Berlin (dpa) - Kurz vor Beratungen von Bund und Ländern haben Verkehrsverbände eine Einigung im Streit über die Finanzierung des Nahverkehrs gefordert. Daran hängt auch das geplante 49-Euro-Ticket.
Bundeskanzler Olaf Scholz geht von einer Einigung auf das 49-Euro-Ticket am Mittwoch aus. Man habe sich mit den Ländern schon fast auf ein solches „Deutschlandticket“ verständigt, sagte der SPD-Politiker am Dienstag bei einem Bürgerdialog im niedersächsischen Gifhorn. „Morgen ist der Tag, an dem es dann endgültig gelingen soll.“ Der Bund signalisierte den Ländern, mehr Geld für den Nahverkehr zu zahlen. Die Frage ist, ob dies den Ländern ausreicht.
„Wir brauchen von den Länderchefs und der Bundesregierung jetzt endlich eine tragbare Lösung für die Gesamtfinanzierung unserer Branche“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, Oliver Wolff, am Dienstag. „Wir sehen bereits erste kostenbedingte Einschränkungen beim Bus- und Bahnangebot, bald wird es flächendeckende Abbestellungen geben.“ Die Allianz pro Schiene sprach von einer Richtungsentscheidung für die Mobilität der Zukunft.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Regierungschefinnen und -chefs der Länder kommen am Mittwoch zu Beratungen über Finanzfragen zusammen. Dabei geht es auch um ein 49-Euro-Ticket sowie dauerhaft mehr Geld für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Alle einig - eigentlich
Die Verkehrsminister von Bund und Ländern hatten sich grundsätzlich auf ein 49-Euro-Ticket als Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket aus dem Sommer verständigt. Das bundesweite Ticket soll am 1. Januar starten. Finanzfragen aber offen.
Wie es in einem Beschlussvorschlag des Kanzleramts für die Ministerpräsidentenkonferenz heißt, will der Bund für 2022 zusätzliche Regionalisierungsmittel von einer Milliarde Euro jährlich zur Verfügung stellen. Von 2023 an sollen die Regionalisierungsmittel jährlich um drei Prozent erhöht werden. Bisher seien es 1,8 Prozent.
In dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Papier heißt es weiter, über die weitere Entwicklung der Regionalisierungsmittel für die Zeit ab 2025 sollten Bund und Länder Ende 2024 sprechen. Mit den Regionalisierungsmitteln bestellen die Länder Bahn- und Busverbindungen bei den Verkehrsunternehmen.
Die Länder haben eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel um 1,5 Milliarden Euro von diesem Jahr an zur Bedingung gemacht, dass sie ein 49-Euro-Ticket mitfinanzieren. Zusätzlich soll der Bund nach den Vorstellungen der Länder die Regionalisierungsmittel 2022 und 2023 aufgrund der gestiegenen Energiepreise jeweils um 1,65 Milliarden Euro erhöhen.
Elfmeter versenken
Die Vorsitzende der Länder-Ressortchefs, Bremens Senatorin Maike Schaefer (Grüne), hatte gesagt, der Ball liege wieder im Feld der Ministerpräsidentenkonferenz. „Die kann diesen Elfmeter jetzt auch versenken und das Ganze zum Erfolg führen.“
„Allein durch die Verständigung auf ein bundesweites Ticket lässt sich der ÖPNV nicht dauerhaft finanzieren“, sagte Wolff. „Es wäre vollkommen absurd, wenn ein bundesweites Klimaticket eingeführt würde, und gleichzeitig muss der Umfang an ÖPNV-Leistungen erheblich zurückgefahren werden, weil niemand den Kostenentwicklungen Rechnung trägt.“
Der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, sagte: „Wenn nicht gleichzeitig die Regionalisierungsmittel für die Länder deutlich erhöht werden, dann wird das 49-Euro-Ticket nicht kommen. Der Bund muss sich jetzt klar dazu bekennen, dass er die Mittel für einen Ausbau des ÖPNV erhöhen wird.“ Die Steuerschätzung habe gezeigt, dass die Bundesregierung für eine angemessene Finanzierung des ÖPNV Spielraum habe.
Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Carina Konrad forderte die Länder zum Entgegenkommen auf. Die Steuerüberschüsse in den Länderhaushalten zeigten, dass fehlende Mittel kein Grund für ein Scheitern sein könnten. Für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland sagte Geschäftsführerin Antje von Broock, Scholz müsse mit einer klaren Zusage für die Erhöhung der Regionalisierungsmittel einen Ausbau des ÖPNV ermöglichen.
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