Dass Mobilfunkverträge von einer Mobilfunkfirma kommen müssen, ist schon lange kein Gesetz mehr. Supermärkte wie Aldi oder Lidl haben sich mit ihren Angeboten schon vor Jahren mit Erfolg auf den deutschen Markt geschoben. Mehrere Millionen Kunden können sie verbuchen. Von diesem Beispiel angespornt drängen nun auch zwei Neobanken mit eigenen Tarifen auf den Markt.
Das ist zum einen das Berliner Finanz-Start-up N26, einst von Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal gegründet und mittlerweile eines der größten Fintechs Deutschland. Das Start-up verzeichnete zuletzt 4,8 Millionen Kunden in ganz Europa und etwas mehr als zwei Millionen Kunden in Deutschland. Und da ist zum anderen die britische Neobank Revolut. Sie ist, ähnlich wie N26, als Herausforderer traditioneller Banken angetreten, vielen davon aber mittlerweile enteilt. Mit weltweit mehr als 50 Millionen und deutschlandweit deutlich über zwei Millionen Kunden gilt Revolut mittlerweile als Platzhirsch unter den Neobanken. In Deutschland beharken sich die beiden großen Finanz-Start-ups aber seit Jahren und kämpfen um die meist junge Kundschaft mit immer neuen Angeboten.
Der nächste Schauplatz dieses Kleinkriegs ist nun offenbar der Mobilfunkmarkt. Beide Firmen haben fast gleichzeitig angekündigt, einen eigenen Mobilfunkvertrag auf den Markt zu bringen. Während Revolut von einem Start „im Laufe des Jahres“ spricht, hat N26 sein Angebot schon freigeschaltet. Was aber wollen die damit – und lohnt sich das für Kunden?
Schon jetzt haben beide Banken Zusatzangebote, etwa Handyversicherungen oder Zeitungsabos
Auf den ersten Blick erscheint es für hippe Fintechs nicht unbedingt logisch, sich Hals über Kopf in den komplizierten Markt für Telekommunikation zu begeben. Immerhin gehören SIM-Karten nicht unbedingt zum Kernbankgeschäft, außerdem scheint der Mobilfunkmarkt gesättigt, es gibt kaum noch Potenzial für einfaches Wachstum. Neben den herkömmlichen Anbietern wie Telekom oder Vodafone tummeln sich Dutzende andere Anbieter, die gefühlt alle paar Jahre mal wieder wechseln, und natürlich die Angebote der Discounter wie Aldi Talk oder Lidl Connect.
Auf den zweiten Blick wirkt ein eigener Mobilfunktarif gar nicht so abwegig. Experten sehen durchaus Potenzial für neue Anbieter. Zusatzangebote sind für beide Banken ohnehin nichts Neues. Wer bei N26 einen teureren Kontotarif wählte, erhielt schon früher Extras wie eine Reise- oder Smartphone-Versicherung gratis. Auch bei Revolut gehörten zum Angebot für zahlende Kundschaft schon vorher Lounge-Zutritte und für britische Nutzer teilweise auch Zugänge zu Zeitungen wie der Financial Times. Seit 2024 bietet Revolut zudem einen reinen Datentarif für seine Kundschaft an. Laut Revolut ist dieser aktuell das „meistgenutzte Nicht-Bankangebot“ des Unternehmens.
Die Idee hinter solchen Zusatzfeatures war bei beiden Geldhäusern früh klar und noch dazu recht simpel: Je mehr Vorteile ein Kunde über das Konto bekommt, desto schwieriger fällt es ihm, die Bank zu wechseln. Da beide Neobanken Kunden haben, die ihre Konten schnell und digital ändern, sollten diese „Benefits“ also die Loyalität erhöhen.
Hinter dem Angebot steht eine Firma namens 1Global
Einen Mobilfunkvertrag anzubieten, klingt zunächst komplizierter. Doch das Geschäftsmodell ähnelt früheren Angeboten wie Versicherungen oder Zeitungsabos. Die Neobanken fungieren vor allem als Vertriebskanal. Ihr Name ziert zwar den Vertrag, doch um die Abwicklung und darum, dass das Netz steht, kümmern sich andere Firmen im Hintergrund. Bei N26 ist das beispielsweise die Firma 1Global. Sie ist für die technische Abwicklung zuständig, kümmert sich also um Netzrouting, Verwaltung oder Aktivierung von Verträgen und Abrechnung, während N26 die Bereiche Vertrieb, Kundenservice und Marketing bei sich bündelt.
Virtuelle Netzwerkbetreiber wie 1Global dürften auch den Hauptanteil der monatlichen Abogebühren einstreichen, während N26 und Revolut mutmaßlich nur eine Vertriebsprovision kassieren. Auf Anfrage wollte N26 nichts zur Gewinnverteilung oder anderen Vertragsinhalten sagen. Doch ums Geld dürfte es den Fintechs erst in zweiter Linie gehen. Wichtiger für sie ist: Sie binden Kunden stärker an sich, was sich in Geld nur schwerlich messen lässt.
Die Angebote funktionieren über eine E-SIM
Doch was bringt es den Kundinnen und Kunden, zu N26 und Revolut wechseln? Und, birgt das nicht womöglich auch Risiken?
Um einen Mobilfunkvertrag über N26 oder Revolut abzuschließen, ist ein Konto bei der jeweiligen Bank nötig. Da beide Banken keine Filialen unterhalten, geht das ausschließlich online. Interessierte müssen sich dafür registrieren, ihre Daten eingeben und auch eine Identitätsprüfung durchlaufen, bei der sie beispielsweise in einem Videochat ihren Ausweis zeigen oder diesen hochladen müssen. Das ist bei Kontoeröffnungen so vorgeschrieben. Einen Mobilfunkvertrag kann man anschließend ohne weitere Prüfung abschließen, das geht über die jeweilige App.
Beide Angebote funktionieren über eine elektronische SIM-Karte, die E-SIM. Einige Nutzer dürften diese Option schon aus dem Urlaub außerhalb der EU kennen. Sie ermöglicht Reisenden, in Ländern wie Australien, Neuseeland oder Südafrika zu surfen – ohne die horrenden Auslandstarife ihrer heimischen Mobilfunkbetreiber bezahlen zu müssen. Das SIM-Fach öffnen und die Karte tauschen, das ist bei solchen Angeboten nicht mehr nötig. Stattdessen laden Kundinnen und Kunden eine virtuelle SIM-Karte aus dem Internet oder einer App herunter und aktivieren sie auf dem Smartphone. Wie das genau funktioniert, ist abhängig vom Smartphone, wird aber beim Abschluss des Vertrags erklärt. Anders als bei den meisten E-SIM-Karten aus dem Urlaub bieten N26 und Revolut nicht nur Datenvolumen, sondern auch Telefonie und SMS.
Für viele Nutzer gut zu wissen: Obwohl N26 oder Revolut draufsteht, bieten die Banken kein eigenes Netz an. Telefoniert und gesurft wird über die Netze der großen Anbieter. Bei N26 ist es Vodafone, Revolut will seine Partner bis jetzt nicht verraten. Sorge vor fehlender Netzabdeckung müssen die Nutzerinnen und Nutzer sich aber nicht machen. Zumindest nicht mehr als sonst in Deutschlands Funklochlandschaft.
Wer keine Lust mehr auf seine Bank hat und sein Konto kündigen will, wird sich allerdings auch einen neuen Mobilfunkanbieter suchen müssen. Angst um die lange gehütete Rufnummer müssen Verbraucherinnen und Verbraucher nicht haben. Die Mitnahme ist auch im Falle eines Bankwechsels gesetzlich garantiert und kostenlos. Hier entsteht also kein Nachteil zu jedem anderen Mobilfunkvertrag.
Günstiger als Telekom oder Vodafone, aber teurer als einige Billiganbieter
Technisch spricht also erst einmal nichts gegen einen Wechsel zu N26 oder Revolut. Und selbst Verbraucherschützer schauen nicht allzu kritisch auf das neue Angebot. „Grundsätzlich spricht nichts gegen den Abschluss eines Mobilfunkvertrages bei der eigenen Bank, sofern die Konditionen in Ordnung sind und die Produkte zum eigenen Bedarf passen“, sagt beispielsweise Erol Burak Tergek von der Verbraucherzentrale NRW. Er sieht in den Angeboten den Vorteil, mehrere Verträge an einem Ort zu bündeln, rät Verbraucherinnen und Verbrauchern aber auch, den Markt zu vergleichen. Banken dürften in der Regel nicht mit der Angebotsvielfalt am Markt mithalten können, sprich: „Es lassen sich möglicherweise Angebote finden, die besser zum eigenen Nutzungsverhalten passen.“
Tatsächlich bewegt sich das neue Angebot von N26 bei Kosten und Leistung im unteren bis mittleren Bereich. Die Neobank bietet 10 GB Datenvolumen und unbegrenzte Telefonie für 13,99 Euro, 100 GB kosten 34,99 Euro. Damit ist N26 günstiger als die Telekom oder Vodafone, aber teurer als einige Billiganbieter auf dem Markt. Revolut ist zwar noch nicht auf dem Markt, kündigt aber bereits Kampfpreise an: Für 12,50 Euro sollen Kunden bei den Briten 40 GB Datenvolumen und eine Allnet-Flat bekommen. Damit wäre Revolut eher im Billigsegment angesiedelt. Beide Firmen arbeiten zudem mit monatlicher Kündigungsfrist, bieten Kunden also eine hohe Flexibilität.