Süddeutsche Zeitung

Mobilfunk:Feiertage sind für Telefonanbieter eine "unglaubliche Herausforderung"

  • Obwohl am 24. Dezember fast niemand geschäftlich telefoniert, erwartet etwa Vodafone in seinem Mobilfunk-Netz ähnlich viele Telefonate wie an einem normalen Werktag.
  • Das Düsseldorfer Unternehmen setzt an Heiligabend alleine 900 Mitarbeiter im Service ein.

Von Benedikt Müller

Wenn man so will, ist die Weihnachtsgeschichte ja ein Musterbeispiel für Telekommunikation: Soll doch ein Engel aus der Ferne den Hirten dereinst zugerufen haben, dass der Heiland geboren sei. Und die Hirten, so steht es im Evangelium, erzählten darauf allenthalben, was Erstaunliches geschehen war. Da scheint es nur folgerichtig, dass Heiligabend bis heute ein verrückter Tag für die Telekom-Branche ist: Obwohl am 24. Dezember fast niemand geschäftlich telefoniert, also eine schiere Menge an Anrufen wegfällt, erwartet etwa Vodafone in seinem Mobilfunk-Netz ähnlich viele Telefonate wie an einem normalen Werktag. Dies lehrt jedenfalls die Erfahrung aus den Vorjahren.

Damit nicht genug: Das Düsseldorfer Unternehmen setzt an Heiligabend alleine 900 Mitarbeiter im Service ein. Denn erfahrungsgemäß rufen nach der Bescherung viele Kunden an, die ihr neues Smartphone oder Tablet, das noch eben unter dem Christbaum lag, nicht ohne Beistand aus der Ferne einrichten wollen. Zudem sind gut 200 Techniker an Heiligabend "auf Abruf", teilt Vodafone mit, auf dass keine Störung den Mobilfunk blockiere.

Der Netzbetreiber erwartet, dass die Kunden in dieser Weihnachtszeit eine Rekordmenge mobiler Daten verschicken werden: Immer mehr Menschen senden ihre Festgrüße über Messenger-Dienste wie Whatsapp, wo sie flugs ein Bild vom Gänsebraten hinzufügen können.

Und die Verwandtschaft aus dem Ausland schaltet sich per Videoanruf hinzu. Freilich will der Digitalverband Bitkom jüngst in einer Umfrage herausgefunden haben, dass 54 Prozent der Deutschen immerhin während des Weihnachtsessens auf den Einsatz ihres Smartphones verzichten wollen.

Mit alldem stehen die Weihnachtstage sinnbildlich für ganzjährige Entwicklungen. So prognostiziert die Bundesnetzagentur, dass die Deutschen in diesem Jahr knapp 1,5 Milliarden Gigabyte mobile Daten verschicken werden.

Wollte man diese Masse auf DVDs brennen, bräuchte man 318 Millionen voll beschriebene Exemplare. Neben Messengerdiensten treibt Streaming das Wachstum: Immer mehr Smartphone- und Tablet-Nutzer hören etwa Musik per Spotify oder schauen Filme bei Netflix.

Zahl der SMS schrumpft deutlich

Der Netzagentur zufolge dürfte das mobile Datenvolumen in diesem Jahr um gut 60 Prozent zulegen, auf einen neuen Rekordwert. Dieses exponentielle Wachstum setzt hohe Investitionen in die nötigen Glasfaserkabel voraus, in neue Funktürme und Frequenzen. Und das Wachstum wird weitergehen, je mehr Autos oder Uhren etwa künftig mit eigener SIM-Karte funken werden.

Im Gegenzug verschicken die Deutschen immer weniger SMS, auch an den Feiertagen. Seit 2012 geht die Anzahl der Kurznachrichten, die einst von der deutschen und französischen Bundespost erfunden wurden, jährlich um etwa ein Viertel zurück.

Kleiner Trost für die Mobilfunkanbieter: Bislang telefonieren die Deutschen immer noch fleißig mit ihrem Handy. Sprachanrufe per Whatsapp oder Videoanrufe per Skype haben den klassischen Anruf bislang noch nicht verdrängt.

Besonders ungemütlich wird es für die Netzbetreiber dann an Silvester: In den Abend- und Nachtstunden telefonieren erfahrungsgemäß doppelt so viele Kunden wie herkömmlich zu dieser Tageszeit, teilt Vodafone mit. Für all die Neujahrsgrüße verschickten die Deutschen im vergangenen Jahr auch 60 Prozent mehr SMS als gewöhnlich an einem späten Samstagabend.

Vodafone sieht sein Netz aber mittlerweile gerüstet für die "unglaubliche Herausforderung" an Silvester, sagt ein Sprecher. Im Vorjahr seien 99,7 Prozent der Anrufer erfolgreich durchgekommen. Freilich dürften in diesem Jahr noch ein paar mehr Fotos und Videos vom Feuerwerk hinzukommen.

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Quelle:
SZ vom 22.12.2017/hgn
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