Mobilität:Vier Räder fürs Leben

Nicht jeder mag aufs eigene Auto verzichten - schon gar nicht jeder Mann. Dass der Alltag ohne Auto beschwerlich sein kann, ist dabei nur ein Argument.

Von Max Hägler

Es geht eben doch nicht immer gut ohne eigenes Auto. Das gesteht jemand ein, der seit jeher nach Alternativen sucht, auch beruflich: Katharina Wagner, Deutschland-Chefin des Carsharing-Anbieters Oply, früher bei Car2go, war nur einmal für drei Wochen im Besitz eines eigenen Autos. Mit einem Kind sei das Fortkommen gut möglich gewesen in Berlin, sagt sie: mit dem Fahrrad, zu Fuß, im Nahverkehr oder per Carsharing. "Seit mein Sohn auf der Welt ist, ist es etwas anderes." Zwei Kindersitze herumschleppen, beinahe unmöglich, also hat die Schwiegermutter jetzt einmal ihr Auto hergegeben. Wagners Erkenntnis: "Es kommt darauf an, wo sie sich befinden, und in welcher Lebenssituation sie sich befinden." Aber: Irgendwann wird der Familienwagen wieder zurückgegeben, wenn es halt möglich ist.

Szenarien, die für Günther Schuh nahezu undenkbar sind, trotz all seiner Mobilitäts-Geschäftsideen. Schuh ist Maschinenbauprofessor, hat für die Post einen E-Lieferwagen entwickelt sowie mit der Firma E. Go einen E-Stadtflitzer. Gerade plant er ein Sammeltaxi für zwölf Personen. 1200 davon in München, um den Nahverkehr zu stärken, das würde den Verkehr merklich reduzieren.

Und doch ist Schuh ein Vertreter der alten Generation Automänner. Es kommt für ihn nicht infrage, auf einen eigenen Wagen ganz zu verzichten - Sammeltaxis, die er Moover nennt, seien doch nur Ergänzung. Stolz erzählt er von den Überholmanövern mit seinem Porsche Hybrid. Bei einem Auto gehe es eben nicht nur um banale Mobilität, sondern auch um Freiheit und Haben.

Michael Jost ist auch Automanager: Chefstratege bei Volkswagen. Die erste Botschaft des Zwölfzylinder-Fans bringt Lacher: "Ein Leben ohne Auto ist grundsätzlich möglich, aber sinnlos." Wobei aber selbst das nicht ganz zutreffe. Er lebe, sagt Jost, auf einem kleinen Dorf, da seien Einkaufsmöglichkeiten und Ärzte weit weg, da sei ein Leben ohne eigenes Auto nicht möglich. Auf die großen Entwicklungen in der Zukunft, in 15 Jahren, wenn Robotertaxis fahren werden, will er gar nicht groß eingehen. Volkswagen forscht eigentlich daran, in Hannover, London und Hamburg, mit Shuttle-Angeboten wie Moia. Aber egal ob Schuh oder Jost: Die Manager wollen möglichst viele Autos verkaufen, das bringt den meisten Gewinn. Deswegen reden sie von Ergänzung: Dort ein bisschen Shuttle, hier ein bisschen eigenes Auto.

Vinzenz Pflanz ist es dann, der die beiden Automanager vor zu viel Selbstgewissheit warnt. Es stimme, sagt der Geschäftsführer der Autovermietung Sixt, dass es noch keine adäquaten Ersatzprodukte auf dem Land gebe. Aber es sei etwas in Bewegung: Wer jung ist und in der Stadt lebt, lehne einen Dienstwagen oft ab. Und dann seien da die Finanzzahlen, die auch Aussichten spiegeln. Der Fahrdienstleister Uber war im ersten Finanzierungsaufruf 120 Milliarden Euro wert, viermal so viel wie Ford, zehnmal so viel wie die gesamte börsennotierte Vermietindustrie. Sixt ist deshalb selbst ins Carsharing-Geschäft eingestiegen. Niemand wisse, wohin sich Mobilität entwickelt, sagt Pflanz, aber es gebe schon eine Transformation - weg vom eigenen Auto.

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