gigafactory With Remarks By Chief Executive Officer Elon Musk And Co-Founder Jeffrey Straubel

Klingt selbstbewusst: "Gigafactory" nennt Tesla die Fabrik in Nevada, wo das "Model 3" präsentiert wurde.

(Foto: Troy Harvey/Bloomberg)

Die Autofahrer, die mit einem Model S gern am Golfclub vorfahren und recht inspiriert wirken wollen. Aber auch die Aktionäre, die diesem Unternehmer abnehmen, dass ihm Großes gelingt. Das Abbild ist der Aktienkurs. An der Börse ist Tesla derzeit genauso viel wert wie BMW, weil viele an den Erfolg glauben und die Aktie deshalb derart nachfragen. Dabei bauen die Münchner einschließlich der Marke Mini 30 Mal so viele Autos und verdienen damit ordentlich Geld, knapp sieben Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Tesla hingegen: bloß 76 000 Fahrzeuge, vier Milliarden US-Dollar Umsatz, und ein Verlust von 770 Millionen.

Also, Börsenblase oder der Vorbote echter Konkurrenz? Nun, die Story der Amerikaner könnte weitergehen. Wenn denn die Produktion dieses neuen Modells so gut läuft wie die Kommunikation ihres Chefs. "Das Model 3 ist der Lackmustest", sagt Bratzel, der den Tesla-Kurs übrigens für übertrieben hält. Tatsächlich hatte Tesla in den vergangenen zehn Jahren immer wieder Schwierigkeiten beim Hochfahren der Stückzahlen. Dabei gilt als Ziel: Ein schneller Takt samt hoher Qualität zu möglichst geringen Kosten.

Damit das klappt, hat sich Musk diesmal Spezialisten von etablierten Herstellern eingekauft. Peter Hochholdinger etwa, der zuletzt bei Audi die Fertigung der Modelle A4, A5 und Q5 leitete. Er weiß, was es für Kosten verursacht, wenn Arbeiter Kabel falsch stecken oder Sicherungsmuttern vergessen und Wagen deshalb zurückgeholt werden müssen. Zumal die Bedingungen bei der US-Firma offenbar nicht gerade konzentrationsfördernd sind: Einem Bericht des Guardian zufolge ist die Arbeitslast bei Tesla derart hoch, dass im vergangenen Jahr über hundert Mal der Krankenwagen gerufen werden musste. Immer wieder klagten Mitarbeiter über Schwindel und Atemnot und würden ohnmächtig.

Nullserie gibt es nicht

Das Unternehmen spricht von Einzelfällen und beschwört die Vision der sicheren Fabrik, die man anstrebe. Dabei spielen Roboter eine Rolle: Im vergangenen Jahr kaufte Musk den rheinland-pfälzischen Maschinenbauer Grohmann. Mit dessen Spezialanlagen lassen sich automatisch Batterien zusammenbauen oder Dachteile befestigen. Maschinen können sich nicht wehtun - und sie fordern keinen Monatslohn. Auch an einer weiteren Stelle spart Tesla: Etablierte Autobauer testen ihre Produktion ausführlich, bauen neue Modelle quasi für die Halde, Nullserie heißt das. Bei Tesla gibt es das nach SZ-Informationen nicht, auch wenn sie das nicht offiziell bestätigen: Die ersten 30 Kunden werden auch die ersten 30 Autos erhalten. Das spart Geld und falls etwas schief läuft, gibts eben ein schnelles Update, flankiert per Twitter-Nachricht. Effizienter geht ein Fabrikstart kaum.

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