Modefirmen:Gutes Gewissen zum Überziehen

Modefirmen: Der Instagram-Account "Midtown Uniform" zeigt Männer in Westen.

Der Instagram-Account "Midtown Uniform" zeigt Männer in Westen.

(Foto: Instagram)

Banker lieben Patagonia, aber die Outdoor-Marke liebt die Banker nicht. Auch andere Firmen kennen das Problem.

Von Christina Waechter

Als Bekleidungsfirma hat man nur wenige Möglichkeiten, sich seine Kunden auszusuchen. Man kann seine Kleidung sehr teuer verkaufen, wenn man nicht von Hinz und Kunz getragen werden möchte. Oder man entwirft so sperrige Mode, dass sie nur mutige Menschen tragen. Was aber kann man tun, wenn sich reiche Jungs aus der Banken- und Tech-Branche das gute Gewissen einer ökologisch und fair produzierten Marke überziehen, während sie auf Lebensmittel wetten?

Genau das ist der Outdoormarke Patagonia passiert. Nach der Finanzkrise 2007 hatte der bis dahin übliche maßgeschneiderte Anzug für Banker ausgedient. Stattdessen musste ein Outfit her, das Bescheidenheit und Bodenständigkeit vermittelte, ein Look, den die Fleeceweste, gepaart mit engen Hosen und einem meist hellblauen Button-Down-Hemd hervorragend transportiert. Angestellte in der Finanz- und Technologie-Branche tragen die "Power Vest" mit einem solchen Enthusiasmus, dass es die Weste inzwischen sogar in TV-Serien wie "Silicon Valley" oder "Billions" geschafft hat.

Dass ausgerechnet Patagonia die Marke der Wahl wurde, mutet da fast ironisch an. Seit der Kletterer und Surfer Yvon Chouinard im Jahr 1973 das Unternehmen gegründet hat, arbeitet es Jahr für Jahr daran, noch ökologischer und sozial verantwortlicher zu produzieren. Und so hat das Vorzeigeunternehmen nun beschlossen, keine Bestellungen mehr von Finanz- und Investmentfirmen anzunehmen, die die Westen gerne mit besticktem Firmenlogo personalisieren und ihren Angestellten schenken. Man wolle in Zukunft nur noch mit Unternehmen zusammenarbeiten, die die Philosophie von Patagonia teilten.

Das Problem ungeliebter Kunden kennen auch andere Marken: Als Anfang der 2000er-Jahre plötzlich nicht mehr die britische Aristokratie Hauptabnehmer von Burberry-Kleidung war, sondern Fußballfans und Prolls sich von Kopf bis Fuß in das typische Tartanmuster einkleideten, stand das Traditionsunternehmen vor einem Problem: Wie die einen Kunden loswerden, ohne alle anderen zu verlieren? Burberry ging mit Härte gegen Produktpiraten vor und schaffte es so, die Fakes erheblich zu reduzieren. Zudem wurde das typische Karo in den Designs sehr viel sparsamer eingesetzt. Seitdem ist das Burberry-Muster fast komplett aus den Stadien verschwunden und wieder da, wo der Hersteller es gerne hat: In den Schränken der Upper Class.

Ein noch viel größeres Imageproblem erlebte der Sportartikel-Hersteller Lonsdale. Dessen Sweatshirts wurden in den 1990er Jahren bei Neonazis populär. Die Firma startete mehrere Imagekampagnen, unterstützte antirassistische und queere Projekte. Mit durchschlagendem Erfolg: Ende der 1990er Jahre ging der Umsatz in einigen Regionen Ostdeutschlands um 75 Prozent zurück. Inzwischen hat sich die Marke von diesen finanziellen Einbußen wieder erholt und ist ihr "rechtes" Image los.

Andere Marken vertrauen auf die eine Konstante in der Mode: Alles wandelt sich. Auch die eigenen Kunden.

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