Mobilfunk:Streit um den 5G-Ausbau

Lesezeit: 2 min

Bis 1&1 Drillisch hierzulande ein eigenes Mobilfunknetz aufgebaut hat, will der Neuling die Infrastruktur etablierter Betreiber mitnutzen. Doch die Verhandlungen stocken seit Monaten. Nun ruft der Anbieter die Aufsichtsbehörde um Hilfe.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Als der Telekom-Konkurrent 1&1 Drillisch voriges Jahr erste Frequenzen für den neuen Mobilfunkstandard 5G ersteigert hat, waren seine Ankündigungen vollmundig: "Damit schlagen wir ein neues Kapitel in unserer Unternehmensgeschichte auf", sagte Vorstandschef Ralph Dommermuth. Drillisch werde "einen Beitrag leisten, Deutschland zum Leitmarkt für 5G zu machen."

Ein gutes Jahr später sind Hoffnungen auf einen vierten Netzbetreiber in Deutschland - neben der Deutschen Telekom, Vodafone und Telefónica ("O2") - zumindest getrübt. Drillisch kommt mit dem Bau eines eigenen Mobilfunknetzes bislang kaum voran. Nun ruft der Konzern die Bundesnetzagentur um Hilfe: Die Behörde soll in den Verhandlungen mit Telekom und Vodafone über eine zeitweise Minutzung von deren Netzen vermitteln.

Hintergrund der Gespräche: Bislang nutzt Drillisch im Mobilfunk vor allem die Infrastruktur des Konkurrenten Telefónica mit. Bis sein eigenes Netz in der Fläche steht, will der Neuling in seinen Funklöchern auf die Infrastruktur etablierter Betreiber zurückgreifen, voraussichtlich einige Jahre lang. Darüber müssen auch Telekom und Vodafone "diskriminierungsfrei" mit Drillisch verhandeln, so schreiben es die Auflagen der 5G-Auktion vor.

Diese Verhandlungen hätten "bislang zu keinem Ergebnis geführt", konstatiert Drillisch. Man beabsichtige aber weiterhin, "ein leistungsfähiges 5G-Mobilfunknetz aufzubauen".

In solchen Gesprächen geht es etwa darum, wie viel Geld ein Neueinsteiger pro durchgeleitetem Gigabyte Daten seiner Kunden zahlen muss. Schließlich müsste ein etablierter Betreiber sein Netz für den zusätzlichen Datenverkehr rüsten.

Vodafone betont, man habe sechs Monate lang intensiv mit Drillisch verhandelt - sei sich aber nicht einig geworden, da die Forderungen des Mitbewerbers "wirtschaftlich schlicht nicht tragbar" gewesen seien, so ein Sprecher. "Daher sahen wir uns danach gezwungen, die Gespräche erstmal ruhend zu stellen." Vodafone sei aber weiter offen für eine Vereinbarung, die beiden Seiten gerecht werde.

Auch die Telekom hat nach eigenem Bekunden konstruktiv mit 1&1 Drillisch verhandelt, sei auch zu weiteren Gesprächen bereit. "Es verfestigt sich aber nicht nur bei uns der Eindruck, dass 1&1 nicht in ein eigenes Mobilfunknetz investieren, sondern regulierten Zugang zu bestehenden Mobilfunknetzen erzwingen will", heißt es vom Konzern.

Die Bundesnetzagentur bestätigt, dass der Antrag von Drillisch eingegangen ist. "Wir werden in einem ersten Schritt alle Parteien anhören", sagt ein Sprecher. "Es wird dann zu bewerten sein, ob die Verhandlungen tatsächlich gescheitert sind." Einschreiten würde die Behörde, wenn sie eine Diskriminierung von Drillisch feststellen würde. "Gleichzeitig kann ein Neueinsteiger keine übermäßig günstigen Konditionen erwarten."

Klar ist, dass auch für Drillisch Auktionsauflagen gelten: Demnach muss die Firma bis Ende 2022 mindestens 1000 Funkstationen betreiben. Dies ist hierzulande kein leichtes Unterfangen, da Sendemasten vielerorts umstritten sind. Im Laufe der Jahre muss Drillisch zudem gewisse Teile der Bevölkerung mit Mobilfunk versorgen.

Zugleich sind die wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Ausbau zuletzt schlechter geworden: Drillisch hat am Wochenende die Gewinnprognose nach unten korrigiert, da die Mitnutzung des Telefónica-Netzes teurer werden soll, als das S-Dax-Unternehmen erwartet hatte. Daraufhin hat Drillisch an der Börse etwa ein Viertel an Wert verloren.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: