Mobilfunkmarkt:United Internet zieht sich zurück

"Wir waren der Wurm - und jetzt picken wir selber wieder," sagt Freenet-Chef Spoerr. Durch die Debitel-Übernahme entgeht Freenet der Zerschlagung - denn United Internet gibt seine Übernahmepläne vorerst auf.

United Internet hat seine Pläne zur Übernahme des Telekommunikationsunternehmens Freenet vorerst aufgegeben. Nach der Übernahme des größeren Wettbewerbers Debitel durch Freenet entsteht der drittgrößte Mobilfunkanbieter Deutschlands, der hinter T-Mobile und Vodafone aufrückt.

Freenet, Debitel, dpa

Freenet entgeht durch die Debitel-Übernahme der Zerschlagung durch United Internet.

(Foto: Foto: dpa)

Am Sonntagabend stimmte der Freenet-Aufsichtsrat dem Deal mit dem bisherigen Debitel-Besitzer Permira im Wert von rund 1,63 Milliarden Euro zu. Mit der Übernahme wurden die Pläne der beiden Freenet-Großaktionäre United Internet und Drillisch durchkreuzt, die Freenet zerschlagen wollten.

"Die Zustimmung von Freenet-Vorstand und -Aufsichtsrat zur Debitel-Übernahme beendet unsere Bereitschaft, ein Übernahmeangebot zu unterbreiten", sagte ein Firmensprecher am Montag. Es sei damit zu rechnen, dass die Freenet-Aktionäre vor der Hauptversammlung alle rechtlichen Schritte gegen die Transaktion prüfen ließen. Dabei gehe es auch um Ansprüche gegen die Entscheidungsorgane bei Freenet. Er sprach von einer "skandalösen Entscheidung gegen den Mehrheitswillen der Aktionäre".

Massiver Widerstand der Aktionäre

Die Zustimmung des Freenet-Aufsichtsrats zum Erwerb von Debitel geschah gegen massiven Widerstand von United Internet und dem Partner Drillisch, die zusammen rund 25 Prozent an Freenet halten. Die beiden wollten ihrerseits Freenet kaufen.

Mit Freenet und Debitel schließen sich die beiden größten deutschen Service Provider zusammen, also Mobilfunkanbieter ohne eigenes Netz. In diesem Bereich wird das Unternehmen, zu dem unter anderem die Marken Mobilcom, Callmobile und Klarmobil gehören, die Nummer eins sein. Gemeinsam haben sie künftig mehr als 1.000 Shops, in denen sie unabhängig vom Anbieter Mobilfunkdienstleistungen anbieten.

"Diese Transaktion ist ein Meilenstein in der lang diskutierten Konsolidierung im deutschen Telekommunikationsmarkt", sagte der Vorstandsvorsitzende der Freenet AG, Eckhard Spoerr, am Montag in Hamburg. Am gesamtem Mobilfunkmarkt habe das neue Unternehmen mit rund 19 Millionen Kunden einen Marktanteil von rund 20 Prozent. Damit werden E-Plus und O2 auf die Plätze vier und fünf verwiesen.

Permira wird größter Anteilseigner mit fast 25 Prozent

Für den Verkauf erhält der Finanzinvestor Permira 32 Millionen neue Freenet-Aktien in einem Gesamtwert von 361 Millionen Euro. Dies entspricht nach der Kapitalerhöhung einem Anteil von rund 24,99 Prozent und macht Permira zum größten Aktionär, wie Spoerr erklärte. Außerdem übernehme Freenet bestehende Bankkredite von Debitel in Höhe von 1,135 Milliarden Euro. Aufgrund der Transaktion soll in diesem Jahr keine Dividende gezahlt werden.

Ziel des neuen Unternehmens ist vor allem, den Vertrieb weiter auszubauen. "Priorität Nummer eins ist es, ein Power House zu werden", sagte Spoerr. Auch werde sich Freenet künftig vor allem auf Mobilfunk und Internet konzentrieren und innovative Produkte anbieten. Die Breitbandsparte solle verkauft werden.

Der Vorstand geht davon aus, dass bis 2010 mehr als 50 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden können. Zu einem möglichen Stellenabbau konnte Spoerr zunächst nichts sagen. Derzeit beschäftigen beide Unternehmen zusammen rund 7.500 Mitarbeiter. Der Hauptsitz des neuen Unternehmens soll im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf sein, dem Sitz von Freenet.

Pläne von United Internet und Drillisch durchkreuzt

Mit der Übernahme wurden die Pläne von United Internet und Drillisch durchkreuzt. Die beiden Aktionäre, die über die MSP Holding 25,24 Prozent an Freenet halten, hatten den Kauf einzelner Teile von Freenet angestrebt: United Internet wollte das Internet- und Festnetz-Geschäft erwerben, Drillisch das Mobilfunkgeschäft.

Spoerr sagte, man habe MSP bis zuletzt die Möglichkeit für ein ernsthaftes Angebot eingeräumt. Aber es sei nichts gekommen. "Die Firma hat bereits einen zu großen Schaden von dieser Hinhaltetaktik genommen", sagte Spoerr und verwies auf gesunkene Aktienkurse von Freenet und Probleme bei der Mitarbeiter-Suche. Mit der Übernahme von Debitel würden nun Werte geschaffen, die das Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig machten. "Wir waren der Wurm, der da gelegen ist. Und sind jetzt wieder in die Hühnerposition gekommen und picken selber", sagte Spoerr.

Spoerr erwartet, dass die Transaktion innerhalb von zwei bis drei Monaten abgeschlossen sein wird. Er gehe von einer Genehmigung des Bundeskartellamts aus. United Internet und Drillisch könnten die Transaktion auch nicht mehr verhindern.

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