Mobilfunk :Projekt Milchkanne

Kleve/Nierswalde auf der Triftstrasse gibt es an vielen Stellen immer noch kein gutes Mobilfunknetz. Dies exemplarisch f

Keine Verbindung: So wie hier in Nierswalde in Nordrhein-Westfalen gibt es in vielen Orten immer noch kein Mobilfunknetz.

(Foto: Markus van Offern/imago)

Der Mobilfunkanbieter Telefónica will wachsen - und endlich alle Funklöcher auf dem Land schließen

Von Helmut Martin-Jung

Das Problem ist bekannt, die Lösung aber lässt seit Jahren auf sich warten: Ein Viertel der Fläche in Deutschland ist noch nicht mit Mobilfunk erschlossen. Vor allem der nach Kunden größte Mobilfunkanbieter in Deutschland, Telefónica/O2, schwächelt hier bisher. Das will das Unternehmen nun ändern. "Jetzt ist das Jahrzehnt des Mobilfunks", sagt Firmenchef Markus Haas.

Mit Unterstützung des spanischen Mutterkonzerns investiert die deutsche Tochter daher bis 2022 einen hohen dreistelligen Millionenbetrag zusätzlich in den Netzausbau. "Wir sind wieder voll da", sagt Haas, nun, nachdem der Zusammenschluss mit dem Anbieter E-Plus in den vergangenen Jahren viele Ressourcen gebunden habe. "Das ist ein Riesenprogramm." Was hilft: Der Mutterkonzern hat beschlossen, sich künftig auf vier Märkte zu konzentrieren, einer davon ist Deutschland. Vor allem auf dem Land will Telefónica kräftig aufholen. In Städten liegt ihr Marktanteil bereits bei mehr als 50 Prozent, auf dem Land dagegen unter 25 Prozent. "Wir wollen jeden weißen Fleck schließen", verspricht Haas, auch wenn er weiß, was das bedeutet: "Wir müssen noch viele Tausend Masten aufstellen."

Über diese wird zunächst vor allem der 4G-Standard angeboten, der aber "absolut flächendeckend", sagt Haas. Auch bei 5G will Telefónica von Anfang an dabei sein, damit aber zunächst zwei Ziele verfolgen: Die Abdeckung der größten Städte sowie sogenannte Campus-Netze. Das sind private Netze für Firmen, die auf ihrem Gelände 5G einsetzen, um ihre Produktionsstätten zu digitalisieren. In Daimler-Benz hat Telefónica bereits einen großen Kunden dafür gewonnen. Projekte wie dieses sollen dem Unternehmen auch helfen, das bisher unterrepräsentierte Geschäft mit Firmenkunden künftig deutlich auszubauen.

Insgesamt will Telefónica um mindestens fünf Prozent wachsen - das ist ambitioniert, weil der Markt weitgehend gesättigt ist. Aber, sagt Haas, alle neun Monate würden 50 Prozent mehr Daten über Mobilfunk abgerufen, "das ist eine echte Explosion der Datenvolumina".

Auch Haas ist natürlich klar, dass sich der steigende Bedarf nicht alleine durch Mobilfunk wird befriedigen lassen. Telefónica Deutschland hat daher mit Vodafone, Tele Columbus und der Telekom Abkommen geschlossen, die es möglich machen, auch Festnetzverbindungen konkurrenzfähig anzubieten. Haas gibt zu, dass es hier eine Mischkalkulation gebe. Attraktiver für Telefónica sei es, wenn ein Kunde einen Mobilvertrag abschließt, aber auch mit Festnetzverträgen über angemietete Festnetzzugänge verdiene man Geld. Wichtiger noch sei aber, dass man keinen Kunden abweisen müsse.

Telefónica muss aber nicht nur stark investieren, um solche Angebote auf dem Land überhaupt erst machen zu können. Das Unternehmen muss gleichzeitig auch die Auflagen der Bundesnetzagentur erfüllen. Bis zum 31. Dezember dieses Jahres - in knapp drei Wochen also - sollen 98 Prozent der Bevölkerung mit 4G versorgt sein. "Wir werden das schaffen", verspricht Haas, "wenn auch vielleicht nicht alles bis zum 31." Man sei "gut unterwegs", aber es brauche auch "eine Kraftanstrengung". Ein Problem, nicht nur für Telefónica: Viele Menschen klagten über Funklöcher, doch wenn irgendwo ein Mast aufgestellt werden soll, gibt es oft Widerstand. "Bei Bedenken dauert es schon mal 18 Monate bis zu einer Genehmigung", sagt Haas.

Immerhin: 6000 Standorte dürfen die Mobilfunkunternehmen zusammen ausbauen und nutzen, der Staat gibt Geld für weitere 5000 Masten. Haas wünscht sich aber auch vereinfachte Genehmigungsverfahren. Die Masten seien weitgehend baugleich, es könnten daher auch Vorabgenehmigungen erteilt werden. Wenn ein Mast - was so gut wie nie vorkomme - an einer Stelle nicht stehen dürfe, müsse er eben wieder abgebaut werden. In anderen Ländern sei das üblich.

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