Modekette Zara:Flucht in die Niederlande

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Die Läden der spanischen Modekette Zara sind weltweit in fast allen großen Fußgängerzonen zu finden. (Foto: Scott McIntyre/Bloomberg)

Der Mutterkonzern von Zara soll Steuerzahlungen von mindestens 585 Millionen Euro vermieden haben - mit umfangreichen Geldverschiebungen.

Von Jan Schmidbauer, München

Der 80-jährige Spanier Amancio Ortega gilt als zweitreichster Mensch des Planeten. 67 Milliarden Dollar soll er der aktuellen Forbes-Liste zufolge besitzen. Geld, das er vor allem mit Mode machte: Im Jahr 1972 gründete Ortega den Konzern Inditex, eine Holding, zu der Marken wie Zara, Pull & Bear oder Bershka gehören. Inzwischen ist Inditex in fast jeder großen Fußgängerzone präsent - eigentlich eine Erfolgsgeschichte. Doch nun gibt es schwere Vorwürfe.

Der Konzern soll "aggressive" Tricks genutzt haben, um Steuerzahlungen zu vermeiden. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die Grünen-Politiker im Europaparlament vorgestellt haben. Zwischen 2011 und 2014 soll Inditex mindestens 585 Millionen Euro Steuern vermieden und damit viele Staaten um Einnahmen gebracht haben. Auch Deutschland seien 25 Millionen Euro entgangen. Die EU-Politiker hatten zuvor bereits Berichte über Steuertricks von Ikea und BASF veröffentlicht. Auch sie sollen komplexe Firmenkonstruktionen genutzt haben, um Steuern zu sparen.

Laut dem Report der EU-Politiker spart Inditex Steuern, indem es Gewinne in Länder mit besonders niedrigen Steuersätzen verschiebt. So soll Inditex einen großen Teil seiner Erlöse in den Niederlanden verbucht haben. Das Land wurde in der Vergangenheit von mehreren Konzernen als Steueroase genutzt, etwa von der Kaffeehauskette Starbucks.

Im Fall Inditex soll in drei niederländischen Tochterfirmen knapp ein Drittel des gesamten Konzerngewinns angefallen sein. Dabei stehen in dem Land nur 56 der weltweit 7000 Filialen, die Inditex betreibt. Der Modekonzern soll die Gewinne in die Niederlande übertragen haben, indem er hohe Lizenzgebühren an dortige Niederlassungen zahlte. Auf die Gewinne, die nun dort anfielen, habe der Konzern nur 15 Prozent Steuern gezahlt. Im OECD-Durchschnitt liegen die Unternehmenssteuern bei etwa 25 Prozent.

Auch in der Schweiz und in Irland soll Inditex komplexe Firmenkonstruktionen aufgebaut haben, um Steuern zu sparen. Gewinne aus dem Online-Handel sollen in Irland mit 12,5 oder sogar null Prozent versteuert worden sein. Inditex wehrt sich gegen die Vorwürfe. Sie seien teilweise fehlerhaft. Inditex halte sich in allen 93 Ländern an die Steuergesetze. Viele Steuertricks sind völlig legal. Die Strategien der Konzerne sind allerdings hochumstritten. Mit komplexen Firmenkonstruktionen Steuerzahlungen zu umgehen, ist für große Konzerne meist viel leichter. Zudem entgehen Staaten durch die Tricks viele Milliarden. Enthüllungen wie die Panama Papers oder Offshore Leaks haben zuletzt den Druck erhöht, gegen die Steuerflucht vorzugehen.

Die EU-Kommission hat kürzlich ein neues Gesetz vorgeschlagen, das die systematische Steuerflucht verhindern soll. Es würde EU-weit vereinheitlichen, wie Konzerngewinne berechnet werden, auf die anschließend Steuern anfallen. Das wäre das Aus für viele Tricks. Allerdings müssten alle Staaten einem solchen Gesetz zustimmen - auch Länder, die das System bisher am Laufen halten.

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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