Süddeutsche Zeitung

Modehandel:Chinesen wollen Tom Tailor ganz

Die Modegruppe kämpft wie viele andere Unternehmen mit Problemen. Von Investor Fosun kommt nun Vertrauen und noch mehr Geld. Der bisherige Großaktionär bietet mindestens 2,26 Euro je Aktie.

Von Katharina Prechtl

Das weiße, ein wenig gestauchte T über dem Schriftzug Tom Tailor, beides häufig auf dunkelblauem Grund, leuchtet in fast allen deutschen Innenstädten. Zu Esprit und S.Oliver ist es meist nicht weit. Alle drei sind Gruppen aus der sogenannten kommerziellen Mode-Mitte: mittleres Preissegment, keine extravaganten Kollektionen. Viele Händler dieses Segments stehen unter Druck, auch Tom Tailor. Die Konkurrenz im Onlinehandel bereitet Probleme; ebenso Ketten, die hochwertige Marken billig anbieten, wie zum Beispiel TK Maxx. Branchenanalysten sprechen von einem Überangebot in dem Marktsegment. Ende Januar musste die Holding von Gerry Weber Insolvenz anmelden, kurz darauf das Tochterunternehmen für den Bereich Einzelhandel.

Für die schwächelnde Tom-Tailor-Gruppe gibt es einen Retter: Das chinesische Industrie- und Handelskonglomerat Fosun, schon jetzt der stärkste Anteilseigner, will die Kette nun ganz. Mindestens 2,26 Euro bietet die Gruppe je Aktie, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. Das entspricht einer Bewertung von rund 96 Millionen Euro. Das Angebot ist somit knapp fünf Prozent höher als der Schlusskurs der Aktien vom Montag. Bereits kurz zuvor hatte Tom Tailor bekannt gegeben, dass Fosun seinen Anteil an dem Modeunternehmen von knapp 29 auf gut 35 Prozent erhöht hatte. Fosun kaufte dazu für knapp 8,6 Millionen Euro neu ausgegebene Tom-Tailor-Aktien. Der Konzern hatte damit die Schwelle von 30 Prozent der Stimmrechte an Tom Tailor überschritten, ein Übernahmeangebot an die anderen Anteilseigner war daher Pflicht. Wenn alle Aktionäre auf das Angebot eingehen, wird Fosun noch mal etwas mehr als 60 Millionen Euro für die angebotenen Anteilscheine zahlen müssen. Die Chinesen sind seit 2014 an Tom Tailor beteiligt. Fosun hat in Europa schon mehrfach in die Textilbranche investiert und zum Beispiel letztes Jahr die Mehrheit am österreichischen Textilhersteller Wolford übernommen.

Tom Tailor ging 2010 an die Börse und war bis 2015 im S-Dax gelistet. Das Kapital aus dem Börsengang sollte für internationale Akquisitionen genutzt werden. Der Zukauf des schwächelnden Modeherstellers Bonita gilt mittlerweile aber als ein Grund für die Probleme von Tom Tailor. Bonita, spezialisiert auf Mode für Frauen ab 50, verliert fortlaufend an Umsatz. Aussagen des Managements lässt sich entnehmen, dass die Marke zum Verkauf steht. Bonitas Probleme überdecken die Sanierungserfolge bei der Kernmarke Tom Tailor.

Unter Heiko Schäfer, Vorstandschef seit 2016, verkleinerte die Unternehmensführung von Tom Tailor das Filialnetz deutlich, modernisierte die IT und verstärkte die Online-Aktivitäten, wo die Gruppe zuvor deutlich zurückgelegen hatte.

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Quelle:
SZ vom 20.02.2019
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