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Mobilfunkmarkt:EU erlaubt O2 die Übernahme von E-Plus unter Auflagen

Er wird die meisten Kunden in Deutschland haben: O2 und E-Plus dürfen zu einem Konzern fusionieren, hat die EU-Kommission entschieden. Die Behörde nennt allerdings Bedingungen.

Von Varinia Bernau

  • Der spanische Konzern Telefónica darf E-Plus übernehmen
  • EU-Kommission genehmigt Kauf unter Auflagen

O2 übernimmt E-Plus

Die Aktionäre stehen hinter dem Plan: Die deutsche Tochter des spanischen Konzerns Telefónica, hierzulande vor allem unter der Marke O2 bekannt, will für 8,6 Milliarden Euro E-Plus übernehmen, eine Tochter des niederländischen KPN-Konzerns. Die Zustimmung der EU-Kommission war die letzte Hürde, die das Unternehmen noch nehmen musste. Der Konzern will so ein Unternehmen schaffen, das es mit den beiden großen Anbietern aufnehmen kann: der Deutschen Telekom und Vodafone. Der Name des neuen Anbieters steht noch nicht fest.

EU schreibt Auflagen vor

Die Europäische Kommission verlangt von Telefónica Zugeständnisse. Der Konzern muss bis zu 30 Prozent der Netzkapazitäten des neuen Unternehmens verkaufen. Interessiert daran sind die sogenannten virtuellen Netzbetreiber. Anders als E-Plus, Telefónica, Telekom und Vodafone verfügen diese Firmen nicht über ein eigenes Netz. Solche Anbieter sind beispielsweise Mobilcom-Debitel oder Drillisch. Sie mieten sich bei den Netzbetreibern ein, um ebenfalls im Geschäft mit dem mobilen Telefonieren und Surfen mitzumischen. Zudem verpflichtet sich Telefónica, Frequenzen zu versteigern. Auch soll der Konzern bestehende Verträge mit Großkunden ausweiten und künftig Dienstleistungen im neuen 4G-Netz allen interessierten Großkunden anbieten. Hält Telefónica diese Auflagen ein, hat die Europäische Kommission keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken. "Verbraucher werden weiterhin in den Genuss der Vorteile eines wettbewerbsorientierten Marktes kommen", sagt EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia.

Neuer Konzern hat die meisten Kunden - aber nicht den größten Umsatz

E-Plus hat einen aggressiven Preiskampf geführt: Viel stärker als die anderen hat E-Plus auf Kunden gesetzt, die ein Gesprächsguthaben für ihr Handy buchen, statt einen Vertrag abzuschließen. Diese Kundschaft aber wirft für den Anbieter weniger ab. Dies erklärt, warum die Zahl der Kunden nicht alles ist. Nach einem Zusammenschluss hätten E-Plus und Telefónica zwar die meisten Kunden, nämlich 44,7 Millionen. Doch gemessen am Umsatz bliebe dieses Unternehmen weiterhin knapp hinter den beiden Rivalen - und könnte damit auch weniger Geld investieren, um beispielsweise die Netze auszubauen.

E-Plus-Chef übernimmt nach Fusion Chefposten

Das gemeinsame Unternehmen wird künftig vom bisherigen E-Plus-Chef Thorsten Dirks geführt. Das hat der Aufsichtsrat von Telefónica Deutschland entschieden, nachdem Brüssel die Übernahme genehmigt hatte. Dirks werde nach Abschluss des Geschäfts seinen Posten als Vorstandschef in München antreten, wo der Sitz des Konzerns bleibe, hieß es.

In Europa fusionieren gerade viele Mobilfunkanbieter

In Frankreich hat gerade erst ein mächtiger Kabelnetzbetreiber einen schwächelnden Mobilfunkanbieter geschluckt. In Irland und Österreich gibt es nach Fusionen auch nur noch drei statt vier Mobilfunkanbieter. Der europäische Markt ist so zersplittert, dass viele kleine Firmen den Beutezügen der Großen kaum entkommen können. In Europa gibt es 200 Telekommunikationsunternehmen für 510 Millionen Einwohner. Zum Vergleich: Für die 300 Millionen Menschen in den USA genügen fünf Anbieter.

Konzerne investieren wenig in die Netze

Europa droht, beim Ausbau der Netze den Anschluss zu verlieren. Im Jahr 2012 hat die Telekommunikationsbranche in Asien mehr als doppelt so viel investiert wie in Europa. Ob das Gemeinschaftsunternehmen sich auch zügig an den Ausbau seines Netzes macht und etwa den Empfang in Gebäuden verbessert, muss sich zeigen. Immerhin bleibt den Kunden, die schon heute bei E-Plus und O2 sind, die Hoffnung auf einen besseren Empfang - und eine schnellere Datenübertragung. Sowohl für E-Plus als auch für O2 hat es sich lange Zeit nicht gelohnt, die Netze auszubauen. Die beiden Unternehmen hatten zu wenige Kunden und fürchteten somit, dass jeder investierte Euro ein verlorener Euro wäre. Telefónica kann nun künftig die Mobilfunkmasten von E-Plus nutzen, sodass die Kunden flächendeckend einen besseren Empfang haben.

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